Ohne dich kein Sommer - Roman
hatten.
»Welche Stufe? Puls oder Frappé , was meinst du?«, fragte er mich.
Ich zuckte mit den Schultern. So genau hatte ich auch nicht aufgepasst, wenn Mr. Fisher das Gerät benutzte. »Wahrscheinlich Frappé «, sagte ich. Auf jeden Fall hörte es sich hübsch an.
Also drückte Jeremiah auf die Frappé -Taste, und der Mixer fing an, den Inhalt brummend zu zerkleinern. Aber nur der untere Teil wurde gemixt, also drückte Jeremiah auf Verflüssigen . Das Gerät arbeitete vielleicht eine Minute, dann roch es auf einmal nach verbranntem Gummi, und ich machte mir Sorgen, dass es doch zu viele Eiswürfel waren.
»Wir müssen das Ganze besser verrühren«, sagte ich. »Dann geht’s leichter.«
Ich holte den großen Holzlöffel, nahm den Deckel ab und rührte kräftig um. »Siehst du?«
Ich setzte den Deckel wieder auf, aber vermutlich schloss ich ihn nicht richtig, denn als Jeremiah auf Frappé drückte, war auf einmal alles voller Kool-Aid-Slurpee: wir, die nagelneuen weißen Arbeitsflächen, der Fußboden und Mr. Fishers braune Aktentasche aus Leder.
Entsetzt starrten wir einander an.
»Schnell, die Küchenrolle«, brüllte Jeremiah, während er den Mixer ausstöpselte. Ich bückte mich nach der Aktentasche und wischte sie mit dem unteren Ende meines T-Shirts ab, doch das Leder war bereits klebrig und voller Flecken.
»O Mann«, flüsterte Jeremiah, »er liebt diese Tasche.«
Das stimmte, er liebte sie sehr, vielleicht noch mehr als seinen Mixer. Auf dem Verschluss aus Messing waren sogar seine Initialen eingraviert.
Ich fühlte mich schrecklich. Tränen brannten in meinen Augen. Es war alles meine Schuld. »Es tut mir leid«, sagte ich.
Jeremiah rutschte auf allen vieren herum und wischte den Boden. Kool-Aid lief ihm über die Stirn, als er zu mir aufsah. »Es ist nicht deine Schuld.«
»Doch, ist es«, sagte ich, während ich mich immer weiter abmühte, die Tasche zu trocknen. Das Leder färbte bereits auf mein T-Shirt ab.
»Na ja, irgendwie schon«, gab Jeremiah mir recht. Dann streckte er eine Hand aus, strich mir über die Wange und leckte einen Finger ab. »Aber es schmeckt gut.«
Wir schlitterten noch immer kichernd auf Papiertüchern durch die Küche, als die anderen nach Hause kamen. Sie hatten große Tüten dabei, solche, in denen Hummer verkauft wird, und Steven und Conrad hatten Eiswaffeln.
»Was zum Teufel ist hier los?«, rief Mr. Fisher.
Jeremiah beeilte sich aufzustehen. »Wir wollten bloß –«
Mit zitternden Händen hielt ich Mr. Fisher die Aktenmappe hin. »Es tut mir leid«, flüsterte ich. »Es war ein Unfall.«
Er nahm mir die Mappe ab und musterte das verfleckte Leder. Sein Nacken lief rot an. »Wieso habt ihr meinen Mixer benutzt?«, polterte er los, aber dabei sah er nur Jeremiah an. »Du weißt genau, dass ihr nicht darangehen dürft.«
Jeremiah nickte. »Es tut mir leid.«
»Es war meine Schuld«, sagte ich leise.
»O Belly«, sagte meine Mutter kopfschüttelnd. Sie kniete sich hin und sammelte die durchweichten Papiertücher auf. Susannah war schon losgegangen, um den Wischmopp zu holen.
Mr. Fisher stieß einen tiefen Seufzer aus. »Warum könnt ihr nie hören, wenn ich euch etwas sage? Herr im Himmel – habe ich euch nicht verboten, diesen Mixer zu benutzen?«
Jeremiah biss sich auf die Unterlippe, und an seinem zitternden Kinn sah ich, dass er kurz davor war zu weinen.
»Antworte, wenn ich mit dir rede«, herrschte sein Vater ihn an.
Susannah kam mit den Putzutensilien herein. »Adam, es war ein Unfall. Lass gut sein.« Sie legte einen Arm um Jeremiah.
»Wenn du ihn weiter so verzärtelst, wird er es nie lernen. Dann bleibt er immer ein Baby«, schimpfte Mr. Fisher. »Jere, hab ich euch Kindern verboten, diesen Mixer zu benutzen – ja oder nein?«
Jeremiahs Augen wurden nass. Er zwinkerte heftig, doch er konnte die Tränen nicht aufhalten. Erst kamen einzelne, dann immer mehr. Es war schrecklich. Einerseits litt ich mit Jeremiah und hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich ihm die ganze Sache eingebrockt hatte. Andererseits war ich erleichtert, dass nicht ich diejenige war, die Ärger bekam und vor allen Leuten zu weinen anfing.
In dem Moment sagte Conrad: »Aber, Dad – das hast du nicht.« Sein Gesicht war auf einer Seite mit Schokoladeneis beschmiert.
Mr. Fisher drehte sich zu ihm um und sah ihn an. »Was?«
»Du hast es nie gesagt. Wir wussten schon, dass wir es nicht sollten, aber so richtig klar gesagt hast du es nie.« Conrad sah ängstlich aus,
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