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Oh, diese Verwandschaft!

Oh, diese Verwandschaft!

Titel: Oh, diese Verwandschaft! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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sagte: »Wie klug Sie sind! Ooh Gooott! wer kommt bloß auf solche Gedanken! Sie sind wirklich fabelhaft!«
    Die Wirkung dieser Worte war gewaltig. Brian sah sie an mit dem Stolz und der Dankbarkeit eines Menschen, der nie zuvor für klug gehalten worden ist. Sogar Laura merkte, daß sich hier zwei verwandte Seelen getroffen hatten. Auch Lester sah es; er lächelte mühsam und sagte: »Deine Zustimmung freut mich, Janice, besonders da Brian meine Buchbesprechung zitiert hat.«
    Eva wurde rot, und dann lachte sie. Laura und Marie blickten sich hilflos an. Es war eine peinliche Situation. Eva würde doch sicherlich ihren unglückseligen Jüngling verteidigen wollen? Aber sie sagte nur sanft: »Ja, ich habe das Zitat erkannt. Brian, du solltest vorsichtiger sein, wenn du anderer Leute Gedanken ausleihst.«
    Tiefes Schweigen folgte auf diese unfreundliche Bemerkung. Dann erhob, zu Lauras Überraschung, Janice ihre Stimme. Sie klang noch unangenehmer als sonst. Dennoch freute sich Laura beinah, daß sie den Kampf aufnahm.
    »Ich hasse Menschen, die andere lächerlich machen und nur zeigen wollen, wie klug sie selbst sind. Würklich, was ist schon dabei, daß Lester das in seiner albernen Besprechung geschrieben hat? Er ist nicht der einzige, der was Gescheites sagt. Er bildet sich nur ein, daß er der einzige ist!«
    Ein Riesenkrach bahnte sich an. Lester begehrte auf. »Was weißt du überhaupt von meinen Kritiken? Du liest ja nur die Modetips!« Und Eva erklärte eisig: »Und ich verachte Menschen, die gescheit sein wollen und nicht zugeben, daß sie andere zitieren.«
    Alle redeten jetzt durcheinander und bildeten zwei feindliche Lager. Vielleicht zum erstenmal in ihrem Leben fanden sich Bruder und Schwester, die beide so angegriffen wurden, auf der gleichen Seite. Brian ging zum Gegner über und setzte sich auf die Armlehne von Janices Stuhl, und zwischen den beiden kämpfenden Truppen versuchten Laura und Marie mit schwachen Kräften Frieden zu stiften. Eine historische Auseinandersetzung bahnte sich an, gegen die die vielen Streitigkeiten der »Waisenkinder« unbedeutend schienen.
    Schließlich rettete Marie die Situation. Sie stellte sachlich fest: »Ich finde eine Diskussion höchst anregend, vorausgesetzt, daß jeder die Ruhe behält. Das war das Elend mit Normans Freunden; die meisten waren Schriftsteller wie Lester, und sie ereiferten sich immer so, wenn sie sich stritten. Das ist doch albern; denn eigentlich lohnt es sich doch gar nicht.«
    Diese ketzerische Bemerkung von Marie, deren Intelligenz sie alle anerkannten, überraschte Eva und Lester und entzückte Laura. Laura beendete die Auseinandersetzung schließlich und sagte energisch: »Es gibt bestimmt eine Menge andere Probleme, über die sich zu unterhalten viel lohnender wäre.«
    Lester und Eva sahen sie wütend an, aber Janice sagte mit ihrem süßesten Lächeln: »Gerade das meine ich auch immer. Ooh Gooott! was für ein albernes Getue, wo doch andere Sachen viel wichtiger sind, zum Beispiel gute Manieren.«
    Marie und Laura waren sich später einig, daß im ganzen die Armen im Geiste den Ruhm davongetragen hatten. Beglückt unternahmen die zwei einen weiten Spaziergang.
    Das war das Ende für die beiden Paare, die nicht zueinander paßten. Lester unternahm aus Wut einen wilden Ritt. Eva dagegen ertrug ihre Enttäuschung mit mehr Gleichmut; sie meinte, es sei sehr töricht, jemanden, den man erst seit vierzehn Tagen kenne, mit zu sich nach Hause zu nehmen. Es folgte ein ungemütlicher Abend, an dem sich fünf Personen an ein armseliges Fernseh-Programm klammerten, um so eine Unterhaltung zu vermeiden. Dann wünschte man sich gute Nacht.
    Am nächsten Morgen fuhren Bruder und Schwester ausnahmsweise zusammen in die Stadt. Ein wenig später verabschiedete sich Brian Service sehr herzlich von Mrs. Elder und ein wenig kühler von der Gastgeberin, die ihm sehr eng mit ihren Verwandten verbunden schien.
    Janice erschien so lieblich wie immer im Lichte des Morgens; sie küßte Laura herzlich und sagte: »Vielen Dank für ihre Güte, aber würklich, irgendwie...« Und dabei ließ sie es.
    Das war, wie Marie feststellte, eine treffende Zusammenfassung all dessen, was sich zugetragen hatte, und zugleich Janices scharfsinnigste Bemerkung.
     
     

7
     
    Anfang Februar übernahm Hugh in der Stadt einen Job als Lastwagenfahrer, bis zum Beginn der Vorlesungen. Marie verließ Brookside höchst ungern.
    »Ich werde euch sehr vermissen. Ihr wart rührend zu mir, und

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