Offene Rechnungen
entscheidenden Zugriff musste dann etwas grundlegend schief gegangen sein. Man munkelte von einem ermordeten Kollegen Reuters, dessen Tod einige Fragen aufwarf. Clemens schob die störenden Gedanken zur Seite und griff zum Telefon. Er wollte Esther persönlich über die neue Situation unterrichten.
»Als wenn unsere Beziehung nicht so schon schwierig genug wäre«, murmelte er, während das Freizeichen im Hörer erklang.
KAPITEL 2
Simon Vester betrat zusammen mit Esther die Inspektion in der Moltkestraße in Rendsburg, grüßte einige Kollegen von ihr und stieß die Tür zum Büro auf. Während Esther den Becher Kaffee auf ihrem Schreibtisch abstellte, vernahm sie ein Geräusch aus dem Nebenraum.
»Moin, Ralph. Du bist….«
Ihr blieben die vertrauten Worte im Hals stecken, als die Realität sie einholte und Simon sie erschrocken musterte. Mit steifen Beinen ging Esther zur Verbindungstür und öffnete sie langsam. Beim Anblick von Hauptkommissar Reuter auf Ralphs Platz, kochte Ärger in ihr hoch. Simon kannte diesen Anblick seiner Freundin nur zu gut.
»Was machen Sie am Schreibtisch von Ralph?«, fauchte Esther aufgebracht.
»Moin, Frau Helmholtz. Das ist der einzige freie Arbeitsplatz und da ich nun einmal einen Schreibtisch benötige, nutze ich für den Zeitraum der Ermittlungen den Platz von Hauptkommissar Wiese.«
Esther reagierte sichtlich verärgert über die Gleichgültigkeit in seiner Stimme, fand aber auch kein Gegenargument. Wütend wandte sie sich um, hängte den Mantel an die Garderobe und setzte sich an ihren Schreibtisch.
»Sie können den Kaffee unterwegs trinken, Frau Helmholtz. Wir fahren zu einer Vernehmung. Ah, Doktor. Schön, dass Sie Zeit haben, uns zu begleiten. Ihre Anwesenheit könnte erforderlich werden.«
Überrascht schaute Esther auf, musterte Simon mit einem verständnislosen Blick. Sie hatten sich auf dem Parkplatz getroffen und nur wenige private Worte gewechselt. Ganz offensichtlich hatte der Mann vom LKA seine Kollegin nicht in sein Vorhaben eingeweiht. Simon und Esther schauten gleichermaßen auffordernd zum Hauptkommissar. Reuter ging weiter zur Tür und machte keine Anstalten, sein Vorhaben näher zu erklären. Esther sprang auf, schnappte sich den Mantel und eilte Reuter nach. Den Kaffee vergaß die Oberkommissarin, wie Simon am Rande bemerkte. Kopfschüttelnd folgte er den beiden Kriminalbeamten und fragte sich, wie so eine effektive Zusammenarbeit entstehen sollte. Im Hof bestieg Reuter seinen Passat, Esther rutschte hastig auf den Beifahrersitz. Simon wollte nach dem Besuch wieder zurück ins Krankenhaus fahren, daher fuhr er mit seinem eigenen Wagen.
»Soll ich die Strecke zum Rotenhöfer Weg ins Navi einspeisen oder leiten Sie mich durch die Stadt?«, fragte Reuter, während er den Passat startete.
Frank kannte die Kreisstadt nicht, daher würde er sich lieber auf die Ansagen einer ortsansässigen Kollegin verlassen als auf diese technischen Wegweiser. Sollte die Oberkommissarin sich jedoch als beleidigte Leberwurst herausstellen, würde ihn sein Navigationsgerät dennoch sicher ans Ziel bringen. Für derartige Befindlichkeiten war jetzt schlicht der falsche Zeitpunkt, da bereits wertvolle Zeit verschwendet worden war.
»An der Kreuzung halten Sie sich rechts und dann zunächst geradeaus. Ich sage Ihnen, wann wir abbiegen müssen.«
Zufrieden mit der Antwort nickte der Kollege vom LKA. Simon hatte die Tür seines Wagens noch nicht geschlossen, daher vernahm er Esthers überraschten Ausruf, die ebenfalls die Beifahrertür noch nicht geschlossen hatte. Er warf einen Blick hinüber zum neben seinem Audi parkenden Passat des Kieler Hauptkommissars.
»Rotenhöfer Weg? Sie wollen doch nicht zu Ariane Wiese. Oder?«
Es hatte einen Moment gedauert, bis Esther die Anschrift ihres toten Kollegen in den Sinn gekommen war. Sie konnte nicht glauben, dass Reuter ohne jede Form der Anmeldung die Witwe des toten Kollegen aufsuchen wollte. Ariane stand unter einem schweren Schock und zusätzlich steckte sie selbst seit Wochen in einer ernsthaften Krise.
»Doch, genau das will ich. Ihre bisherigen Befragungen der Ehefrau waren ziemlicher Murks, werte Kollegin. Haben Sie denn völlig ausgeblendet, wo wir die meisten Mörder finden?«
Ungläubig schaute Esther den Kollegen aus Kiel an. Ihr verschlug es regelrecht die Sprache, angesichts so viel Kaltschnäuzigkeit. Sie suchte nach passenden Worten, um dem Kieler Kollegen die Problematik bei Ariane Wiese zu verdeutlichen.
Reuter ging streng
Weitere Kostenlose Bücher