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Ohne Beweis (German Edition)

Ohne Beweis (German Edition)

Titel: Ohne Beweis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Mehnert
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    Seufzend erhob sich Carmen von ihrem Stuhl am Tisch, wo sie gerade noch ihren restlichen Malzkaffee getrunken hatte. Ein richtiger Kaffee wäre ihr lieber gewesen, doch Karsten hatte gemeint, sie solle sich nicht mit Kaffee aufputschen, sondern sich lieber wieder hinlegen und sich ausruhen. Mehr konnte sie ja auch nicht tun, denn ihr blöder Fuß schmerzte immer noch sehr und sie konnte nicht auftreten. Wenn sie wenigstens etwas zum Lesen oder Schreiben hätte! Aber hier in dieser engen Hütte konnte sie nichts weiter tun als zu schlafen oder zu grübeln. Doch die wenigen Erinnerungen, die sie hatte, ließen wenig Spielraum zum Nachdenken. Wer war man schon, wenn man keine Vergangenheit hatte? Das bisher Erlebte und die Erinnerungen daran waren doch das, was einen Menschen ausmachte. Man lebte aus den Erfahrungen, egal ob aus negativen oder positiven. Man hatte aus Fehlern gelernt oder zehrte von erarbeiteten Erfolgen und glücklichen Erinnerungen. Wenn man dies aber alles nicht hatte, war man eigentlich nur eine leere Hülle.  
    Doch diese Leere musste nun mit neuen Erfahrungen gefüllt werden! Immerhin war sie nicht alleine und hatte einen Mann, der sie augenscheinlich liebte und für sie sorgte. Ob sie wohl einem Beruf nachgegangen war oder war sie nur Hausfrau? Kinder hatte sie wohl keine, sonst hätte ihr Mann diese doch schon einmal erwähnt, oder nicht? Vielleicht waren sie ja schon erwachsen und gingen längst ihre eigenen Wege oder man hatte sich zerstritten und sprach nicht mehr miteinander? Carmen nahm sich vor, ihren Mann gleich nach seiner Rückkehr danach zu fragen. Denn dass sie einen Unfall gehabt und dadurch ihr Gedächtnis verloren hatte, glaubte die verunsicherte Frau diesem Mann inzwischen doch, sonst würde sie sich ja zumindest daran erinnern, mit Karsten verheiratet zu sein.  
    Frustriert und schon wieder müde hüpfte Carmen zu ihrem Bett und nachdem sie sich in ihre Decke gekuschelt hatte, schlief sie mit dem Gedanken ein, hoffentlich wieder von diesen Kindern zu träumen. Sie waren ihr inzwischen schon richtig vertraut und obwohl es nur Träume waren, waren es ihre einzigen Erinnerungen, die sie momentan hatte.  

47 
     
    „Was heißt das: Du hast sie verloren!“, wetterte Joska in sein Handy, das er sich ans Ohr geklemmt hatte, während er versuchte, dem Navi zu folgen. Er war inzwischen kurz vor Danzig und Paul hatte ihm gerade berichtet, dass er Nora das letzte Mal in einem Randgebiet von Danzig geortet hatte, nun aber kein Signal mehr empfangen konnte.  
    „Das gibt’s doch nicht, Paul! Warum sollte sie tagsüber ihr Handy ausschalten?“, jammerte Joska und vergaß dabei, vor dem Überholen in den Rückspiegel zu schauen. Er schaffte es gerade noch, wieder einzuscheren, damit der hinter ihm ausgescherte Sportwagen ihn überholen konnte. Zitternd und mit hämmerndem Herzen japste er ins Telefon: 
    „Ich muss kurz rechts ranfahren, so kann ich nicht telefonieren. Ich melde mich gleich wieder!“ 
    Joska ärgerte sich über sich selbst, dass er wegen Nora derart durch den Wind war, dass er nicht mal mehr Autofahren und Telefonieren gleichzeitig auf die Reihe brachte. Was unter normalen Umständen bisher nie ein Problem für ihn dargestellt hatte. Sicher, es war verboten - zumindest in Deutschland – wie es hier in Polen war, wusste er nicht. Aber als Polizist hatte er trotz Freisprecheinrichtung selbst in seinem Dienstwagen schon oft während der Fahrt telefoniert. In seinem privaten Mini hatte er sowieso keinen Freisprecher. Frustriert fuhr er auf den nächsten Parkplatz und wählte die private Nummer seines Kollegen.  
    „So, jetzt hab ich angehalten. Wo hast du sie zuletzt geortet?“ 
    „In der Jacka Malczewskiego Nummer zehn.“ 
    „In der was?“, musste Joska nachfragen, aber nicht wegen der schlechten Verbindung, sondern weil er diesen komplizierten Namen nicht verstanden hatte.  
    „Das ist eine Straße im Stadtteil Sopot, ziemlich nah am Meer. Ich schick dir den Google-Link auf dein Handy, dann kannst du es über Maps genau sehen. Von oben betrachtet eigentlich recht schön, dieses Danzig. Sieht so aus, als gäbe es dort auch tolle, lange Sandstrände. Wirst du auch mal dort baden gehen, Joska? Oh Mann, dort wäre ich jetzt auch gern“, seufzte der junge Ermittler, doch Joska fuhr ihn sofort an: 
    „Meinst du, dafür hätte ich jetzt Zeit und Lust? Ich muss Nora finden, Mann!“ 
    „Ja, ja. Schon gut. Ich bleib ja dran. Irgendwann wird sie ihr Handy

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