Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
Vom Netzwerk:
aber sein Tonfall war völlig nüchtern.
    Mr. Fisher schüttelte den Kopf und wandte sich wieder Jeremiah zu. »Geh und wasch dich«, sagte er grob. Es war ihm peinlich, das merkte ich.
    Susannah blitzte ihn wütend an und ging mit Jeremiah ins Bad. Meine Mutter war schon dabei, die Küchenschränke abzuwischen. Sie hielt die Schultern steif durchgedrückt. »Steven, bring deine Schwester ins Bad«, sagte sie. Ihre Stimme ließ keine Diskussion zu, also packte Steven mich am Arm und nahm mich mit nach oben.
    »Glaubst du, ich krieg Ärger?«, fragte ich Steven.
    Er rubbelte mit nassem Klopapier über mein Gesicht. »Ja. Aber nicht so wie Mr. Fisher. Den wird Mom noch zur Schnecke machen.«
    »Was soll das denn heißen?«
    Steven zuckte mit den Achseln. »Das hab ich mal gehört. Das heißt, dass er der ist, der Ärger kriegt.«
    Als mein Gesicht sauber war, schlichen Steven und ich wieder nach unten. Vom Flur aus hörten wir, wie unsere Mutter und Mr. Fisher stritten. Wir sahen uns mit großen Augen an, als unsere Mutter Mr. Fisher anfuhr: »Manchmal bist du so ein Armleuchter, Adam.«
    Steven hielt mir gerade noch rechtzeitig den Mund zu, sonst hätte ich vor Schreck aufgeschrien. Er zog mich ins Jungenzimmer und machte schnell die Tür hinter uns zu. Seine Augen leuchteten vor Aufregung. Unsere Mutter hatte Mr. Fisher beschimpft!
    »Mom hat Armleuchter zu Mr. Fisher gesagt!«, sagte ich kichernd. Ich konnte mir unter einem Armleuchter nicht wirklich etwas vorstellen, aber irgendwie klang es lustig.
    Es war alles schrecklich aufregend; aufregend, aber auch schrecklich. Noch nie hatte irgendeiner von uns im Sommerhaus Ärger gekriegt, jedenfalls keinen größeren. Das Sommerhaus war eigentlich eine ärgerfreie Zone.
    Im Sommerhaus waren unsere Mütter immer entspannt. Zu Hause konnte Steven sich auf was gefasst machen, wenn er Widerworte gab, aber hier schien sich meine Mutter weniger daran zu stören. Vielleicht hing es damit zusammen, dass wir Kinder in Cousins nicht der Mittelpunkt der Welt waren. Hier war meine Mutter immer mit irgendwelchen anderen Dingen beschäftigt – sie las, sie zeichnete, sie topfte Blumen um, oder sie besuchte Kunstgalerien mit Susannah. Sie war viel zu beschäftigt, um böse zu werden oder sich Sorgen zu machen. Wir hatten nicht ihre volle Aufmerksamkeit.
    Was einerseits gut, andererseits aber auch schlecht war. Gut, weil wir uns Dinge erlauben konnten, die sie uns zu Hause nie hätte durchgehen lassen. Ob wir noch am Strand spielten, obwohl wir längst im Bett liegen sollten, oder ob wir uns doppelte Portionen Nachtisch nahmen, keiner scherte sich darum. Schlecht, weil ich das vage Gefühl hatte, dass Steven und ich hier weniger wichtig waren, dass meine Mutter in Gedanken mit anderem beschäftigt war – mit Erinnerungen, in denen wir nicht vorkamen, einem Leben vor unserer Geburt. Und auch mit jenem geheimen inneren Leben, in dem Steven und ich keinen Platz hatten. Es war genauso, wie wenn sie ohne uns auf Reisen ging – auch dann wusste ich, dass sie uns nicht vermisste und auch nicht viel an uns dachte.
    Ich hasste den Gedanken, aber es war die Wahrheit. Unsere Mütter hatten ein eigenes, ganz von uns getrenntes Leben. Wir Kinder umgekehrt vermutlich auch.

25
    Als Jeremiah und Conrad mit ihren Surfbrettern unterm Arm vom Strand hochschlenderten, kam mir der verrückte Gedanke, ich sollte sie irgendwie warnen. Pfeifen oder so was. Aber zum einen konnte ich nicht pfeifen, und zum anderen war es sowieso schon zu spät.
    Sie schoben ihre Surfbretter unters Haus und kamen die Stufen zur Veranda hoch. Als sie uns da sitzen sahen, erstarrte Conrad schlagartig, und Jeremiah murmelte tonlos »Scheiße!«. Anschließend sagte er »Hey, Dad«. Conrad ging einfach mit großen Schritten an uns vorbei ins Haus.
    Mr. Fisher folgte ihm, und Jeremiah und ich sahen einander kurz an. Er beugte sich zu mir herunter und sagte: »Willst du vielleicht schon mal den Wagen wenden, während ich unsere Sachen hole? Und dann machen wir, dass wir wegkommen?«
    Ich kicherte, hielt mir aber schnell die Hand vor den Mund. Mr. Fisher fände es wohl kaum gut, wenn er mich kichern hörte, schließlich war die Lage ernst. Ich stand auf und zog mein Handtuch bis unter die Achseln hoch. Dann gingen Jeremiah und ich ebenfalls ins Haus.
    Conrad und Mr. Fisher waren in der Küche. Conrad war gerade dabei, sich ein Bier aufzumachen. Seinen Dad würdigte er keines Blickes. »Was zum Teufel wird hier eigentlich

Weitere Kostenlose Bücher