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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nicht sofort abrufen. Als er sie zu fassen
bekam, traf es ihn wie ein Schlag: Clavain. Ähnlich still war es
immer geworden, wenn der Alte einen seiner zündenden Monologe
vom Stapel gelassen hatte.
    »Wir könnten die Kathedrale immer noch
stürmen«, sagte Urton schließlich leise. »Zeit
genug hätten wir. Wir haben Verluste erlitten, aber wir haben
noch funktionsfähige Landefähren. Was halten Sie von einem
Präzisionsschlag gegen die Morwenna, Scorp? Wir dringen
ein, schnappen uns den Anzug und unsere Leute und sind sofort wieder
draußen.«
    »Das wäre gefährlich«, warnte einer der Leute
vom Sicherheitsdienst. »Es geht nicht nur um Khouri und Malinin.
Wir müssen auch an Aura denken. Vielleicht vermutet Quaiche
bereits, dass sie zu uns gehört?«
    »Das kann er nicht«, sagte Urton. »Dazu hätte
er keinerlei Veranlassung.«
    Scorpio schüttelte Valensin ab, schob den Ärmel hoch und
betrachtete seinen Kommunikator. Das Ding war nur noch eine Ruine aus
Metall und Plastik. Er wusste nicht mehr, wann das passiert war, und
er erinnerte sich auch nicht, wo er sich die vielen Prellungen und
Schnittwunden zugezogen hatte.
    »Stellt mir eine Verbindung zur Kathedrale her«, befahl
er. »Ich möchte mit dem Mann an der Spitze reden.«
    »Sie haben doch bisher nichts von Verhandlungen
gehalten«, wandte Urton ein. »Sie meinten, davon würde
das Elend immer nur noch größer.«
    »Leider«, erwiderte Scorpio wehmütig, »kann
man manchmal nichts Besseres erwarten.«
    »Sie machen einen Fehler«, warnte Urton. »So kann
man nicht vorgehen.«
    »Einen Fehler wie damals, als es darum ging, die zwanzig
Adventisten an Bord zu lassen? Wenn ich mich recht erinnere, war das
nicht meine Idee.«
    »Sie sind durch unsere Sicherheitskontrollen
geschlüpft«, sagte Urton.
    »Sie haben mich daran gehindert, ihnen so gründlich auf
den Zahn zu fühlen, wie ich wollte.«
    Urton sah die anderen Ältesten an. »Hören sie, Sie
haben uns geholfen, das Schiff wieder in die Hand zu bekommen, und
dafür sind wir Ihnen dankbar. Von Herzen dankbar. Aber
jetzt hat sich die Lage stabilisiert, und es wäre vielleicht
besser, wenn…«
    Das Schiff stöhnte. Jemand schob einen Kommunikator über
die polierte Tischplatte. Scorpio nahm ihn an sich, schnallte ihn um
sein Handgelenk und rief Vasko an.

 
Auf Hela

2727
     
     
    Grelier trat ins Turmzimmer und blieb kurz stehen, um die Szene
auf sich wirken zu lassen. Auf den ersten Blick sah der Raum noch
mehr oder weniger so aus, wie er ihn verlassen hatte. Nur gab es
jetzt neue Gäste – einen Mann und eine ältere Frau
–, die von einem kleinen Trupp Gardisten bewacht wurden. Die
beiden – er erkannte sie, sie kamen vom Ultra-Schiff –
sahen ihn an, als erwarteten sie eine Erklärung. Grelier fuhr
sich mit der Hand durch das dichte weiße Haar und stellte
seinen Krückstock neben die Tür. Er hätte sich gern so
einiges von der Seele geredet, aber dass er den beiden erklärte,
was hier vorging, kam natürlich nicht infrage.
    »Kaum bin ich ein paar Stunden fort, schon bricht die
Hölle los«, bemerkte er.
    »Setzen Sie sich«, sagte der Dekan.
    Grelier überhörte die Aufforderung. Wie bei jedem Besuch
im Turmzimmer wollte er sich zunächst um die Augen des Dekans
kümmern. Er öffnete den Wandschrank und holte sein
Sortiment von Tupfern und Salben heraus.
    »Nicht jetzt, Grelier.«
    »Warum nicht?«, widersprach er. »Eine Infektion
hört nicht auf, sich auszubreiten, nur weil Ihnen die Behandlung
gerade nicht in den Kram passt.«
    »Wo waren Sie, Grelier?«
    »Eins nach dem anderen.« Der Generalmedikus beugte sich
über Quaiche und untersuchte die Stellen, wo sich die Spitzen
des Lidspreizers in die zarte Haut der Augenlider bohrten.
»Vielleicht geht meine Fantasie mit mir durch, aber als ich
hereinkam, glaubte ich, eine gewisse Spannung zu
spüren.«
    »Die beiden sind nicht begeistert davon, dass ich mit der
Kathedrale über die Spalte fahren will.«
    »Das bin ich auch nicht«, sagte Grelier, »aber ich
werde nicht mit der Waffe bedroht.«
    »Die Sache ist nicht so einfach.«
    »Das kann ich mir denken.« Mehr denn je war er froh,
dass er seine Fähre flugbereit zurückgelassen hatte.
»Möchte mir vielleicht jemand erklären, was hier
vorgeht? Oder ist es ein neues Gesellschaftsspiel, bei dem ich
zwanzig Fragen frei habe?«
    »Er hat unser Schiff in seine Gewalt gebracht«, sagte
der Mann.
    Grelier warf ihm einen Blick zu, hörte aber nicht auf, an den
Augen des Dekans

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