Ohne Beweis (German Edition)
oder sie weiß es auch nicht“, erklärte Nora ihrem Freund. Obwohl ich nicht alles genau verstanden hatte – den Sinn ihrer Worte hatte ich begriffen und ich musste die aufkeimende Wut niederdrücken.
„Carmen weiß alles – sie mir aber nichts sagen! Du von Polizei wissen warum?“, fragte ich in der vagen Hoffnung, dass mein Messer an Carmens Kehle ihn zum Reden zwang. Doch so einfach machte es mir dieser junge Kerl nicht.
„Was glaubst du eigentlich, wie das hier enden soll, Kamil?“, fragte der Polizist und kam von Nora gestützt nun doch auf die Beine. „Wir sagen dir, was du wissen willst, du lässt uns gehen und die Sache ist erledigt?“
So in etwa hatte ich mir das wirklich vorgestellt, aber mir wurde nun schon klar, dass das so einfach nicht werden würde. Immerhin war der Typ von der Polizei und konnte nicht einfach so darüber hinweg sehen, dass ich jemanden geschlagen, eingesperrt und zuletzt sogar mit einem Messer bedroht hatte. In diese Scheißsituation hatte ich mich selbst und ohne zu überlegen gebracht und nun wusste ich nicht, wie ich da wieder herauskommen sollte. Doch ohne das Geheimnis um meinen Vater gelüftet zu haben, wollte ich hier auch nicht weggehen. Was sollte ich also tun?
Doch Nora versuchte unterdessen, auf ihren Freund einzureden.
„Wenn du etwas über Kamils Vater weißt, dann sag es ihm doch! Vorher wird der keine Ruhe geben und Carmen braucht dringend ärztliche Hilfe … und du auch!“ Dabei leuchtete sie mit der Taschenlampe auf Joskas Kopfwunde, aus der das Blut immer noch leicht rann.
„Wer garantiert mir denn, dass er dann wirklich von Carmen ablässt? Vielleicht rastet er dann völlig aus – das Risiko kann und will ich nicht eingehen, Nora“, sagte der Kommissar eindringlich zu seiner Freundin – gerade so, als würde ich nicht verstehen, was er sagte. Doch ich hatte den Sinn sehr wohl erfasst und wollte diesem Wichtigtuer gerade die Meinung sagen, als Nora antwortete:
„Du weißt also auch, was mit Kamils Vater passiert ist?“, fragte sie mehr entsetzt, als erstaunt und in mir keimte neue Hoffnung auf – vielleicht wusste der Typ ja wirklich was.
„Du mir sofort die Wahrheit sagen, oder ich …“, rief ich drohend und hielt das Messer noch dichter an Carmens Hals. Diese begann sich in diesem Moment zu bewegen, doch es war mir egal. Mein einziger Fokus lag nun auf Joska und darauf, dass er mir gleich die Wahrheit über meinen Vater sagen würde.
„Ich weiß von Carmen nur, dass sie einen Verdacht hat, aber nichts bewiesen ist. Warum sollten wir dich also damit quälen?“, fragte Joska und ich hätte gerne in sein Gesicht geblickt, um erkennen zu können, ob er die Wahrheit sagte, oder nicht. Aber Nora hielt das Licht der Taschenlampe immer noch auf Carmen gerichtet und so konnte ich nicht erkennen, was die beiden anderen machten. Diese Ungewissheit trieb meine Wut wieder an die Oberfläche und ich schrie meine Widersacher an:
„Macht endlich Licht! Ich will euch sehen. Da ist Kerze“, kommandierte ich und wusste, dass sie mir Folge leisten würden. Die Macht, die das Messer mir verlieh, breitete sich immer mehr in mir aus und schenkte mir ein wohliges und sicheres Gefühl. Zufrieden beobachtete ich Nora, wie sie die Kerze auf den kleinen Tisch stellte und anzündete. Obwohl es draußen wegen des aufziehenden Gewitters immer düsterer wurde, erhellte die kleine Kerze doch den Raum, sodass man die Gesichter erkennen konnte. Schon besser.
Da ich den letzten Satz von Joska nicht ganz verstanden hatte, musste ich nochmals nachfragen.
„Niemand weiß genau, was damals passiert ist, Kamil. Man kann es nicht beweisen – du verstehst?“, versuchte Joska zu erklären.
„Trotzdem ich will wissen, was mit meine Vater ist, auch ohne Beweis!“, rief ich und war mir bewusst, dass ich mich wie ein trotziges Kind anhörte.
„Aber warum nur, Kamil? Warum? Es würde dich belasten und vielleicht stimmt es ja gar nicht! Was macht es dann für einen Sinn?“, wollte Nora wissen und ich versuchte, darauf eine ehrliche Antwort zu finden. Es gelang mir jedoch nicht, denn mein wütendes Ich wollte einfach nicht akzeptieren, dass wir vielleicht immer noch keine Antworten erhalten würden. Wo wir uns doch schon ganz kurz vor dem Ziel wähnten und die Aufklärung der Geheimnisse um meinen Vater so dicht vor uns lag.
„Ich selber entscheiden, ob glauben oder nicht! Also – was war mit meine Vater?“, beharrte ich
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