Oh, diese Verwandschaft!
seine Verehrung gab ihr Auftrieb. Die Konversation war nur so gespickt mit ihrem »würklich« und »ooh Gooott!« Laura und Marie wurden schon ganz verlegen, und Lester wurde ungeduldig. Aber Brian hing in freudiger Erwartung dieser Kommentare an ihren Lippen. Er schien Eva kaum zu beachten, die ihrerseits zunächst gelangweilt und dann entschieden belustigt dreinsah.
Nach dem Mittagessen ging die Familie in den Garten. Nachdem sie einen Augenblick vergebens auf Brian gewartet hatte, zuckte Eva die Schultern und ging mit Laura voraus. Der hübsche junge Mann blieb zurück und plauderte eifrig mit Marie. Worüber? Laura war sehr neugierig darauf. Alle plauderten gern mit Marie, aber Brian hatte seit seiner Ankunft kaum den Mund aufgemacht, außer um Janices nichtssagenden Kommentaren zuzustimmen.
Später kam Marie in Lauras Schlafzimmer und setzte sich, erschöpft von unterdrücktem Lachen, aufs Bett. Laura sah sie ärgerlich an. »Es freut mich, daß du soviel Spaß hast. Mir ist das alles höchst fatal. Worüber hatte Brian denn mit dir zu schwatzen?«
»Der arme Junge hat mir sein Herz ausgeschüttet.«
»Wie jeder, der dich sieht. Ein teilnehmendes Herz ist doch viel wert!«
»Jedem sein Vergnügen. Meines besteht darin, daß ich den Männern gut zuhören mag. Laura, der junge Mann ist, seit sie hier sind, von Eva schrecklich enttäuscht.«
»Was hat sie ihm denn getan?«
»Sie ist so gescheit, und — er haßt gescheite Frauen. Er sagte ganz naiv, er hätte erst, als sie sich mit Lester unterhielt, festgestellt, wie intelligent Eva sei. Und das hat ihm einen Schock versetzt.«
»Weil viele Leute nicht glauben, daß ein hübsches Modell auch intelligent sein kann?«
»Ja. Und Brian hat etwas gegen intelligente Leute. Er hat immer unter ihnen gelitten. Er ist nicht besonders gescheit, fast so dumm wie Janice, aber viel empfindlicher als sie.«
»Aber ich habe gedacht, er wäre beim Rundfunk, obwohl ich mich darüber schon gewundert habe?«
»Er ist Techniker und geniert sich deshalb gewaltig. Er geniert sich wegen allem, nur nicht wegen seines Aussehens. Das ist alles, was er besitzt, außer seinem furchtbaren Minderwertigkeitskomplex. Das schlimme ist, daß er aus einer hochbegabten Familie stammt. Sie haben alle mit Erfolg studiert und sind trotzdem ganz normal, wie er mir erzählte. Ich nehme an, daß er auch studieren wollte und überall durchgefallen ist. Er war froh, als er diesen Job bekam, wo er mit Schaltern und Röhren und solchem Zeug zu tun hat. Aber das hat er Eva nicht erzählt, weil er sich schämte. Er hielt sie für ebenso dumm. Nun hat ihm seine Entdeckung einen Schlag versetzt.«
»Aber wenn er ein einfaches Gemüt ist, muß sie das doch wissen?«
»Nein, denn sie kennen sich erst seit vierzehn Tagen, und er war so schlau, meist den Mund zu halten. Er sagt, er hätte nicht geahnt, daß Eva >eine von den Gescheiten< ist, und das bedrückt ihn jetzt sehr.«
Sie lachten; dann meinte Laura: »Ich hoffe, Eva verliebt sich nicht in ihm. Sie würde es nicht lange mit ihm aushalten, und das würde ihn tief verletzen.«
»Sie wird es gar nicht mit ihm aushalten müssen. Es wird an diesem Wochenende von selbst aus sein. Bestimmt!«
»Du hast einen scharfen Blick für Menschen, Marie.«
»Ich bin fünfzig, und ich kenne das Leben. Ich kenne solche Männer wie Brian. Es belastet ihn schrecklich, daß er in seiner Familie so aus dem Rahmen fällt. Er braucht ein Mädchen, das ihn vergöttert und keine geistigen Ansprüche an ihn stellt. Ich glaube übrigens, er hat es schon gefunden.«
»Wenn nur diese Entdeckung nicht gerade hier stattgefunden hätte!«
»Sei froh! Denk daran, wie sehr Derek sich freuen wird.«
Alles gut und schön, aber sie, Laura, hatte den Sturm auszuhalten. Derek konnte dringende Arbeiten auf der Farm vorschützen, wenn das auch nicht immer der Wahrheit entsprach. Sie mußte dableiben und die Gemüter beruhigen. Ein Segen, daß Marie da war! Diese kluge Frau sah alles, hörte alles und sagte wenig, und im stillen amüsierte sie sich. Sogar als die Affäre am Sonntagnachmittag ihren Höhepunkt erreichte.
Sie unterhielten sich über ein neues Buch, das gerade großes Aufsehen erregte. Janice hatte offensichtlich nie davon gehört und schwieg wohlweislich still. Brian hatte es sicher auch nicht gelesen und äußerte unbedacht eine Ansicht, die unmöglich von ihm stammen konnte. Seine Bemerkung machte einzig auf Janice Eindruck. Sie hob ihre schönen Augen zu ihm und
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