Ohne Beweis (German Edition)
Wut stürmte ich den Hügel hinauf und riss die Türe zur Hütte auf. Sehen konnte ich jedoch nicht viel, denn die Gewitterwolken hatten den Himmel stark verdunkelt. Da sich nichts rührte, zog ich mich instinktiv wieder zurück und schloss die Türe wieder von außen. Ich musste ruhig bleiben und ganz gezielt vorgehen. Dieser Nora traute ich alles zu und ich durfte mich von dieser Göre nicht überrumpeln lassen. Warum hatte ich auch die Taschenlampe in der Hütte gelassen? Hatten die Frauen sie vielleicht sogar schon gefunden? Warum schalteten sie sie dann nicht ein? Plötzlich hörte ich Noras Stimme:
„Kamil! Komm doch rein – Carmen geht es schlecht!“
Das war bestimmt eine Falle oder war Carmen doch schwerer verletzt, als ich dachte? Mist! Wenn es ihr nicht gutging, würde sie mir auch nichts erzählen. Ich musste Noras Vertrauen wieder gewinnen und mich entschuldigen. Vielleicht konnte ich doch auch ohne Gewalt etwas herausbekommen.
„Ich komme. Hast du Licht?“, fragte ich deshalb so freundlich ich konnte. Langsam öffnete ich wieder die Türe, blieb aber dennoch auf der Hut. Nora saß jedoch ganz artig neben Carmen auf dem Bett und leuchtete vor meine Füße, sodass ich gefahrlos eintreten konnte. Langsam ging ich auf die beiden zu und erkundigte mich nach Carmens Befinden.
„Sie ist irgendwann eingeschlafen. Vielleicht ist sie auch bewusstlos, ich hab bisher nicht versucht, sie aufzuwecken. Was ist eigentlich los? Warum bist du auf sie losgegangen?“, wollte Nora wissen und mir blieb nichts anderes übrig, als die Wahrheit zu sagen. Schließlich war Nora nun meine zweite Hoffnung, Licht ins Dunkel der Vergangenheit meines Vaters zu bringen.
„Sie kennen Geheimnis um meine Vater. Will aber nicht mir sagen. Du auch wissen?“, fragte ich mit so viel Hoffnung und Herzschmerz in der Stimme, dass sie mir doch antworten musste.
„Tut mir leid, Kamil. Ich kenne die Geschichte auch nicht. Weder Carmen noch Joska haben sie mir erzählt“, sagte Nora zu meiner maßlosen Enttäuschung, doch ich wollte ihr nicht glauben. Das durfte doch einfach nicht wahr sein. Sie musste etwas wissen.
„Du lügen!“, schrie ich so plötzlich, dass ich vor mir selbst erschrak. „Du kennen die Geheimnis. Nur mir auch nicht sagen wollen! Warum?“ Bei diesen Worten war ich nahe zu ihr gegangen und begann, sie an den Schultern zu schütteln. Doch Nora packte meine Hände und drückte sie sanft, aber bestimmt nach unten. Obwohl ich außer mir war, bewunderte ich ihren Mut und ließ von ihr ab. Aufgeben wollte ich aber nicht und so rüttelte ich Carmen.
„Lass sie in Ruhe, Kamil! Sie ist krank und wird dir momentan auch nichts sagen können. Sie braucht einen Arzt!“, rief Nora nun doch etwas panisch, was meine Wut wieder aufwallen ließ.
„Nein – ich sie wecken und sie mir dann alles sagen! Sie muss! Ich können nicht mehr länger aushalten!“, kreischte ich und erkannte meine eigene Stimme nicht wieder. Doch dann schoss ein heftiger Schmerz durch meine Schläfe und alles wurde dunkel.
59
Joska stand immer noch zitternd und schnaufend hinter der Tanne, als er plötzlich etwas krachen hörte. Vorsichtig lugte er um den Baum herum und sah Kamil im Innern der Hütte verschwinden. Gerade, als sich Joska auf den Weg zur Hütte machen wollte, kam Kamil wieder heraus! Was hatte das denn zu bedeuten? Joska warf sich kurzerhand hinter den nächsten Busch und schlug mit dem Kopf auf einen Stein. Für ein paar Sekunden war er weggetreten und danach sah er nur noch Sterne. Etwas Feuchtes lief an seiner Schläfe herab und als er darüber strich, sah er zu seinem Entsetzen, dass es Blut war. Ob er sich wohl eine Platzwunde zugezogen hatte? Musste er etwa genäht werden? So eine verdammte Scheiße! Er musste doch weiterhin Kamil observieren, denn er wusste immer noch nicht, ob Nora oder Carmen oder auch beide Frauen hier in dieser Hütte waren. Er war noch zu weit weg, um in diesem Getöse etwas aus der Hütte hören zu können. Vorsichtig lugte er hinter dem Busch hervor, doch Kamil war nicht mehr zu sehen. Ob er nochmals in die Hütte gegangen oder schon wieder abgehauen war? Hatte er ihn, Joska, womöglich hier blutend und bewusstlos liegen sehen und war in Panik davongerannt?
Joska musste Gewissheit haben und so schlich er von Busch zu Busch und von Baum zu Baum bis zur Hütte. Immer bereit, jederzeit hinter einem Gewächs Schutz zu suchen. Doch niemand kam heraus und bisher hatte er
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