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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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ich? Ja, wir kennen uns schon seit Ewigkeiten.«
    »Es ist mir peinlich, aber ich glaube, er hat gestern im Lehrerzimmer gesehen, wie ich etwas in dein Fach gelegt, dann aber wieder herausgenommen habe. Hat er das irgendwie erwähnt?«
    »Na ja, er …«
    »Hab ich mir gleich gedacht. Also, wahrscheinlichwäre es besser gewesen, ich hätte die Notiz nicht wieder herausgeholt, weil du dich dann nicht gefragt hättest, worum es überhaupt ging, und …«
    »Lauren, vergiss es einfach. Alles halb so wild.« Ich wollte es gar nicht so genau wissen; ich hatte schon genug Probleme und war ganz und gar nicht scharf auf zusätzliche Komplikationen.
    »Es war nur eine Einladung. Ich dachte, es wäre vielleicht eine nette Abwechslung für Cynthia und dich, mal einen Abend auf einer kleinen Party zu verbringen. Aber dann kam es mir doch irgendwie aufdringlich vor, verstehst du?«
    »Sehr taktvoll von dir«, sagte ich. »Vielleicht ein andermal.«
    »Nun ja«, sagte Lauren. »Hast du heute Abend schon etwas vor? Survivor sind im Einkaufszentrum an der Post Road und signieren ihr neues Album.«
    »Das habe ich gar nicht mitbekommen«, sagte ich.
    »Ich gehe jedenfalls hin«, sagte sie.
    »Sorry, ich muss passen. Cynthia und ich fahren heute Abend nach New Haven. Wir haben einen Termin bei Deadline . Nichts Großes, nur so eine Art Nachbereitung der ersten Sendung.«
    Im selben Moment bereute ich bereits, überhaupt etwas gesagt zu haben. Lauren lächelte. »Oh, dann musst du mir morgen unbedingt erzählen, wie es war.«
    Ich lächelte zurück und erwiderte, ich müsse dringend zur nächsten Unterrichtsstunde. Und schüttelte unmerklich den Kopf, während ich den Flur hinunterging.

    Wir aßen früh zu Abend, um rechtzeitig in New Haven zu sein. Wir hatten eigentlich vorgehabt, einen Babysitter für Grace zu organisieren, aber die Mädchen, die sonst auf sie aufpassten, waren alle bereits verplant.
    »Ich kann doch auch allein hierbleiben«, sagte Grace.
    »Keine Chance«, sagte ich. »Am besten, du nimmst dir dein Buch über das Universum oder ein paar Hausaufgaben mit.«
    »Ich will aber auch hören, was die Frau sagt.«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte Cynthia, ehe ich dasselbe sagen konnte.
    Inzwischen hatte sich mein Unmut gelegt. Das bevorstehende Treffen mit der Hellseherin machte Cynthia sichtlich nervös. Unter normalen Umständen war es bestimmt amüsant, sich Tarotkarten legen oder die Zukunft voraussagen zu lassen, selbst wenn man nicht an solchen Hokuspokus glaubte. Aber die Umstände waren eben alles andere als normal.
    »Ich soll einen der Schuhkartons mit meinen Erinnerungen mitbringen«, sagte Cynthia.
    »Irgendeinen bestimmten?«
    »Egal. Die Hellseherin hat gesagt, sie muss ihn nur berühren oder ein paar Sachen in die Hand nehmen, um die Verbindung zur Vergangenheit herzustellen.«
    »Aha«, sagte ich. »Und ein Kamerateam ist sicher auch dabei.«
    Cynthia nickte. »Das können wir ihnen wohl schlecht verbieten. Wären wir nicht im Fernsehen gewesen, hätte sie sich nie gemeldet.«
    »Weißt du überhaupt, wie sie heißt?«, fragte ich.
    »Keisha«, sagte Cynthia. »Keisha Ceylon.«
    »Toller Name.«
    »Ich habe im Internet nachgesehen«, sagte Cynthia. »Sie hat eine eigene Website.«
    »Darauf hätte ich gewettet«, sagte ich und lächelte säuerlich.
    »Sei bloß nett zu ihr«, sagte Cynthia.
    Wir saßen bereits im Wagen, und ich wollte gerade die Einfahrt hinuntersetzen, als Cynthia plötzlich herausplatzte: »O nein! Warte! Ich habe den Karton vergessen!«
    Dabei hatte sie ihn extra auf den Küchentisch gestellt, um ihn nicht zu vergessen.
    »Ich geh schon«, sagte ich, doch Cynthia hatte bereits die Schlüssel aus ihrer Handtasche genommen und die Beifahrertür geöffnet.
    »Bin sofort zurück«, sagte sie. Ich sah ihr hinterher, wie sie aufschloss, den Schlüssel stecken ließ und ins Haus ging. Es dauerte und dauerte, jedenfalls blieb sie entschieden länger im Haus, als ich erwartet hätte, doch dann tauchte sie wieder auf, den Schuhkarton unterm Arm. Sie schloss ab und stieg wieder zu uns in den Wagen.
    »Was hat denn so lang gedauert?«, fragte ich.
    »Ich habe noch eine Beruhigungstablette genommen«, sagte sie.
    Im Sendergebäude wurden wir von einem Redakteur empfangen, der die langen Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Er führte uns in ein Studio mit einer Couch, zwei Sesseln, ein paar künstlichen Pflanzen und einer auf heimelig getrimmten Kulisse mit Lattenzaun. Paula Malloy

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