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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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die Sicherheitsüberprüfungen
zunehmend strenger wurden. Wahrscheinlich wagte es niemand, Scorpio
und Clavain Vorschriften zur Wahl ihrer Gäste zu machen.
    Schließlich erreichten sie eine Quarantäneabteilung
tief im Innern des Zentrums, eine Krankenstation mit mehreren frisch
bezogenen Betten. Dort wurden sie von einem ungesund aussehenden
menschlichen Arzt namens Valensin erwartet. Er trug eine riesige
Brille mit rautenförmigen Gläsern, das schüttere
schwarze Haar war nach hinten gekämmt und klebte ihm in
glänzenden Wellen am Schädel, und er hatte eine kleine
abgewetzte Tasche mit medizinischen Instrumenten bei sich. Vasko war
Valensin noch nie persönlich begegnet, aber der Name des
ranghöchsten Arztes auf dem Planeten war ihm natürlich
vertraut.
    »Wie fühlen Sie sich, Nevil?«, fragte Valensin.
    »Wie ein Mann, der die Gastfreundschaft der Geschichte
über Gebühr in Anspruch nimmt«, antwortete
Clavain.
    »Von direkten Antworten haben Sie wohl noch nie viel
gehalten?« Valensin hatte bereits ein silbrig glänzendes
Instrument aus seiner Tasche gezogen und leuchtete Clavain damit in
die Augen, während er selbst durch ein kleines Okular
schaute.
    »Wir haben auf dem Shuttleflug eine medizinische Untersuchung
durchgeführt«, sagte Scorpio. »Er ist so weit gesund.
Jedenfalls wird er nicht plötzlich tot umfallen, nur um uns in
Verlegenheit zu bringen.«
    Valensin schaltete seine Lampe aus. »Und Sie, Scorpio?
Gedenken Sie, in nächster Zeit tot umzufallen?«
    »Würde Ihnen das Leben sehr erleichtern, wie?«
    »Migräne?«
    »Ein Anfall ist gerade im Entstehen.«
    »Ich nehme Sie mir später vor. Mal sehen, ob die
Gesichtsfeldeinschränkung bei Ihnen nicht rascher fortschreitet,
als ich erwartet hatte. Für ein Schwein in Ihrem Alter ist es
wirklich nicht gut, ständig auf Achse zu sein.«
    »Sehr freundlich, mich daran zu erinnern, besonders, wenn ich
keine andere Wahl habe.«
    »Immer gern zu Diensten«, erklärte Valensin
strahlend und verstaute sein Instrument. »Und jetzt lassen Sie
mich eines klarstellen. Wenn diese Kapsel aufgeht, wird niemand den
Inhalt auch nur anhauchen, bevor ich ihn nicht aufs
Gründlichste untersucht habe. Und mit ›gründlich‹
meine ich bis an die Grenze dessen, was unter den derzeitigen
Bedingungen möglich ist. Das ist ohnehin nicht viel. Vor allem
geht es mir um Infektionserreger. Sollte ich etwas finden und den
Eindruck gewinnen, es könnte irgendwie ›unangenehm‹
werden, dann ist für jeden, der mit der Kapsel in Berührung
kam, an eine Rückkehr nach Lager eins oder wo immer er zu Hause
ist, nicht mehr zu denken. Und mit unangenehm meine ich noch keine
genetisch veränderten Viruswaffen, sondern Alltagskrankheiten
wie die Influenza. Wir stehen bei der Virenbekämpfung ohnehin
auf nahezu verlorenem Posten.«
    »Verstanden«, sagte Scorpio.
    Valensin führte sie in einen riesigen Raum mit einem
kuppelförmigen Stahlgerüst an Stelle einer Decke. Es roch
geradezu aufdringlich steril. Der Raum war leer bis auf ein
Grüppchen von Menschen und Maschinen in der Mitte. Ein halbes
Dutzend weiß gekleideter Techniker stand um mehrere wackelige
Säulen mit Überwachungsinstrumenten herum.
    Die Kapsel hing wie ein Bleilot an einem dünnen Metallseil
von der Decke. Ein rußig schwarzes, eiförmiges Objekt,
viel kleiner als Vasko erwartet hatte: kaum groß genug für
einen Menschen. Fenster hatte es nicht, aber mehrere Klappen standen
offen. Dahinter flimmerten Ziffern, Kurven und Histogramme.
    »Darf ich mir das mal ansehen?« Clavain schob die
Techniker beiseite, um näher an die Kapsel zu gelangen.
    Einer der Männer beging den Fehler, einen erbosten Blick in
Scorpios Richtung zu werfen. Scorpio starrte ihn wütend an und
zeigte die spitzen, gekrümmten Hauer, die für seine Gattung
typisch waren. Zugleich gab Blood den Technikern ein kurzes Zeichen
mit seinem Huf. Sie zogen folgsam ab und verschwanden in den Tiefen
der Anlage.
    Clavain nahm von der Szene keinerlei Notiz. Immer noch bis zur
Unkenntlichkeit vermummt, schlüpfte er an allen Hindernissen
vorbei, bis er neben der Kapsel stand. Dann legte er zart die Hand
neben eines der Leuchtfelder und streichelte die mattschwarze
Außenhaut.
    Jetzt wagte es Vasko, ihn unverhohlen anzustarren.
    Scorpio machte ein skeptisches Gesicht. »Tut sich
etwas?«
    »Ja«, sagte Clavain. »Sie spricht zu mir. Es sind
Synthetikerprotokolle.«
    »Bist du sicher?«
    Clavain wandte sich zu ihm um. Das Licht fiel nur auf die

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