Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
Habseligkeiten zusammen und
ging durch die Luftschleuse. Die Aussicht von der Plattform war
fantastisch, das musste er zugeben. Er sah die Kante, wo das Land
einfach aufhörte, sah den Rand der riesigen Klippe unaufhaltsam
näher kommen. Es ist zu spät, dachte er. Die Fahrt der Morwenna auch nur zu verlangsamen, war immer eine hochgradig
verwickelte bürokratische Prozedur. Es konnte Stunden dauern,
bis der Papierkram bis hinunter in den Maschinenraum und zu den
Technikern gelangte, die tatsächlich die Geschwindigkeit
regulierten. Da man den Leuten immer wieder eingehämmert hatte,
die Kathedrale dürfe niemals langsamer werden, wurden die
Anweisungen oft genug noch einmal hinterfragt. Dann ging der ganze
Papierkram den Weg durch die Hierarchie wieder zurück, und die
Ausführung verzögerte sich um weitere Stunden. Und jetzt
sollte die Kathedrale nicht nur abgebremst, sondern vollends zum
Stillstand gebracht werden. Grelier schüttelte sich: Wie lange das dauern würde, wollte er sich lieber gar nicht
vorstellen.
    Er bemerkte eine Bewegung und hob den Kopf. Zahllose Funken rasten
über den Himmel. Dutzende – nein, hunderte – von
Schiffen. Was hatte das zu bedeuten?
    Er schaute zum Horizont. Dort funkelte das Lichtschiff, ein
kleiner, aber deutlich länglicher, eisengrauer Splitter. Die
anderen Schiffe strebten offensichtlich darauf zu.
    Hier war irgendetwas im Gange.
    Grelier wandte sich ab und wollte ins Innere, um sich zu
erkundigen, was eigentlich vorging. Doch da bemerkte er den roten
Fleck am Ende seines Krückstocks. Er hatte geglaubt, ihn
gründlich gereinigt zu haben, bevor er die Siedlung in der
Vigrid-Region verließ, aber er war wohl doch nicht
sorgfältig genug gewesen.
    Er schnalzte leise mit der Zunge und rieb mit dem Krückstock
über die Eisschicht auf der Plattform. Rosarote Flecken blieben
zurück.
    Erst jetzt machte er sich auf den Weg zum Dekan. Er hatte
interessante Neuigkeiten.
     
    Als Erste entdeckte Orca Cruz die beiden Adventisten am Ende des
breiten, niedrigen Korridors. Sie drückten sich zu beiden Seiten
an die Wand und kamen so langsam wie Schlafwandler auf sie zu.
    Cruz wandte sich an die drei SD-Leute, die ihr folgten.
»Nicht mehr Gewalt als unbedingt nötig«, sagte sie
leise. »Bajonette und Betäubungsstäbe. Die zwei haben
keinen Flammenwerfer, und ich muss ihnen dringend ein paar Fragen
stellen.«
    Die Sicherheitsleute nickten. Sie wussten, wie das zu verstehen
war.
    Cruz ging, die scharfe Klinge ihres Bajonetts nach vorne
gestreckt, auf die Adventisten zu. Die trugen keine Rüstung
mehr. Cruz hatte den verstümmelten Berichten anderer
Angehöriger des Sicherheitsdienstes – denselben Meldungen,
die vor den Flammenwerfern gewarnt hatten – entnommen, dass sie
die Druckanzüge ausgezogen hatten, aber so ganz glaubte sie das
erst jetzt, als sie es mit eigenen Augen sah. Teile der Panzerung
waren freilich noch vorhanden: Die Adventisten hielten spitze
Scherben in den Händen und hatten sich große gewölbte
Platten vor die Brust gebunden. Auch die Metallhandschuhe und die
rosa gefiederten Helme trugen sie nach wie vor.
    Hinter dieser Strategie stand eine Überlegung, die Cruz
bewundernswert fand. War ein Enterkommando erst einmal so weit ins
Innere eines Lichtschiffes vorgedrungen, dann war eine Rüstung
nahezu überflüssig. Ultras würden nur ungern mit
Energiewaffen gegen Piraten vorgehen, auch wenn sie wussten, dass sie
sich in sicherem Abstand vom Vakuum oder von wichtigen
Schiffssystemen befanden. Der Beschützerinstinkt gegenüber
dem eigenen Schiff war so tief verwurzelt, dass er auch dann noch
wirkte, wenn eine Eroberung drohte. Und auf einem Schiff wie der Sehnsucht nach Unendlichkeit – wo jeder Zoll des
Materials mit dem Nervensystem des Captains verbunden war – war
dieser Instinkt noch stärker. Alle hatten miterlebt, was
passierte, wenn das Schiff verletzt wurde; alle hatten den Schmerz
des Captains gespürt.
    Cruz ging weiter. »Nieder mit den Waffen!«, rief sie.
»Sie haben keine Chance.«
    »Legen Sie doch die Waffen nieder«, gab einer der
Adventisten zurück. »Wir wollen nur Ihr Schiff. Niemand
wird zu Schaden kommen, und später erhalten Sie es wieder
zurück.«
    »Warum haben Sie nicht höflich angefragt?«,
erkundigte sich Cruz.
    »Hätten sie denn zugestimmt?«
    Sie überlegte kurz. »Eher nicht«, gab sie dann
zu.
    »Damit ist wohl alles gesagt.«
    Cruz und ihr Trupp rückten auf zehn Meter an die Adventisten
heran. Jetzt sah sie, dass einer von

Weitere Kostenlose Bücher