Ohne Beweis (German Edition)
haben wir uns auch gut unterhalten und er hat mir gesagt, seine Frau sei gerade im Urlaub. Doch als Johann überraschend Besuch bekam, hat er mich kurz im Haus alleine gelassen. Neugierig, wie ich bin, hab ich ein bisschen rumgeschaut und in den Papieren auf seinem chaotischen Schreibtisch gestöbert. Ich hatte nur einen Ausdruck über den Placebo-Effekt und einen Beipackzettel von Herztabletten gesehen und mir weiter keine Gedanken darüber gemacht.“
„Seine Frau war zu diesem Zeitpunkt bereits tot“, warf Joska ein und wollte noch hinzufügen, woran sie gestorben war, doch ein Tritt gegen sein Schienbein von seiner Chefin ließ ihn verstummen.
„Woran ist sie denn gestorben?“, wollte Frau Hohenstein jedoch sofort wissen, doch Frau Müller-Harnisch sagte kurz angebunden:
„Das tut nichts zur Sache. Fahren Sie fort!“
„In Ordnung“, meinte ihr Gegenüber, doch sie war dennoch beleidigt, dass man ihr nichts darüber sagen wollte.
„Jedenfalls hat der Bauer mich beim Schnüffeln erwischt und obwohl ich doch gar nichts Wichtiges entdeckt hatte, zumindest in meinen Augen nichts, was ihn irgendwie hätte belasten können, hat er mich zunächst geknebelt und gefesselt in die Besenkammer gesperrt. Wahrscheinlich konnte er es einfach nicht brauchen, dass jemand neugierig in seinen Privatsachen rumstierte. Als gegen Abend jemand kam, habe ich mich mitsamt dem Stuhl umkippen lassen, aber die Besucher schienen das nicht gehört oder als unverdächtiges Geräusch eingestuft zu haben. Sie gingen einfach wieder und ich hatte mir umsonst die Schulter geprellt“, schimpfte die aufgebrachte Frau und fuhr dann fort:
„Dennoch schien ihm dieses Versteck nicht mehr sicher genug und er sperrte mich in diesen elenden Mostkeller! Da war es kalt und feucht und es roch widerlich nach diesem Gesöff. Das Schlimmste war, dass ich nur Most zu trinken bekam und ich dadurch immer im Dauerdelirium war – ich wollte ja schließlich nicht verdursten. Nach ein paar Tagen hab ich dann die Briefe entdeckt und kurz danach hat er diesen Kamil zu mir in den Keller geworfen. Der Hund hatte ihn wohl an der Wade erwischt. Obwohl ich die Wunde mit diesem Apfelmost gesäubert habe, hat sie sich dennoch entzündet. Ich weiß wirklich nicht, wie lange der Arme noch durchgehalten hätte. Wenn der neben mir gestorben wäre … wie hätte ich das verkraften sollen?“ Sofern das überhaupt möglich war, war sie bei diesen Worten noch blasser geworden. Joska wollte sie von ihren trüben Gedanken ablenken und wollte wissen, ob sie Kamil etwas über den Inhalt der Briefe erzählt hatte.
„Nein, das habe ich nicht. Hätten Sie das denn getan?“
„Nein, ich denke nicht. Darüber werden wir uns noch beraten und wir bitten Sie, niemandem über den Fund der Briefe etwas zu erzählen“, bat Frau Müller-Harnisch, es klang aber selbstverständlich wie ein Befehl und so fasste es Frau Hohenstein auch auf.
„Werden Sie in Sachen Plünderer etwas unternehmen? Werden Sie die Leichen suchen?“, wollte sie erschaudernd wissen.
„Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Das müssen wir erst mit der dafür zuständigen Abteilung abklären. Falls etwas unternommen wird, werden Sie es garantiert aus der Zeitung erfahren, Frau Hohenstein. Wir sind uns also einig, dass Sie Stillschweigen bewahren?“, fragte die Kripo-Chefin mit strengem Blick und Frau Hohenstein nickte eifrig.
„Sie können dann gehen“, verfügte Frau Müller-Harnisch. „Und … Frau Hohenstein … lassen Sie in Zukunft die Finger weg von Seiten wie Couch-Surving und dergleichen. Sie wissen ja nun, wozu das führen kann!“
„Ja, Frau Müller-Harnisch. Davon bin ich, glaube ich, geheilt. Auf Wiedersehen und sagen Sie bitte dem jungen Fräulein Angerer nochmals danke, dass sie so hartnäckig bei ihrer Suche geblieben ist. Wer weiß, ob ich sonst noch am Leben wäre!“ Mit diesen Worten verließ sie winkend das Zimmer und Joska schaute seine Vorgesetzte mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Aus dieser Sicht hab ich die Sache noch gar nicht betrachtet. Wir haben es tatsächlich Noras Hartnäckigkeit und Spürnase zu verdanken, dass diese Frau und Herr Rodzinsky noch rechtzeitig gefunden wurden. Ob mich meine Recherchen auch zu diesem Mühlenhof geführt hätten, wage ich zu bezweifeln“, sagte er bestimmt, doch seine Chefin meinte, das könne er nicht wissen und er solle sich darüber keine Gedanken mehr machen.
„So, nun bleibt
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