Offensive Minotaurus
Sein Gesichtsausdruck zeugte von seinem Entsetzen.
Zuerst bemerkten wir das fluoreszierende Auge. Ich kannte es bereits, denn auch Stanas Zwerg hatte es besessen. Da es jedoch nur eine Reproduktion von Stanas krankem Gehirn gewesen war, hatte ich die wirklichen Umrisse nicht sehen können.
Das, was nun den Zellenraum betrat, war kein verwachsener Zwerg. Seine Hautfarbe war auch nicht grün.
Stana Sergejewitsch Imorgin konnte die Schreckensgestalt, die ihn durch eine suggestive Beeinflussung zur Schizophrenie getrieben hatte, nur schattenhaft in der Erinnerung gehabt haben.
Meine Hände verkrampften sich. Nikolai stieß einen Schrei aus. Ich war auf viele Dinge vorbereitet gewesen, darauf jedoch nicht!
Der Fremde war hochgewachsen und breit gebaut. Sein Körper glich ungefähr dem eines Menschen – aber nur ungefähr!
Die Unterschiede fielen schon bei den hohen, muskulösen Beinen auf. Sie besaßen zwei Kniegelenke. Vier Arme, paarweise in je einem Schultergelenk gelagert, unterstrichen das Nichtmenschliche noch deutlicher. Die Arme wirkten im Verhältnis zu den Beinen schwach und verkümmert.
Anstelle eines Gesichtes mit Nase, Mund, Augen und Kinn erblickte ich lediglich dieses riesenhafte Organ, das wahrscheinlich nicht nur ein Auge war. Eine Mundöffnung konnte ich nicht entdecken.
»Ich träume!« sagte Nikolai aufstöhnend. »Wir alle träumen.«
Der Mongole begann zu schreien. Der Bär rannte gegen das Maschengitter an.
Erstaunlicherweise war ich weniger entsetzt, als ich selbst angenommen hatte. Nachdem ich die Erkenntnis gewonnen hatte, bemühte ich mich sofort, Erschrecken zu heucheln.
Ich zog mich noch weiter in die Ecke zurück und schlug die Hände vor die Augen.
Der Kopf faszinierte mich. Die Natur hatte damit ein Phänomen erschaffen. Womit sprachen, sahen und hörten diese Monstren? Wie aßen sie? Es mußte doch eine Körperöffnung zur Aufnahme der Nahrung existieren. Stanas Zwerg hatte einen runden Mund unter dem Riesenauge besessen. Ich konnte nichts dergleichen erkennen.
In einem seltsam wiegenden Gang kam der Fremde näher. Nikolai starrte in das schillernde Auge. Anscheinend empfand er den suggestiven Strom, obwohl sich der Unbekannte keine Mühe gab, eine Willensbeeinflussung herbeizuführen.
Ich erkannte es klar durch das vorsichtige Öffnen meiner Parasinne. Trotzdem strahlte er bannende Impulse aus. Von da an glaubte ich, daß die paramentalen Fähigkeiten des Gegners zu seinem Naturell gehörten. Sie waren ihm schon in fernen Urzeiten mitgegeben worden.
Das Geschöpf blieb vor dem Gitter stehen und richtete sein Gesichtsorgan auf den Braunbären. Jetzt konnte ich den Kopf von der Seite betrachten.
Das Leuchtorgan wölbte sich stark hervor. Es ersetzte das menschliche Gesicht. Der Kopf selbst war rund und völlig haarlos. Auch jetzt konnte ich keine Ohren entdecken. Die bläuliche Haut war schlaff und lederartig.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die Kleidung. Gern hätte ich das Wesen in seiner natürlichen Gestalt gesehen. Es trug jedoch eine farblose Kombination, die wohl einen Raumanzug darstellte. Bei den Symbolen auf dem Bruststück der Kleidung handelte es sich anscheinend um Rangabzeichen.
Es waren alles nur Vermutungen, die mir nicht weiterhalfen. Meine Bekanntschaft mit den Invasoren war zu kurz, um sie genauer einstufen zu können.
Ein zweiter Besatzungsangehöriger trat ein. Auch er bewegte sich in dem schaukelnden Gang, der wohl auf die beiden Mittelgelenke zurückzuführen war. Eine Reihe von Tönen ließ mich zusammenfahren. Sie klangen hohl und unmoduliert. Die
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