Ohne Ende Leben - Roman
verschränkt die Arme über der Brust.
»Wow. Vielleicht haben sie das auf DVD. Wir fragen sie mal.«
Ich marschiere einen Hang voller Klee und Gras hinunter, auf das Haus zu. Gonzo läuft vor mir und versucht, mir den Weg zu versperren.
»Hör auf damit, Gonz«, sage ich und weiche ihm aus. Er streckt seine Hände aus, bewegt sie wie in einem schlechten Karatefilm. »Ich kann dich da nicht reinlassen, Mann.«
»Soll ich vorausgehen, Cameron? Es wäre mir eine Ehre,an deiner Stelle einer Kettensäge ins Auge zu blicken. Tyr verleiht mir Mut«, sagt Balder.
Sofort schiebt Gonzo Balder nach vorn. »Gute Idee. Balder kann gehen. Er ist unsterblich.«
»Genau. Großartige Idee. Wir schicken einen
Gartenzwerg
, damit er nach Benzin fragt. Ist nicht bös gemeint, Balder.«
Balder nickt. »Schon gut.«
»Gonzo, hör mal. Ich werde an die Tür klopfen und um Hilfe bitten. Du kannst mit mir kommen oder zurückgehen und im Wagen warten. Wie du willst.«
Gonzo zieht sich einen Sprühstoß aus seinem Inhalator rein.
An der Tür miaut eine schwarze Katze zur Begrüßung und schnurrt um meine Beine. »Fang gar nicht erst an«, sage ich zu Gonzo.
»Wahrscheinlich hat sie heute Morgen menschliche Finger verspeist«, flüstert er.
Die Tür öffnet sich und die Katze huscht hinein. Ein kleiner Junge steht da, mit einer Schüssel Cornflakes in der Hand. Er ist vielleicht zehn oder zwölf und trägt eine Brille mit kleinen, runden Gläsern. Sein drahtiges dunkles Haar ist vom Schlafen her noch ganz verstrubbelt.
»Vorsicht, er könnte bewaffnet sein«, sagt Balder mit ausdruckslosem Gesicht.
»Mal sehen, ob du als Wächter über eine Truhe mit Gefrierfleisch endest, Zwergenmann.«
»Hi«, sage ich und ignoriere die beiden. »Unser Wagen ist liegen geblieben, weil der Tank leer ist, und ich wollte fragen, ob deine Eltern uns vielleicht ein bisschen Benzin verkaufen könnten.«
»Ich hab keine Eltern«, sagt der Junge mit hoher, weicherStimme, und die Milch tröpfelt ihm aus den Mundwinkeln übers Kinn. »Ich bin ein Waisenkind.«
»Ist außer dir noch jemand hier? Ein Erwachsener vielleicht?«, frage ich.
Das Kind lässt die Tür offen stehen und wir folgen ihm ins düstere Haus. Im Wohnzimmer läuft der Fernseher. Der Junge lässt sich, Beine über Kreuz, auf einem Sitzsack mit dem aufgenähten Namen ED nieder und widmet sich wieder seinen Flakes und den Zeichentrickfilmen, die über den Bildschirm flimmern. »Sie sind unten im Keller.«
»Oh verdammt, nein«, flüstert Gonzo.
»Wir bleiben nicht hier«, erinnere ich ihn. »Wir holen nur Benzin und verschwinden wieder.«
»Hier geht’s lang.« Balder öffnet die Kellertür, wir steigen im Dunkeln hinunter und folgen einem kurzen, schwach beleuchteten Gang zu einer ziemlich massiv wirkenden Tür aus rostfreiem Stahl. Auf einem Schild neben der Tür steht SIE BETRETEN EINE MAGNETISIERTE ZONE. BITTE ALLE METALLGEGENSTÄNDE ABLEGEN.
Gonzo drückt seinen Inhalator fest an die Brust. »Das ist die Szene im Film, wo ich die Beine in die Hände nehmen würde.«
Wir deponieren alles, was irgendwie metallisch sein könnte, in kleinen Plastiktüten, die auf einem Tisch liegen. Den Inhalator muss ich Gonzo praktisch aus der Hand reißen. Ich kann weder eine Klingel noch etwas Ähnliches sehen, also stoße ich die Tür einfach auf.
»Boah«, sage ich.
»Ganz deiner Meinung«, flüstert Gonzo.
Balder schnauft. »Welch fremdartige neue Welt ist das?«
Wir befinden uns in etwas, das der weltgrößte MegaMart sein könnte, nur dass die Regale statt mit T-Shirts aus Fernostund Plastikschrottspielzeug mit langen blauen und roten Röhren gefüllt sind, die so groß sind wie die Tunnels von Wasserrutschen. Die Röhren sind mit einem labyrinthischen Gewirr von Kabeln, Dingsdas, Robotertechnik und Computern verbunden. Der Raum scheint sich zwanzig Meter in die Höhe zu strecken, und es gibt genügend Megawatt an Licht, um das Beleuchtungssystem einer Raumstation neidisch zu machen.
Genau in der Mitte befindet sich ein meilenlanges Tunnelrohr, das von Metallträgern gestützt wird, die sich nach allen Seiten ausbreiten. Und im Zentrum davon ist eine seltsame Tür, die mich an eine Kreuzung aus Muschelschale und Windrädchen erinnert. Zwei Männer und eine Frau in weißen Laborkitteln und mit Schutzbrillen stehen um einen Tisch. Ein dritter Mann ist an einem Stuhl festgeschnallt. Sein Kopf wird von einem Stahlband gehalten.
»Wenn ich die Typen seh, hab ich das Gefühl, die
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