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Oh, diese Verwandschaft!

Oh, diese Verwandschaft!

Titel: Oh, diese Verwandschaft! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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für seine Jahre war er zu unsicher, und sein Mund war zu sensibel; und seine Augen blickten traurig. Er war genau der Mann, fuhr es Laura durch den Kopf, um sich in Eva zu verlieben, mit ihr davonzulaufen, eine gute Frau im Stich zu lassen und dann für den Rest seines Lebens jammervoll zu klagen. Eva schien seine Weichheit nicht zu bemerken; sie war seinem Charme restlos verfallen. Ihre schnippische Art, die Hugh »typisch Fotomodell« nannte, hatte sie abgelegt; sie war von Kopf bis Fuß verliebt und schien Ken beschützen zu wollen.
    Mr. Everton nahm Lauras Hand und sagte: »Verzeihen Sie, daß ich hier so hereinbreche.« Seine Stimme war, wie Laura erwartet hatte, tief, musikalisch und voller Charme.
    »Das macht nichts«, antwortete sie. »Darf ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten, oder haben Sie schon welchen getrunken?«
    Lächelnd fügte sie hinzu: »Chris behauptet, ich würde den Leuten noch Kaffee anbieten, wenn Atombomben fallen.«
    Auch er lächelte. »Das scheint mir höchst vernünftig zu sein. Nein danke, wir haben schon Kaffee getrunken. Ich fürchte, diese ganze Sache kommt Ihnen auch wie eine Atomexplosion vor.«
    »Nun«, sagte Laura stockend, »das kommt darauf an...«
    »Es kommt auf die Menschen an, die davon betroffen sind. Das meinen Sie doch?«
    Er war wenigstens ehrlich, und sein Gesicht war zwar weich, aber freundlich. Sie antwortete genauso ehrlich: »Ja... Weiß Ihre Frau von Eva?«
    »Das ist ja das Problem«, fuhr Eva dazwischen. »Sie weiß nichts. Wir sind überzeugt, daß sie keine Ahnung hat. Deshalb ist es so unverständlich, daß sie einfach verschwunden ist. Sie hat die Kinder zu ihrer Mutter geschickt und ist auf und davon. Das paßt nicht im geringsten zu dem, was Ken mir von ihr erzählt hat.«
    »Wieso paßt es nicht?« fragte Laura. Im selben Augenblick war ihr klar, daß sie keine Fragen hätte stellen dürfen. Sie hätte es strikt ablehnen müssen, sich mit der Sache zu befassen, und mit einem würdevollen gute Nacht das Zimmer verlassen sollen. Statt dessen hatte sie die Schleusen der Geständnisse geöffnet.
    Eva ergriff das Wort. »Es ist wahnsinnig komisch, wie sie sich aufführt. Sie hat alles arrangiert, aber zu Ken hat sie kein Wort gesagt. Sie hat ihm nur ausrichten lassen, daß er eine Zeitlang allein auskommen müßte, weil sie nicht da sei.«
    »Vielleicht hat sie auch einen anderen Partner gefunden«, meinte Laura ironisch.
    Eva war pickiert. »Das würde sie niemals tun. Sie hängt an Ken und den Kindern. Sie würde nie ihre eigenen Wege gehen.«
    Evas Selbstsicherheit ärgerte Laura, und sie wurde richtig spitz. »Warum nicht? Das passiert oft genug. Euch beiden brauche ich das doch nicht zu erzählen.«
    Everton war überrascht. Das war nicht die sanftmütige, kleine Kusine, die er erwartet hatte. Er sagte: »Nein, sie ist allein fortgefahren. Sie hat nur zu ihrer Mutter gesagt, sie habe ein Problem, das sie überdenken müsse, und sie wolle mich nicht sehen. Mrs. Wells hat mir das erzählt. Ohne weitere Erklärung. Sie sei sehr ruhig und bestimmt gewesen. Ihre Mutter hat sie wenigstens überredet, für den Notfall ihre Adresse zu hinterlassen. Sie hat es nur unter der Bedingung getan, daß ich keinen Versuch machen würde, sie zu sehen. Das mußte ich Mrs. Wells versprechen.«
    Eva unterbrach ihn. »Es ist einfach verrückt. Ken wollte ihr an diesem Wochenende alles erzählen. Dann hätten wir gewußt, woran wir sind, und hätten uns darauf eingestellt.«
    Die Gefühllosigkeit dieser Bemerkung widerte Laura an. Die Empfindungen der Frau spielten überhaupt keine Rolle. Eva dachte nur an sich und ihre eigene Zukunft. Gott sei Dank versuchte Ken zu vermitteln.
    »Das alles klingt sehr kaltschnäuzig, Mrs. Howard. Doch Sie können mir glauben: ich habe meine Frau sehr gern.«
    Am liebsten hätte Laura ihm eine Ohrfeige gegeben. Statt dessen sagte sie nur: »Es sieht nicht gerade so aus.«
    »Vielleicht nicht, aber es ist doch so. Wir sind seit zwölf Jahren verheiratet, und es waren glückliche Jahre.«
    Eva rutschte unruhig hin und her. Er sah zu ihr hin.
    »Es war natürlich eine andere Liebe wie die zu Eva. Trotzdem war es eine gute Ehe.«
    »Und sie hat zwölf Jahre gedauert. Das ist das Schlimme daran«, sagte Laura bitter.
    Er erwiderte: »Ich sehe das ein. Ich sehe alles ein, was Sie sagen. Es muß Ihnen so vorkommen, aber — ich weiß auch nicht, was geschehen ist. Plötzlich scheint alles schal und langweilig. Ich kann an nichts anderes mehr denken

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