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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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nur schlafen.«
    Die alte Dame presst die Lippen aufeinander, als sie den langen Stängel eines Unkrauts ergreift und überlegt, wo sie ihn abschneiden soll. »Tu das doch einfach. Gleich die Treppe hoch steht ein Bett neben einem Fenster, von dem aus du direkt aufs Meer schauen kannst. Zum Schlafen tut das sehr gut. Aber ich denke, du suchst diesen Doktor, den, der dich von deinem Leiden heilt?«
    »Dr.   X?«, murmle ich. Schlafen, das wäre im Augenblick genau das Richtige. »Ja, eigentlich sollte ich ihn finden. Jedenfalls hat mir das Dulcie gesagt.«
    Die alte Dame schneidet den Stängel ab und das Unkraut geht ein. Sofort sprießt an der Stelle etwas anderes, eine blaue Blume. »Also, du kannst hierbleiben, wenn du magst. Komm von der Straße runter und geh zum Strand. Oder wir können zusammen Waffeln backen. Ich bin verrückt nach Waffeln, du auch?«
    »Waffeln sind gut«, sage ich.
    »In diesem erbärmlichen Krankenhaus hatten sie keine Waffeln, nur diesen verdammt klebrigen Haferbrei«, knurrt sie.
    »Die Sache ist die, dass ich eigentlich die Welt rettensollte, weil sie   … sie gerettet werden muss«, sage ich, aber ich bin furchtbar ausgepowert. »Vielleicht nur ein kurzes Nickerchen.«
    Ich lege den Kopf ins weiche Gras und schlafe ein. Einmal öffne ich die Augen – ich liege wieder in meinem Bett im St. Jude’s und im Fernsehen jagt der Kojote den Roadrunner. Das einschläfernde Summen des Beatmungsgerätes und die Schritte auf dem Flur dringen an mein Ohr. Ich schlummere wieder ein. In meinem Traum jedoch sehe ich Gonzo und Balder im Café, wie sie versuchen, die Feuerriesen und den Großen Abrechner zurückzuschlagen, und ich denke mir:
Ich bin derjenige, der sie in dieses Schlamassel gebracht hat. Ich darf nicht schlafen; ich muss zurück zu ihnen
.
    Ich schrecke aus dem Schlaf hoch. Die alte Dame hegt und pflegt immer noch ihren Garten. »Fühlst du dich besser, Schätzchen?«
    »Ja«, sage ich.
    »Hast du dich wegen der Waffeln entschieden?«, fragt sie, überprüft eine weitere Kletterpflanze und hält mit der Schere einen Augenblick direkt über ihr inne.
    »Ich kann nicht«, sage ich. »Ich muss zu meinen Freunden zurück.«
    Die alte Lady lässt die Pflanze wieder los und widmet sich der nächsten. »Na schön. Dann ein andermal. Oh, Schätzchen, ich hab meine Gießkanne da drüben vergessen. Könntest du sie mir bringen?«
    »Wo?«
    Sie winkt in Richtung der grünen Felder. »Dort draußen. Du findest sie.«
    Ich stapfe durch das hohe Gras und stoppe abrupt, als ich einen Roadrunner sehe. Er steht einfach seelenruhig da und beobachtet mich.
    »Hey«, sage ich und nähere mich Zentimeter für Zentimeter. »Hallo, kleiner Kerl!«
    In dem Augenblick, in dem ich nahe genug bin, um ihn zu berühren, haut der Roadrunner ab. Vielleicht hundert Meter entfernt hält er an und dreht sich zu mir um, als ob er darauf wartet, dass ich ihm folge.
    »Ich komm gleich mit der Kanne zurück!«, rufe ich.
    Die alte Dame singt weiter ihr Lied, irgendetwas über Sandburgen und Ninjas. Ich jage dem Roadrunner hinterher, werde schneller und schneller und strecke die Hand nach seinem Gefieder aus. Meine Finger greifen ins Leere und ich falle hin. Ich bekomme Erde in den Mund, und ich huste, als hätte ich Rauch geschluckt.
     
    »Cameron! Cameron!« Gonzo hält mit einer Hand eine nasse Serviette über seinen Mund und versucht mich mit der anderen unter dem Tisch vorzuziehen. »Los, komm schon,
cabrón
, beweg deinen faulen Arsch!«
    Ich huste ordentlich. Schließlich gehorchen meine Beine wieder, und ich stoße mit so viel Kraft unter dem Tisch hervor, dass ich Gonzo gleich mitreiße.
    »Wo ist Balder?«, schreie ich.
    »Ich weiß nicht!«
    »Ich bin hier!« Der härteste Wikingergartenzwerg der Welt steht auf dem Tresen neben der Kasse und benutzt einen Teller als Schild und ein Steakmesser als Schwert. »Zweifellos hat mir Loki diesen heimtückischen Hexenmeister und seine Drachen auf den Hals gehetzt, um mich zu prüfen«, ruft er. »Keine Angst! Ich würde sie alle töten und ihre Knochen zur Zierde meiner Tafel auf Breidablik verwenden, bevor ich ihnen erlauben würde, dir etwas anzutun, edler Cameron!«
    »
Leb weiter für den nächsten Kampf
, mein Freund«, sage ich, packe ihn und schiebe ihn durch die Tür auf den rauchgeschwängerten Parkplatz. Menschen flüchten und suchen in all dem Chaos einen sicheren Unterschlupf. Der Himmel ist unnatürlich dunkel. Blitze schlagen auf die Wolken ein wie

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