Ohne Ende Leben - Roman
Universum getragen und hat dabei gelacht.
»Was?« Der Große Abrechner sieht mich seltsam an. Das Schwert baumelt an seiner Seite.
Nichts hat Bedeutung, es sei denn, wir geben den Dingen eine. Wir schaffen unsere eigene Wirklichkeit. Damit kann ich leben.
»Ich sagte: ›Fang mich doch, wenn du kannst.‹«
Mit diesen Worten springe ich auf, renne so schnell wie ein Roadrunner Richtung Korridor und öffne die erste Tür, die ich sehe.
KAPITEL EINUNDFÜNFZIG
In dem Kojote und Roadrunner ein letztes Mal aufeinandertreffen
Auf der anderen Seite der Tür ist es still. Das Licht des Tages strömt in den Raum und lässt sich in strahlenden Flecken auf einer anheimelnden grün geblümten Tapete nieder. Ich stehe in unserer alten Küche und sehe mir selbst als Achtjährigem zu, wie ich am Tisch sitze, zuckersüße Cornflakes esse und dabei einen Comic lese. Mom kommt dazu, mit ihrer Kaffeetasse in der Hand. Sie sieht jung aus. Und glücklich. Sie fährt mir mit der Hand über den Kopf und glättet mein Haar. Ich rubble es wieder zurück in die alte Unordnung.
»Ich lieb dich, mein Krümelmonster«, sagt sie.
»Bin kein Krümelmonster. Bring meine Haare nicht durcheinander«, brummle ich unwillig, aber Mom lacht.
»Du bist ein Krümelmonster, aber du bist
mein
Krümelmonster.« Sie sitzt mit ihrer Zeitung neben mir, und da sind wir also, lesen und futtern und schlabbern. Ich möchte ihr gern sagen, dass sie eine gute Mom ist. Dass ich ihr Krümelmonster
bin
und dass ich’s gerne bin.
Der Große Abrechner tritt aus dem Bad neben der Küche. Ich weiß nicht, wie er dorthin gekommen ist. »Hey, Mann«, sagt er und grinst. »Netter Augenblick, hä? Obwohl, was war das eben mit deinem Haar? Das war wohl irgendwie das pubertierende Mädchen in dir, wenn ich das mal so sagen darf.«
Er fuchtelt mit seinem Schwert bedrohlich in der Gegend herum, und ich flitze durch die Tür zurück in einen langen, weißen Gang, in dem alle Türen wie vibrierende Saiten aussehen. Ich probiere die nächste Tür und bin in Dads Büro. Dad sitzt an seinem Schreibtisch, über irgendwelche Papiere gebeugt. Raina schreitet im Zimmer auf und ab. Beide sehen sich nicht an. Raina erzählt Dad etwas über einen Typen, den sie bei einem Konzert getroffen hat. Sie sagt, er wolle sich mit ihr verabreden, und Dad sagt ihr, sie solle das tun. Raina sieht ein bisschen gekränkt aus. Sie sagt: »Vielleicht mach ich es wirklich.« Und Dad sagt: »Ich glaube, du solltest.« Für eine Minute herrscht Ruhe im Raum und dann sagt Dad: »Also, hier hat sich noch ne Menge Papierkram angesammelt, den ich erledigen muss.« Raina sagt: »Klar.« Und das war’s. Sie ist verschwunden. Ich weiß nicht, ob das etwas ist, was in der Zukunft passieren wird, oder ob es gerade geschieht oder nie geschehen wird. Schwer zu sagen.
»Cam-er-on! Wo bist du, du gerissener kleiner Roadrunner?« Der Abrechner ist mir dicht auf den Fersen. Ich springe zurück in den Flur und verschwinde hinter einer anderen Tür.
Ich sitze im Publikum irgendeiner T V-Show . Staci Johnson steht auf der Fernsehbühne, vorne in der Mitte, und trägt einen wirklich heißen Fummel, und ich denke mir:
Boah, ich hab mit ihr geschlafen
. Oder vielleicht hat sie mit mir geschlafen. Sie liest ihren Text vom Teleprompter ab. »Wird Freedom LaToya es heute Abend in
The Hostess
schaffen? Was passiert, wenn das Reservierungsbuch verloren geht …?«
»Mann, die sieht ziemlich heiß aus.« Der Abrechner sitzt in der Reihe hinter mir.
»Hör auf, mich zu jagen!«, rufe ich.
Er zuckt mit den Schultern. Ich haue wieder ab, Tür auf, Tür zu. Ich renne an der
Small World -Bahn
vorbei.
»Oh mein Gott!«, kreischt eine Dame. »Ein kleiner Junge ist ertrunken! Er ist einfach aus dem Boot gesprungen!«
Als ich die nächste Tür öffne, bin ich in irgendeinem Hinterhof. Schaukel. Spielzeug. Ein kleines Mädchen wackelt hinüber zu einem Gartenzwerg und pocht mit den pummeligen Händchen an seinen Kopf. »Cameron, komm hierher!«, ruft seine Mom und breitet ihre Arme aus. Es ist Jenna. Jenna ist eine Mom.
»Miep-miep!«,
spottet der Große Abrechner und ich stürze wieder in den endlosen Korridor. Er kommt aus einer Tür vor mir wieder raus. »Reingefallen!«, sagt er und winkt mit seinen Gespensterfingern.
»Hör auf damit – du machst mich krank!«, brülle ich, verschwinde durch eine Tür, die sich von den anderen unterscheidet, und finde mich, im Tarnanzug und mit einer Pistole in der Hand, in einer
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