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Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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nicht der Gedanke, der zählte. Worauf es ankam, war die Tat. Wirklich da sein für den anderen. Der gute Wille allein reichte nicht. Nicht für mich. Nicht mehr. Es reichte mir nicht mehr zu wissen, dass er mich liebte, irgendwo in seinem tiefsten Innern. Man musste es dem anderen auch sagen, ihm zeigen, dass er wichtig war. Aber genau das tat er nicht. Nicht genügend.
    Ich spürte, wie er darauf wartete, dass ich protestierte, argumentierte, bettelte. Doch ich tat nichts dergleichen. Ich hatte größte Mühe, den Verschluss der Kette aufzunesteln, es dauerte scheinbar ewig, und das war auch kein Wunder, denn meine Hände zitterten nicht weniger. Endlich hatte ich es geschafft, und ich gab ihm die Kette zurück.
    Einen winzigen Moment lang sah er überrascht aus, doch wie immer verschloss sich seine Miene sofort wieder. Vielleicht hatte ich es mir auch nur eingebildet. Dass ich ihm etwas bedeutete.
    Er schob die Kette in seine Tasche. »Geh jetzt!«, sagte er.
    Als ich mich nicht rührte, sagte er noch einmal, schärfer jetzt: »Geh!«
    Ich war ein Baum, fest angewurzelt. Meine Füße waren wie festgefroren.
    »Geh zu Jeremiah. Er hat dich immer gewollt«, sagte Conrad. »Ich nicht. Noch nie.«
    Jetzt stolperte ich davon.

42
    Ich bin nicht gleich zum Auto zurückgegangen. Vor mir lagen Entscheidungen, zu denen ich nicht fähig war. Wie konnte ich Jeremiah ins Gesicht sehen nach allem, was eben passiert war? Nachdem wir uns geküsst hatten, nachdem ich Conrad hinterhergerannt war? Meine Gedanken fuhren Karussell. Immer wieder berührte ich mit den Fingern meine Lippen. Und dann das Schlüsselbein, wo ich bis eben noch die Kette gespürt hatte. Ziellos lief ich eine Weile über den Campus, doch irgendwann schlug ich doch den Weg zurück zum Auto ein. Was blieb mir auch anderes übrig? Einfach weggehen, ohne jemandem ein Wort zu sagen? Unmöglich. Und ich hätte ja auch keine andere Möglichkeit gehabt, nach Hause zu kommen.
    Conrad ging es vermutlich genauso, denn als ich zum Auto kam, saß er bereits auf dem Rücksitz, bei offenem Fenster. Jeremiah saß auf der Motorhaube. »Hi«, sagte er.
    »Hey.« Ich zögerte, unsicher, wie es jetzt weitergehen sollte. Zum ersten Mal klappte das mit unserer geheimen Gedankenübertragung nicht, ich hatte absolut keine Ahnung, was er gerade dachte. Seine Miene war nicht zu deuten.
    Er rutschte vom Auto. »Bereit zur Heimfahrt?«
    Ich nickte, und er warf mir die Schlüssel zu. »Fahr du«, sagte er.
    Auf der Fahrt ignorierte Conrad mich komplett. Es war, als existierte ich für ihn nicht mehr, und trotz all der Dinge, die ich mir eingeredet hatte, wäre ich am liebsten gestorben. Ich hätte nie kommen dürfen. Jetzt sprach keiner von uns mehr mit den anderen. Ich hatte sie beide verloren.
    Was würde Susannah sagen, wenn sie sähe, in welchem Schlamassel wir steckten? Sie wäre so enttäuscht von mir! Statt zu helfen, hatte ich alles nur noch schlimmer gemacht.
    Gerade als wir dachten, alles werde wieder gut, ging alles in die Brüche.
    Es kam mir vor, als säße ich schon Ewigkeiten am Steuer, als es anfing zu regnen. Erst waren es nur harte kleine Tropfen, doch schon bald goss es in Strömen.
    »Siehst du noch was?«, fragte Jeremiah.
    »Ja«, log ich. In Wirklichkeit sah ich kaum noch etwas. Die Wischer jagten wütend über die Windschutzscheibe.
    Die Autos kamen nur noch im Kriechtempo voran, und irgendwann stockte der Verkehr völlig. Weit vorn sahen wir die Lichter von Polizeiwagen.
    »Da muss ein Unfall passiert sein«, sagte Jeremiah.
    Nachdem wir über eine Stunde lang im Stau festgesessen hatten, fing es auch noch an zu hageln.
    Ich suchte im Rückspiegel nach Conrads Blick, doch seine Miene war ausdruckslos. Er hätte geradeso gut an jedem anderen Ort sein können. »Sollen wir vielleicht runterfahren?«
    »Ja, nimm die nächste Ausfahrt, vielleicht finden wir eine Tankstelle«, sagte Jeremiah mit einem Blick auf die Uhr. Inzwischen war es halb elf.
    Der Regen ließ überhaupt nicht nach. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, so lange standen wir schon auf dem Parkplatz einer Tankstelle. Der Regen trommelte laut aufs Autodach, doch wir drei waren still. So still, dass ich, als mein Magen einmal knurrte, überzeugt war, dass die Jungs es beide gehört hatten. Ich hustete, um das Geräusch zu übertönen.
    Jeremiah sprang aus dem Auto und rannte in den Tankstellenladen. Als er zurückkam, klebten ihm die klatschnassen Haare am Kopf. Ohne mich anzusehen, warf er mir ein Paket

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