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Oft

Oft

Titel: Oft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Schuster
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war, dass sich die Dinge mit Matt doch noch so entwickelten, dass ein harmonisches Familienleben möglich war und Timmy glücklich werden würde.
     
    Am späten Montagnachmittag stand Lauren vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer und zog sich an. Timmy saß bereits als Gespenst verkleidet im Wohnzimmer und wartete auf seine Freunde. Obwohl Lauren nicht begeistert davon war, allein auf eine ganze Gruppe Kinder aufzupassen, hatte sie sich erweichen lassen, mit Timmy und ein paar Klassenkameraden einen Streifzug durch Stillwell anzutreten.
    Schnell streifte sie das Hexenkostüm über, welches sie sich extra gekauft hatte. Sie setzte die Hakennase aus Pappe auf, malte sich mit einem Kajalstift einen dicken, schwarzen Leberfleck daneben und trug einen grellroten Lippenstift auf. Mit den Fingern fuhr sie sich durch ihre langen, blonden Haare und zerzauste sie, sprühte anschließend zuerst ein rotes, dann ein grünes Farbspray darüber.
    Perfekt, dachte sie amüsiert, ich glaube, wenn Matt mich jetzt so sehen würde, würde er den Antrag garantiert rückgängig machen.
    Sie ging ins Wohnzimmer und drehte sich einmal vor Timmy im Kreis. »Na, wie sehe ich aus?«
    »Zum Fürchten Mom«, kicherte Timmy.
    »Das finde ich auch«, hörte sie im gleichen Moment Ryans Stimme, »ich werde heute Nacht garantiert Albträume haben.«
    Erst jetzt bemerkte sie, dass er an der Fensterbank lehnte, und zu ihrer Überraschung hatte er ein Piratenkostüm an.
    »Was hast du denn vor?«
    »Du brauchst doch sicher noch eine Begleitperson, oder nicht?«
    Lauren warf einen ungnädigen Blick in Timmys Richtung. »Timmy, hast du etwa …?«
    »Ich habe ihn nicht gefragt, Mom«, beteuerte der Kleine sofort, und Ryan versicherte: »Es war meine Idee.«
    »Aber …«
    In diesem Moment klopfte es und nach und nach trudelten Timmys Freunde ein, sodass sich die beginnende Diskussion sehr schnell in Luft auflöste.
    Wenig später stürzte sich die ganze Gesellschaft in den Trubel auf Stillwells Straßen. Üblicherweise war hier kaum etwas los, doch heute schien der ganze Ort auf den Beinen zu sein. Wie in jedem Jahr waren fast alle Häuser geschmückt, neben den traditionellen Laternen aus ausgehöhlten Kürbissen gab es allerhand andere Dekorationen, die eine gruselige Stimmung verbreiteten. Scharen von Kindern und Erwachsenen zogen durch die Straßen, alle in fantasievollen Kostümen und aufgeregt schnatternd.
    »Sei nicht sauer, ich wollte Timmy eine Freude machen«, sagte Ryan, als sie vor einem der Häuser standen und auf die Rasselbande warteten, die an der Haustür ihre Süßigkeiten forderte.
    Genau wie Timmy es so oft tat, setzte er einen gekonnten Dackelblick auf, und wider Willen musste sie lachen.
    »Hör auf mich so anzugucken, sonst bringe ich dich ins nächste Tierheim«, drohte sie scherzhaft.
    Er schob die schwarze Augenklappe nach oben und funkelte sie an. »Du solltest lieber aufpassen, dass du nicht auf dem Scheiterhaufen landest, Hexe. – Nettes Kostüm übrigens.«
    »Danke, du siehst auch nicht schlecht aus.«
    Mit einem bitteren Lächeln schaute er an sich herunter. »Tja, wo ich doch sowieso schon ein halber Krüppel bin, war die Auswahl ja nicht so schwierig.«
     
    Warum musste er die gute Stimmung sofort im Keim ersticken, ging es Lauren betroffen durch den Kopf, während sie mit den Kindern zum nächsten Haus weiterzogen.
    Sie konnte zwar verstehen, dass Ryan unter der Sache mit seinem Bein litt, doch von ihrer Seite aus hatte sie ihn keine Sekunde als Krüppel gesehen. Für sie war er nach wie vor der gleiche, begehrenswerte, attraktive Mann wie damals, wie ihr in diesem Moment mit erschreckender Deutlichkeit bewusst wurde.
    Ganz in Gedanken versunken achtete sie nicht darauf, wo sie hinlief, und als sie nach einer Weile aufschaute, stellte sie plötzlich fest, dass sie Ryan und die Kinder verloren hatte. Bestimmt waren sie an einem Haus stehen geblieben, und sie hatte es nicht gemerkt.
    »Oh Mist«, fluchte sie leise, und beschloss, den Weg zurückzulaufen.
    Ungeduldig schob sie sich durch die fröhlichen, feiernden Menschen und hielt Ausschau, doch sie konnte weder eines der Kinder noch Ryan irgendwo entdecken.
    Während sie überlegte, was sie nun am besten tun sollte, wurde sie auf einmal von einem bulligen, untersetzten Mann angerempelt.
    »Na Schätzchen, so alleine unterwegs?«, lallte er und eine betäubende Alkoholfahne wehte ihr entgegen. Sie wollte an ihm vorbeigehen, doch er hielt sie am Arm fest. »Komm schon

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