Ohne Beweis (German Edition)
uns nur noch Carolin Lechner. Von ihr werden wir jedoch nicht mehr viel Neues erfahren. Das können Sie, lieber Joska, auch alleine erledigen. Ich muss zum Staatsanwalt und diese Sache hier zum Abschluss bringen. Sie werden ihm dann bitte noch bestätigen, dass es sich bei Nora um Notwehr beziehungsweise um einen Unfall gehandelt hat, als der Mühlenhofbauer zu Tode gekommen ist. Ansonsten können wir nicht mit letzter Sicherheit sagen, dass der Bauer etwas mit dem Tod seiner Frau zu tun hatte, noch können wir ihn dafür zur Rechenschaft ziehen, dass er den Vater von Kamil Rodzinsky umgebracht hat. Ohne Beweise hätten wir ihn sowieso nicht drangekriegt, auch wenn er noch leben würde. Irgendwie ein unbefriedigender Abschluss, aber was soll man machen?“, seufzte sie und überließ Joska das Vernehmungszimmer.
Tatsächlich konnte Carolin keine neuen Erkenntnisse liefern und so war diese Vernehmung schnell zu Ende. Joska schaltete das Aufnahmegerät aus und fragte Carolin dann in privatem Ton:
„Alles wieder in Ordnung zwischen Ihnen und Ihrer Schwester?“
„Keine Ahnung, Herr Kiss. Ehrlich. Ich habe ihr zwar verziehen, aber unser vorher so inniges Verhältnis ist leider deutlich abgekühlt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob sie die Finger von diesem Kamil lassen wird. Es scheint die beiden trotz allem doch ganz schön erwischt zu haben. Das freut mich ja einerseits für sie, aber dennoch prallen da zwei Welten aufeinander und ich kann mir nicht vorstellen, dass das gut geht. Wenn ich wüsste, dass der Vater meines Freundes ein Vergewaltiger war … also ich weiß nicht … ich hätte einfach immer ein ungutes Gefühl. Vielleicht vererbt sich so was?“, wollte sie von Joska wissen, doch der riss entsetzt die Augen auf.
„Aber Frau Lechner! So dürfen Sie doch nicht denken! Für die Sünden der Eltern kann man doch nichts und ich glaube auch nicht, dass sich solche Neigungen vererben“, bekräftigte Joska, obwohl er sich keineswegs sicher war, ob er da wirklich richtig lag. Dennoch schienen seine Worte sein Gegenüber beruhigt zu haben.
„Wenn Sie meinen, Herr Kiss. Dann will ich das mal glauben und hoffen, dass meine Schwester von selbst darauf kommt, dass Kamil nicht der Richtige für sie ist. Wir halten über Nora doch sicherlich weiterhin Kontakt, oder?“
„Ganz sicher, Frau Lechner. Falls Sie noch Hilfe beim Bücherschleppen brauchen, melden Sie sich einfach bei mir. Oder über Nora. Man sieht sich … und … alles Gute für Sie und Ihre Schwester! Sie sind doch Zwillinge – sie werden schon wieder zu ihrer alten Harmonie zurückfinden“, sagte Joska bekräftigend, denn er wünschte es den beiden sympathischen Frauen sehr.
„Danke Herr Kiss, das ist wirklich sehr lieb von Ihnen. Und bitte, sagen Sie doch Carolin zu mir!“
„In Ordnung … Carolin. Komm gut nach Hause!“
„Auf Wiedersehen, Joska. Ich melde mich sicher bald, denn wir haben immer noch nicht alle Bücher eingeräumt“, sagte Carolin mit einem Lächeln und ließ einen erschöpften Kommissar zurück. Was für ein Fall! Hoffentlich ließ Nora nun endlich das Schnüffeln sein. Er hatte wirklich keine Lust, sie wieder aus irgendwelchen brenzligen Situationen zu retten. Doch wie immer kam es anders.
23
Die verheimlichen mir alle was! Das wurde mir nach der Vernehmung durch diesen Herrn Kiss (welch alberner Name!) und dieser attraktiven Hauptkommissarin nochmals deutlich. Sabine Hohenstein (das war also ihr richtiger Name) hatte in dem Mostkeller auch so komische Andeutungen gemacht, dass ich die Wahrheit gar nicht wissen wolle (so ein Blödsinn!) und auch Carmen benahm sich weiterhin sehr distanziert. Sie hatte mich zwar kurz besucht, aber von ihrer bisherigen Freundschaft war wenig zu spüren gewesen. Irgendwie kam sie mir vor, als wäre sie innerlich zerrissen und wüsste selbst nicht, was sie wollte. Ihre Augen sprachen von einem Verlangen, das ihre Worte nicht untermalen wollten. Doch ich wusste, dass ihr etwas an mir lag und ich musste herausfinden, was sie vor mir zu verbergen versuchte. Wenn ich ehrlich war – ich hatte mich wirklich in sie verliebt und ich musste ihr zeigen, dass ich es wert war, sich näher mit mir abzugeben. Aber dazu musste ich erst mal wieder auf die Beine kommen. Meine Wade sah schrecklich aus und tat noch ziemlich weh. Das würde eine üble Narbe geben, aber es sollte ja Frauen geben, die auf so was standen. Ob Carmen wohl zu ihnen gehörte? Auch das wollte ich
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