Ohne Beweis (German Edition)
Hinderungsgrund, sich zu verlieben!“, rief Nora, denn sie kannte viele glückliche Paare mit großem Altersunterschied.
„Ich hab mich nicht verliebt!“, rief Carolin etwas zu laut, sodass Kamil oder einer der anderen Arbeiter es draußen sicherlich gehört hatten.
„Du vielleicht nicht, aber was ist mit Johann? Ich kann mir gut vorstellen, dass er nicht abgeneigt war, als du öfters zu Besuch gekommen bist.“
„Auf was willst du eigentlich hinaus, Nora?“, fragte Carolin ungehalten. Eigentlich ging Nora das alles nichts an.
„Entschuldige, Carolin. Es geht mich natürlich nichts an, aber ich mache mir solche Sorgen um deine Schwester“, antwortete Nora und schob den letzten Stapel Bücher in das zum Bersten volle Regal. Langsam ging sie zu Carolin hinüber und setzte sich neben sie auf den Fenstersims.
„Du weißt doch, dass ich eine blühende Phantasie habe und irgendwie glaube ich einfach nicht daran, dass Carmen einfach so abgehauen ist. Was ist, wenn sie herausbekommen hat, dass Johann in dich verknallt ist und sie diese Beziehung aber nicht gutheißt. Vielleicht wollte sie dich auch nur vor seinem Bedrängen schützen, ist zu ihm gefahren und hat ihn zur Rede gestellt? Das hat ihn dann so gereizt, dass er ihr etwas angetan oder sie irgendwo eingesperrt hat? Ich will dir echt keine Angst machen, aber was kann es schaden, das mal zu überprüfen?“, fragte Nora eindringlich, obwohl es ihr doch irgendwie leid tat, die arme Carolin dadurch in Angst und Schrecken zu versetzen. Aber Nora konnte nicht anders – sie hatte wohl zu viele Krimis gelesen.
„Aber Nora! Wie kannst du nur an so etwas denken! Das ist ja furchtbar!“, jammerte Carolin auch sofort, stand hastig auf und lief dann unruhig zwischen den Bücherregalen umher.
„Es tut mir leid, Carolin. Wirklich! Ich wollte dir keine Angst einjagen, aber tatenlos dasitzen und auf ein Lebenszeichen von Carmen zu warten, kann ich auch nicht. Ich muss sowieso etwas für Kamil auf dem Mühlenhof herausfinden, da kann ich doch genauso gut auch nach Carmen suchen“, plapperte Nora weiter und schlug sich dann entsetzt auf den Mund. So ein Mist! Eigentlich hatte sie das mit Kamils Suche nicht verraten wollen, aber nun war es doch passiert. Na, egal. Vielleicht konnte Carolin ihr sogar dabei behilflich sein. Sofort setzte wieder Noras Verstand ein und fast augenblicklich hatte sie eine Idee. Dennoch wollte sie erst gründlich darüber nachdenken.
„Was musst du für Kamil dort herausfinden? Was hat dieser Pole mit dem Mühlenhof zu tun?“, fragte Carolin natürlich prompt und sie hielt in ihrer Wanderung inne.
„Nichts Weltbewegendes. Er hat nur Ahnenforschung betrieben und wohl herausgefunden, dass sein Vater, den er leider nie kennengelernt hat, wohl in den Fünfzigerjahren auf dem Mühlenhof als Erntehelfer gearbeitet hat. Er wollte das einfach nur bestätigt wissen. Er hat mir leider noch nicht erzählt, ob sein Vater nur verschwunden ist oder ob er weiß, dass er tot ist.“ Bei diesen Worten überkam Nora plötzlich ein komisches Gefühl. Konnte es sein, dass die Spur von Kamils Vater auf dem Mühlenhof endete und er dort zuletzt lebend gesehen wurde? Warum wollte Johann das nicht bestätigen? Oder war der Erntehelfer etwa auf dem Hof zu Tode gekommen? Falls ja, warum wollte Johann auch das nicht bestätigen? Hatte er eventuell sogar etwas damit zu tun? Nora wurde es heiß und kalt bei diesen Gedanken. War es doch gefährlich, dieser Spur alleine nachzugehen? Aber sie hatte keine Beweise und somit nichts in der Hand, um ihren Freund Joska und die Kripo in diesen Fall mit hineinzuziehen. War so was nicht auch schon längst verjährt? Das musste sie erst mal googeln.
„Ach so. Das müsste Johann ja wissen. An die Zeit als Jugendlicher wird er sich doch sicher noch erinnern. Soll ich das für dich herausfinden?“, fragte Carolin hilfsbereit, da sie einfach nicht aus ihrer Haut konnte. Wenn jemand Hilfe brauchte, war sie meist sofort zur Stelle, auch wenn es ihr nicht immer in den Kram passte. So wie jetzt, denn eigentlich wollte sie Johann lieber aus dem Weg gehen und so bereute sie ihre unüberlegten Worte auch sofort wieder. Doch sie hatte Glück.
„Nein, nein. Ich mach das schon. Das hab ich Kamil doch versprochen“, wiegelte Nora ab, denn sie musste diese Sache alleine regeln. „Ich mach dann mal Schluss, ich muss noch was Dringendes erledigen.“ Doch kaum war sie zur Türe hinaus, kam sie nochmals
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