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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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was ich sehe«, antwortete
Valensin. »Schon bevor wir Sie in Kälteschlaf versetzten,
waren beim peripheren Sehen gewisse Einbußen festzustellen,
aber jetzt ist es deutlich schlimmer geworden. In den nächsten
Stunden könnte es zu einer leichten Erholung kommen, aber es
würde mich überhaupt nicht überraschen, wenn Sie den
Ausgangszustand nie wieder erreichen würden.«
    »Aber ich bin nicht gealtert. Ich war die ganze Zeit im
Tank.«
    »Es sind die Übergänge«, sagte Valensin und
breitete bedauernd die Arme aus. »In mancher Hinsicht sind sie
genauso schlimm, als würden Sie wach bleiben. Es tut mir Leid,
Scorp, aber diese Technologie ist einfach nicht für
Hyperschweine gemacht. Die beste Nachricht für Sie ist:
Wären Sie wach geblieben, dann wäre der Sehverlust noch um
fünf bis zehn Prozent höher.«
    »Na schön. Beim nächsten Mal werde ich es
berücksichtigen. Schließlich tue ich nichts lieber, als
zwischen zwei Alternativen zu wählen, die gleich beschissen
sind.«
    »Oh, sie haben schon richtig entschieden«, sagte
Valensin. »Nüchtern statistisch betrachtet, hatten Sie auf
diese Weise die besten Chancen, die letzten sechs Jahre zu erleben.
Aber überlegen Sie sich das mit dem ›nächsten
Mal‹ sehr gründlich, Scorp. Die gleiche nüchterne
Statistik gibt Ihnen eine Chance von etwa fünfzig Prozent, eine
weitere Versetzung in den Kälteschlaf zu überleben. Danach
fällt die Chance auf etwa zehn Prozent. Überall in Ihrem
Körper werden die Zellen ihre Angelegenheiten in Ordnung
bringen, ihre Schulden begleichen und ihr Testament
aktualisieren.«
    »Was soll das heißen? Dass ich nur noch einen Versuch
frei habe?«
    »So in etwa. Sie hatten doch nicht vor, so schnell wieder in
diese Kiste zu hüpfen?«
    »Nachdem Sie mir mit Ihrem ärztlichen Zuspruch so viel
Mut gemacht haben? Ich müsste ja verrückt sein.«
    »Das war doch nur ein ganz harmloser Scherz«, sagte
Valensin.
    »Immer noch besser als ein Tritt in die Zähne.«
    Scorpio stemmte sich von der Liege hoch. Valensins Roboter
brachten sich hastig in Sicherheit. Das Schwein verabschiedet
sich, dachte er.
     
    Die Symbole in dem kugelförmigen holografischen Display
wurden zu Sonnen, Welten, Schiffen und Ruinen. Scorpio, Vasko, Khouri
und Aura standen davor. Ihre Spiegelbilder flimmerten
gespenstergleich im Glas der Kugel. Bei ihnen waren ein halbes
Dutzend Älteste, darunter Cruz und Urton.
    »Scorp«, sagte Khouri, »bitte nicht gleich
übertreiben, ja? Valensin ist eine approbierte Nervensäge,
aber deshalb solltest du trotzdem auf ihn hören. Wir brauchen
dich in einem Stück.«
    »Ich bin immer noch da«, sagte er. »Außerdem
hattet ihr doch einen Grund, mich aufzuwecken. Kann ich die
schlechten Nachrichten jetzt hören?«
    Sie waren noch viel schlechter, als er gedacht hätte.
    Wölfe hatten auch Epsilon Eridani und das Yellowstone-System
erreicht. Nach den Meldungen abziehender Schiffe hatten die
Verwüstungen erst vor kurzem begonnen. Yellowstone war im
Umkreis von drei Lichtmonaten von einer löchrigen Kugel aus
Lichtschiffen umgeben, die sich ständig weiter entfernten: die
vorderste Front einer Evakuierungswelle. Er sah sie auf dem Display,
nachdem man eine Einstellung gefunden hatte, bei der der gesamte Raum
im Umkreis von einem Lichtjahr von Epsilon Eridani erfasst wurde. Die
Schiffe, jedes durch ein eigenes Symbol mit bunten Anmerkungen –
für Schiffskennung und Vektor – repräsentiert,
erinnerten an verschreckte Fische, die vor einer Bedrohung im Zentrum
nach allen Seiten davonstoben. Einige hatten einen kleinen Vorsprung,
andere hinkten nach, aber da alle Antriebe mit einer
Maximalbeschleunigung von einem Ge arbeiteten, verlor die Kugel erst
jetzt allmählich ihre Symmetrie.
    Vor und hinter der Welle waren kaum Schiffe zu sehen. Die wenigen,
die weiter draußen waren, mussten Yellowstone vor dem
Eintreffen der Wölfe verlassen haben. Sie befanden sich auf den
üblichen Handelsrouten. Einige flogen so schnell, dass die
Nachricht von der Krise sie erst in einigen Jahren einholen
würde. Innerhalb der Kugel befanden sich eine Hand voll
Raumfahrzeuge – entweder waren sie als Letzte gestartet oder
konnten aus irgendeinem Grund die übliche Beschleunigung nicht
erreichen. Näher an Epsilon Eridani, im Umkreis von einer
Lichtwoche vom System, war der Verkehr nach außen völlig
zum Erliegen gekommen. Wenn in den schwelenden Ruinen noch
interstellare Raumschiffe zurückgeblieben waren, würden sie
so schnell nirgendwohin

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