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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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tat genau das,
was sie sollte: Sie flog ein Ausweichmanöver. Er wurde
angegriffen. Quaiche verlor das Bewusstsein, kam wieder zu sich,
tauchte abermals weg. Die Landschaft raste an ihm vorbei. Grelle
Lichtstöße blendeten ihn – der Widerschein der
Steuerdüsen. Wieder ein Blackout und für einen Moment
zurück ins Bewusstsein. Ein Rauschen in den Ohren. Er sah die
Brücke aus verschiedenen Blickwinkeln, kurze, zusammenhanglose
Einzelbilder, durcheinander geratene Schnappschüsse. Von unten.
Von oben. Wieder von unten. Die Tochter suchte nach einer
Deckung.
    Hier stimmte etwas nicht. Sie hätte senkrecht abheben
müssen, auf der Stelle und ohne lange zu fragen. Ihre Aufgabe
war es, ihn bei jeder denkbaren Gefahr so schnell wie möglich in
Sicherheit zu bringen. Dieses Zaudern – diese
Unschlüssigkeit – passte ganz und gar nicht zu ihr.
    Es sei denn, sie wäre in die Enge getrieben und könnte
keinen Fluchtweg finden.
    In einem lichten Moment sah er das Situationsdisplay auf der
Konsole. Er wurde von drei feindlichen Objekten beschossen. Sie waren
aus Spalten im Eis aufgetaucht, drei neue metallische Echos, die mit
dem ersten nichts zu tun hatten.
    Die Räubertochter schüttelte sich wie ein nasser
Hund. Quaiche sah die Abgasfahnen seiner eigenen Miniaturraketen
vorbeirasen, sie flogen auf Zickzack- und Korkenzieherbahnen, um
nicht von den im Eis vergrabenen Wachposten getroffen zu werden.
Wieder schwanden ihm die Sinne. Als er diesmal zu sich kam, sah er
eine kleine Lawine über eine Klippenwand kriechen. Einer der
Angreifer war außer Gefecht gesetzt: Mindestens eine seiner
Raketen hatte ihr Ziel gefunden.
    Die Konsole flackerte. Der Rumpf wurde tief schwarz. Als er wieder
klar wurde und die Konsole sich stabilisierte, leuchteten
überall in feuerroten lateinischen Lettern Warnungen auf. Ein
schwerer Treffer.
    Wieder erbebte das Schiff, wieder raste ein Schwarm Raketen davon,
winzige, daumengroße Antimateriegeschosse mit einer
Sprengwirkung im Kilotonnenbereich.
    Die nächste Ohnmacht. Und beim Aufwachen das Gefühl zu
stürzen.
    Noch eine kleine Lawine; noch ein Angreifer weniger auf dem
Display. Einer der Wachposten war immer noch aktiv, und er hatte
nichts mehr, womit er sich wehren konnte. Aber der Posten feuerte
nicht. Vielleicht war er beschädigt – vielleicht musste er
auch nur nachladen.
    Die Tochter versank in einem Strudel von
Wahlmöglichkeiten und konnte sich nicht entscheiden.
    »Übernehme Kommando«, erklärte Quaiche.
»Bring mich hier raus.«
    Prompt und mit voller Wucht setzte die Beschleunigung ein. Wieder
legten sich rote Schleier vor seine Augen. Aber diesmal blieb er bei
Bewusstsein. Das Schiff bemühte sich, ihn so lange wie
möglich wach zu halten, indem es verhinderte, dass ihm das Blut
in den Beinen versackte.
    Die Landschaft blieb unter ihm zurück. Nun sah er die
Brücke von oben.
    Wieder ein Treffer. Für einen winzigen Moment setzte der
Schub aus, das kleine Schiff rannte wie gegen eine Wand. Die Räubertochter bemühte sich, die Triebwerke wieder
anzuwerfen, aber irgendetwas – ein wichtiges Antriebssystem
– musste schwer beschädigt sein.
    Die Landschaft hing reglos unter ihm. Und kam wieder
näher.
    Er stürzte ab.
    Und alles wurde schwarz um ihn.
     
    Quaiche verlor immer wieder das Bewusstsein, während er
schräg auf die senkrechte Wand der Spalte zufiel. Er fand sich
damit ab, dass dies das Ende war. Gleich würde er gegen diese
schroffe Wand geklatscht werden und in einem Funkenschauer aufgehen.
Doch im allerletzten Moment keuchte die Tochter einen
Schubstoß heraus und dämpfte die Wucht des Aufpralls.
    Obwohl sich auch der Rumpf verformte, um die Kräfte
abzufangen, war es schlimm genug. Die Klippe drehte sich rasend
schnell: Wand, Horizont, dann eine flache Decke, die auf ihn
herabzustürzen drohte. Quaiche wurde ohnmächtig, kam zu
sich, wurde wieder ohnmächtig. In der Ferne machte die
Brücke die Drehung mit. Wo seine Raketen die Wachposten
abgeschossen hatten, rülpsten die Lawinen an den Felswänden
immer noch Eis – und Schuttwolken aus.
    Und Quaiche und sein Edelsteinschiffchen purzelten weiter dem
Boden der Spalte zu.

 
Ararat

2675
     
     
    Vasko folgte Clavain und Scorpio in das Regierungszentrum. Blood
geleitete sie durch ein Labyrinth von schwach bevölkerten
Räumen und Gängen. Vasko war stets darauf gefasst, des
Gebäudes verwiesen zu werden: Sein Passierschein vom
Sicherheitsdienst galt nicht für solche Fälle. Doch er
durfte bleiben, obwohl

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