Ohne dich kein Sommer - Roman
wen er eigentlich meinte.
Jeremiah war empört. Er sah kurz zu mir herüber, dann schaute er Conrad wieder an. »Du bist doch bloß eifersüchtig. Gib’s zu.«
»Eifersüchtig?«
»Du bist eifersüchtig, weil Dad und ich uns inzwischen richtig gut verstehen. Es dreht sich nicht mehr alles nur um dich, und das bringt dich um.«
Conrad lachte. Wirklich. Ein bitteres, schreckliches Lachen. »So ein Scheiß!« Er drehte sich zu mir um. »Hast du das gehört, Belly? Jeremiah meint, ich sei eifersüchtig.«
Jeremiah sah mich an, so als wollte er sagen: Halt zu mir, bitte , und ich wusste, in dem Fall würde er mir verzeihen, dass ich ihm nichts von dem Hausverkauf gesagt hatte. Ich hasste Conrad dafür, dass er mich in diese Zwickmühle brachte, dass er mich zu einer Entscheidung zwang. Ich wusste doch selbst nicht, auf wessen Seite ich stand. Beide hatten sie recht, und beide hatten sie unrecht.
Vermutlich brauchte ich zu lange für eine Antwort, denn Jeremiah wandte den Blick von mir ab und sagte: »Du bist so ein Arsch, Conrad. Du bist erst zufrieden, wenn alle sich so mies fühlen wie du.« Damit ging er. Hinter ihm knallte die Haustür ins Schloss.
Mein Gefühl sagte mir, ich sollte ihm nachgehen. Mein Gefühl sagte mir, dass ich ihn im Stich gelassen hatte, als er mich am meisten brauchte.
Da fragte Conrad: »Stimmt das, Belly? Bin ich ein Arsch?« Er versuchte, gleichgültig zu klingen, aber seine Hand zitterte, als er das nächste Bier öffnete.
»Ja«, sagte ich, »das stimmt.«
Ich ging zum Fenster und sah, wie Jeremiah ins Auto stieg. Es war zu spät, um ihm hinterherzurennen; er fuhr schon aus der Einfahrt. Obwohl er so wütend war, hatte er doch daran gedacht, sich anzuschnallen.
»Der kommt zurück«, sagte Conrad.
Ich zögerte, dann sagte ich: »Das vorhin hättest du wirklich nicht sagen sollen.«
»Vielleicht.«
»Und du hättest mich nicht bitten sollen, etwas vor Jeremiah geheim zu halten.«
Conrad zuckte mit den Achseln, so als wäre das Thema für ihn jetzt erledigt, doch dann ging sein Blick wieder zum Fenster, und ich wusste, er machte sich Sorgen. Er warf mir ein Bier zu, und ich fing es auf. Ich zog den Verschluss auf und trank einen großen Schluck. Es schmeckte nicht mal übel. Vielleicht gewöhnte ich mich langsam daran.
Conrad sah mir zu und machte ein komisches Gesicht, als ich das Bier mit einem schmatzenden Geräusch absetzte. »Schmeckt dir anscheinend inzwischen, wie?«
»Geht so«, sagte ich achselzuckend und fühlte mich ausgesprochen erwachsen. Doch dann schob ich hinterher: »Aber Cherry Coke mag ich immer noch lieber.«
Conrad lächelte fast. »Immer noch die alte Belly. Ich wette, wenn man dich sezierte, käme jede Menge weißer Zucker raus.«
»Genau«, sagte ich. »Wie im Sprichwort: Zucker und Lachen und andere süße Sachen , die braucht man, um Mädchen daraus zu machen. «
»Da wäre ich mir bei dir nicht so sicher.«
Danach schwiegen wir wieder eine Weile. Schließlich trank ich noch einen Schluck, schob die Dose zu Conrad hinüber und sagte: »Ich glaube, du hast Jeremiah wirklich sehr verletzt.«
»Der muss endlich mal lernen, der Wahrheit ins Auge zu sehen.«
»Aber ganz so brutal hättest du nicht sein müssen.«
»Wenn hier jemand Jeremiahs Gefühle verletzt hat, dann du.«
Ich machte den Mund auf und schloss ihn wieder. Wenn ich Conrad jetzt fragte, wie er das meinte, dann würde er es mir sagen. Aber ich wollte es nicht hören. Also trank ich mein Bier und fragte nur: »Und was jetzt?«
Doch so leicht ließ Conrad mich nicht vom Haken. »Was jetzt mit dir und Jeremiah? Oder was jetzt mit dir und mir?«
Es war spöttisch gemeint, und ich hasste ihn dafür. Mit glühenden Wangen fragte ich: »Was jetzt mit diesem Haus, meinte ich.«
Er lehnte sich wieder an den Küchentresen. »Im Grunde können wir nichts machen. Ich meine, natürlich kann ich einen Anwalt einschalten, ich bin ja achtzehn. Ich könnte versuchen, die Sache wenigstens hinauszuzögern. Aber ich bezweifle, dass es irgendwas ändern würde. Mein Dad ist stur. Und außerdem geldgierig.«
Zögernd sagte ich: »Ich weiß nicht, ob er es wirklich aus – aus Geldgier macht, Conrad.«
Conrads Gesicht verschloss sich. »Glaub mir, es ist so.«
Meine nächste Frage konnte ich mir nicht verkneifen. »Und was ist jetzt mit dem College?«
»Das ist mir gerade so egal.«
»Aber –«
»Lass gut sein, Belly.« Und damit ging er aus der Küche, öffnete die Schiebetür und trat auf die
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