Oft
zu kommen, wie sie es gewesen war. Die Tatsache, dass er seit einer Weile regelmäßig und erfolgreich an Rodeos teilnahm und darin seine Zukunft sah, kam ihm dabei sehr gelegen. Er konzentrierte sich völlig auf das Reiten, trieb seine Karriere in der Arena voran und hatte damit einen willkommenen Grund, aus Stillwell zu verschwinden.
Er zog durchs Land, von Turnier zu Turnier, erklomm langsam, aber stetig, die Weltrangliste der besten Rodeoreiter, und verdrängte jeden Gedanken an Lauren. Wenn sein Körper nach seinem Recht verlangte, bediente er sich sporadisch einer der Frauen, die stets am Rande der großen Rodeoveranstaltungen herumlungerten. Sie waren nur allzu gerne bereit, ein paar vergnügliche Stunden mit einem der Cowboys zu verbringen und stellten weder Fragen noch irgendwelche Ansprüche. Keine von ihnen war wie Lauren, keine von ihnen erweckte je auch nur einen Funken Gefühl in ihm, und das war ihm nur recht.
Oft, wenn er abends alleine in einem schäbigen Motelzimmer saß, überfiel ihn die Einsamkeit, und er verzehrte sich danach, Lauren in seinen Armen zu halten, sie zu küssen und zu lieben. Doch dann dachte er daran, wie kalt sie ihn abserviert hatte, und schob diese unerwünschten Sehnsüchte energisch beiseite. Er brauchte weder Lauren, geschweige denn eine andere Frau.
Das alles hatte bestens funktioniert – bis jetzt, bis zu diesem verhängnisvollen Unfall, der ihn nach Stillwell zurückgetrieben hatte.
Jetzt gab es da plötzlich ein Kind. Laurens Kind. Sein Kind.
Zu dem Schmerz, ihr wieder gegenüberzustehen, kam nun auch noch die Enttäuschung hinzu, dass sie ihm all die Jahre Timmys Existenz verschwiegen hatte. Die Tatsache, dass sie es vorgezogen hatte, sich trotz ihrer Schwangerschaft von ihm zu trennen, traf ihn doppelt. Nicht nur, dass er fast zehn Jahre vom Leben seines Sohnes verpasst hatte, nein, er hatte nun zusätzlich den lebenden Beweis dafür, dass es ihm damals nicht gelungen war, Lauren glücklich zu machen.
Plötzlich spürte er, wie ihm etwas Nasses auf die Hand tropfte, und als er aus seiner Versunkenheit erwachte, stellte er fest, dass ihm Tränen über das Gesicht liefen.
Abrupt wischte er sich über die Augen.
Nein, dachte er angriffslustig, vorbei ist vorbei. Lauren hatte er verloren, aber er würde es nicht zulassen, dass er auch noch seinen Sohn verlor. Er würde um ihn kämpfen, dieses Mal würde er sich nicht so einfach wegschicken lassen wie damals.
15
Nach dem Gespräch mit Joyce machte Lauren sich auf den Heimweg. Dort bereitete sie das Mittagessen vor und wartete darauf, dass Timmy von der Schule kam. Sie aßen, anschließend luden sie Tapeten, Wandfarbe und diverse andere Dinge, die Lauren bereits in der Woche zuvor besorgt hatte, in ihren kleinen Wagen und fuhren zur Cactus-Bar.
Als sie jetzt die Bar betraten, war ihr mehr als mulmig zumute. Sie rechnete jeden Moment damit, dass Ryan wie vereinbart auftauchte, und in ihr loderte eine panische Angst, dass Timmy irgendetwas mitbekommen würde.
Kurz darauf kam Ryan nach unten und blieb eine Weile stumm in der Tür stehen. Unbemerkt beobachtete er, wie Lauren und Timmy Tische und Stühle in einer Ecke des Raums zusammenschoben. Auf Timmys Bitte hin hatte Lauren die Jukebox angemacht, und als jetzt eines von Timmys Lieblingsliedern erklang, tanzten die beiden ausgelassen zusammen herum.
Es war nicht zu übersehen, wie tief und innig die Beziehung zwischen Mutter und Sohn war, und Ryan fühlte sich plötzlich wie ein Eindringling. Einen Augenblick lang war er versucht, nach oben zu gehen, seine Sachen zu packen und zu verschwinden, bevor irgendetwas geschehen würde, was nicht mehr gutzumachen war.
Doch in derselben Sekunde hatte Timmy ihn entdeckt und kam freudig auf ihn zu. Als Ryan seine strahlenden Augen sah, diese himmelblauen Augen, die genau wie seine aussahen, wusste er, dass er nicht gehen konnte.
»Was machst du denn hier?«, wollte Timmy wissen, aber es hörte sich keineswegs ablehnend an.
»Ich habe doch deiner Mom versprochen, beim Renovieren zu helfen«, erklärte Ryan mit einem kleinen Kloß im Hals.
Begeistert nahm Timmy ihn an der Hand. »Au prima, dann kannst du mir dabei noch ein bisschen von den Rodeos erzählen.«
Ryan bemerkte den unglücklichen Ausdruck in Laurens Gesicht, dachte an ihre Reaktion im Pferdestall und beschloss, das Thema Rodeo vorerst von der Tagesordnung zu streichen.
»Mal sehen«, sagte er ausweichend, »wir sollten zunächst einmal besprechen, was hier
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