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Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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wolltest nicht kommen. Ich hätte gewollt, dass du kommst.«
    Er hatte recht. Ich hatte nicht dort sein wollen. Nicht einmal in die Nähe des Hauses hätte ich gewollt. Schon bei dem Gedanken an sie tat mir das Herz weh. Doch die Vorstellung, dass Jeremiah auf einen Anruf von mir gewartet hatte, dass er jemanden zum Reden gebraucht hatte, tat kaum weniger weh. »Du hast recht«, sagte ich. »Ich hätte kommen sollen.«
    Jeremiah war für alle da gewesen – für Conrad, für Susannah, auch für mich. Und wer war für ihn da gewesen? Niemand. Aber jetzt war ich da, und das wollte ich ihm gern zeigen.
    Er sah zum Himmel hoch. »Es ist wirklich schwer, verstehst du? Ich würde so gern über sie sprechen. Aber Conrad weigert sich, mit meinem Dad kann ich nicht sprechen, und du warst auch nicht da. Alle lieben wir sie, und keiner kann über sie sprechen.«
    »Was würdest du denn gern sagen?«
    Er legte den Kopf in den Nacken und dachte nach. »Dass ich sie vermisse. Ich vermisse sie wirklich. Es sind erst zwei Monate, seit sie nicht mehr da ist, aber es kommt mir so viel länger vor. Und gleichzeitig fühlt es sich so an, als wäre es eben erst passiert. Gestern.«
    Ich nickte. Genauso ging es mir auch.
    »Meinst du, sie würde sich freuen?«
    Ich verstand, was er meinte – ob sie sich über Conrad freuen würde, darüber, wie wir ihm geholfen hatten. »Ja.«
    »Ich glaub’s auch«, sagte Jeremiah. Dann zögerte er. »Und jetzt?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine – kommst du wieder? Diesen Sommer?«
    »Ja, sicher. Wenn meine Mom kommt, komme ich mit.«
    Er nickte. »Gut. Denn was mein Dad gesagt hat, das stimmt nicht. Es ist auch dein Haus. Und das von Laure und von Steven. Es gehört uns allen.«
    Plötzlich überkam mich ein total eigenartiges Gefühl. Ich hatte den Wunsch, das Bedürfnis, ihm mit dem Handrücken übers Gesicht zu streichen. Damit er wusste – mehr noch, damit er wirklich fühlte , wie viel mir seine Worte bedeuteten. Worte konnten so schmerzlich ungenügend sein, das wusste ich, trotzdem musste ich es versuchen. »Danke«, sagte ich. »Das bedeutet mir – wirklich viel.«
    »Es ist schlicht die Wahrheit«, sagte er achselzuckend.
    Wir sahen ihn schon von Weitem. Er kam schnell auf uns zu. Wir standen auf, um ihn zu erwarten.
    »Ich finde, das sieht nach guten Nachrichten aus. Was meinst du?«, fragte Jeremiah.
    Mir schien das auch so.
    Mit großen Schritten und leuchtenden Augen kam Conrad auf uns zu. »Ich hab’s gerockt!«, sagte er triumphierend. Es war das erste Mal, seit Susannah gestorben war, dass ich ihn lächeln sah, so richtig froh und sorglos lächeln sah. Er und Jeremiah schlugen so laut ein, dass es weithin hallte. Und dann lächelte Conrad mich an und wirbelte mich so schnell herum, dass ich fast über meine Füße stolperte.
    Ich lachte. »Siehst du? Ich hab’s dir doch gesagt!«
    Conrad hob mich hoch und warf mich über eine Schulter, so als wäre ich federleicht. So wie an jenem Abend. Ich konnte gar nicht aufhören zu lachen, und er lief in großen Schlangenlinien über den Rasen, wie auf dem Footballfeld. »Lass mich runter!«, schrie ich und zog an meinem kurzen Kleid.
    Er tat es tatsächlich. Ganz sanft setzte er mich am Boden ab. »Danke«, sagte er, die Hand noch an meiner Taille. »Danke, dass du gekommen bist.«
    Bitte, gern geschehen, wollte ich sagen, doch in dem Moment kam Jeremiah auf uns zu und sagte: »Du hast noch eine Prüfung, Con.« Seine Stimme klang angespannt, und ich strich mein Kleid glatt.
    Conrad sah auf die Uhr. »Stimmt. Ich mach mich mal auf den Weg. Bei den Psychologen dürfte es schnell gehen. Wir sehen uns so in einer Stunde.«
    Tausend Fragen gingen mir durch den Kopf, als ich ihm hinterhersah. Mir war schwindlig, nicht nur davon, dass Conrad mich so herumgewirbelt hatte.
    Abrupt sagte Jeremiah: »Ich schau mal, wo hier die Klos sind. Wir treffen uns beim Auto.« Er kramte die Schlüssel aus der Tasche und warf sie mir zu.
    »Soll ich nicht lieber hier warten?«, fragte ich, aber er war schon losgegangen.
    Er drehte sich nicht um. »Nein, geh ruhig vor.«
    Statt auf direktem Weg zum Parkplatz zu gehen, machte ich noch einen Abstecher zum Campusladen und kaufte mir eine Cola und ein Kapuzenshirt mit dem Logo des Colleges. BROWN stand in Blockbuchstaben darauf. Obwohl es nicht kalt war, zog ich es über.
    Jeremiah und ich saßen im Auto und hörten Radio. Langsam wurde es dunkel. Die Fenster hatten wir heruntergelassen, und von irgendwoher kam

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