Offene Rechnungen
sich mit einem verblüfften Ausdruck in den Augen zurück und musterte Frank dabei forschend.
»Diese Einschätzung freut mich natürlich, da wir absehbar keinen Nachfolger für Hauptkommissar Wiese erhalten werden. Gut zu wissen, dass Frau Helmholtz alle Aufgaben bewältigen kann.«
Frank sparte sich eine Bemerkung, da er diese politischen Spielchen nicht zu spielen bereit war. Er würde den Mord an Wiese zusammen mit der Oberkommissarin aufklären und dann wieder nach Kiel abziehen. Da sein Bericht abgegeben war, erhob Frank sich und wollte gehen.
»Eine Sache noch, Herr Reuter die Sie nicht wissen konnten. Herr Landau verfügt über erstklassige Kontakte bis hinauf in die Landesregierung. Ich möchte Sie deshalb bitten, ihm gegenüber zukünftig ein wenig vorsichtiger aufzutreten.«
Frank spürte das vertraute Gefühl von Abscheu in sich aufsteigen. Er wandte sich an der Tür nochmals um.
»Ich werde jeden Verdächtigen gleich behandeln, Herr Staatsanwalt. So, wie es unsere Verfassung vorsieht. Oder möchten Sie gewisse Bevorzugungen für Herrn Landau?«, fragte Reuter mit leiser Stimme.
Wolter sah den Hauptkommissar an, erkannte aber die aufgestellte Falle und ruderte eilig zurück.
»Nein, natürlich nicht! Sie ermitteln frei von Ansehen oder Position der Verdächtigen, Herr Hauptkommissar.«
Mit dieser Antwort hatte Frank gerechnet, daher nickte er zustimmend und verließ das Büro des Staatsanwaltes.
*
Esther spürte ihr Herz schneller klopfen, als Clemens Wolter über den Parkplatz auf sie zukam. Vor nicht allzu langer Zeit war der Anlass für ihr Herzklopfen ein anderer gewesen. Für eine Weile hatte Clemens sich mehr auf seine Gefühle zu ihr verlassen als auf die Einflüsterungen seiner Eltern. Den einflussreichen Autohausbesitzern war Esther nicht als geeignete Frau an der Seite ihres Sohnes erschienen. Anfangs hatte Clemens sich vor Esther gestellt und immer wieder seine Liebe zu ihr bekundet. Leider hatte es nur wenige Monate angehalten, dann begann es mit den prüfenden Blicken. Egal, wo sie auf Gesellschaften hinkamen, immer unsicherer wurden Clemens' Gefühle ihr gegenüber. Als die Zeit anbrach, wo er lieber allein oder gar mit seiner Mutter zu gesellschaftlichen Einladungen ging, spürte Esther das Schwinden seiner Gefühle. Die Trennung war dann nur noch eine Frage der Zeit.
»Hallo, Esther. Ich möchte kurz mit dir über den Fall sprechen«, grüßte Clemens die Oberkommissarin.
»Hallo, Clemens. Ich dachte, Hauptkommissar Reuter würde dir Bericht erstatten?«, reagierte Esther distanziert.
»Ja, das hat er. Hör mal, mir gefällt diese Einmischung vom LKA auch nicht besonders. Wir haben aber keine Möglichkeit, uns dem zu entziehen. Immerhin habe ich dir 48 Stunden Zeit gegeben, zu eigenen Ergebnissen zu kommen.«
»Stimmt. Aber Reuter hat Recht, wenn er mir mangelnde Kompetenz für eine Mordermittlung unterstellt. Wenn du es möchtest, kannst du mich gerne vom Fall entbinden«, räumte Esther freimütig ein.
Clemens Wolter hob die Hand, so als wollte er sie beschwichtigend auf Esthers Schulter legen. Doch bevor es zu dieser Vertraulichkeit kam, zog der Staatsanwalt seine Hand schnell wieder zurück. Er wollte ihr kein falsches Zeichen geben, jetzt wo ihre Beziehung wieder auf die berufliche Seite beschränkt war. Clemens vermisste zwar öfter ihre unverstellte Sichtweise auf viele Dinge des Lebens genauso wie die unbefangene, zärtliche Hingabe beim Liebesspiel, aber auf Dauer wäre ihre Beziehung zum Scheitern verurteilt gewesen. Da musste Clemens seiner Mutter leider Recht geben.
»Nein, das wollen weder ich noch Reuter. Was ich aber möchte ist, dass du ein wachsames Auge auf den Kieler Kollegen hast. Wenn er nochmals so einen Auftritt wie vorhin bei Tobias Landau plant, will ich vorher informiert werden.«
Esther erkannte, worauf Clemens hinaus wollte und wunderte sich nicht sonderlich über sein Ansinnen. Es gab durchaus liebenswerte Eigenschaften von Clemens, doch sein Hang zu intriganten Handlungen hatte sie schon immer abgestoßen.
»Das solltest du mit Hauptkommissar Reuter besprechen, da er nun einmal der leitende Ermittler ist. Du möchtest doch sicherlich nicht, dass ich dir hinter Reuters Rücken berichte. Das wäre schließlich nicht korrekt, Herr Staatsanwalt.«
Clemens Wolter sah Esther einen Moment an, dann nickte er leicht. Nein, sie würde die Zurückweisung nicht so einfach vergessen. Bis sie in beruflicher Hinsicht wieder vertrauter miteinander umgehen konnten,
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