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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Augenblick ballen sich Chets Hände in den Handschuhen zu Fäusten, bevor sie sich wieder entspannen. »Weil ich Jesus Christus in mein Herz und in mein Leben gelassen habe. Und ich weiß, dass das, was mir passiert ist, kein Zufall war. Gott hat Größeres mit mir vor und daran muss ich glauben.«
    Die Frage rutscht mir einfach so aus dem Mund, ohne dass ich darüber hätte nachdenken können. »Und was, wenn nicht Gottes Wille dahintersteckt, Chet?«
    »Tut er aber. Ich weiß das.«
    »Nein, Chet, was ist, wenn das einfach ein Scheißzufall war, was dir passiert ist? Was ist, wenn’s nur Pech war, so was Zufälliges wie das Flügelschlagen eines Schmetterlings in Südamerika, der deinen Wirbelbruch ausgelöst hat? Was ist, wenn’s überhaupt keinen göttlichen Plan gibt und wir total auf uns selbst gestellt sind?« Ich weiß nicht, was für eine Antwort ich hören will oder ob es überhaupt eine Antwort gibt. »Hast du jemals darüber nachgedacht, Chet?«
    »Nein. Nein, hab ich nicht«, sagt er selbstgewiss. »Und du tust mir leid, wenn du so tickst.«
    Ja
, denke ich und verschließe meine Augen vor den Chet Kings dieser Welt.
Ich tu mir auch leid.
    Tag Soundso
    Das Husten auf der anderen Seite des Flurs hat aufgehört.
    Etwas später
    Hey, Cameron. Pssst. Wach auf!
    Nein. Nicht aufwachen. Schlafen. Müde.
    Caaaammerrrronnnn! Komm schon. Wir müssen reden. Es gibt viel zu tun, okay?
    In meinem Kopf nimmt sie Gestalt an. Ein schmales feenhaftes Gesicht mit diesem breiten, vollen Mund. Ihr Haar ist kurz und stachelig. Pink. Und, jawoll, die Flügel sind ausgebreitet. Mit Farbspray sind Schablonenmuster der Buddhakuh draufgesprüht.
    Schau mal
, sagt sie.
    Sie knipst einen Schalter auf ihrem Brustharnisch an, und die Buddhakühe auf den Flügeln schweben rauf und runter, wie auf einer behämmerten digitalen Werbetafel.
    Cool, was?
    Wer
bist
du?, frage ich.
    Warum findest du das nicht selbst heraus?
    Wie?
    Sie legt die Hände an ihren Mund, als ob sie laut rufen wollte. Stattdessen flüstert sie.
Wach auf.
    Noch etwas später
    Ich kann nicht schlafen. Jedes Mal, wenn ich wegdöse, denke ich an die alte Lady, Mrs M, und an das, was sie gesagt hat. Falls sie es gesagt hat. Vielleicht habe ich es nur geträumt.
    Mein Kopf tut weh. Meine Lungen tun weh. Die Arme. Die Beine. Alles.
    Ich schalte den Fernseher an, damit die Zeit vergeht. Immer die gleiche Scheiße auf
YA! TV
. Irgendeine Show namens
Drinnen, Draußen & Dahinter   – Blick auf die Musik
. Als Gast: Parker Day. Er hat sich mit seinem »seriösen Outfit«aufgebrezelt: schwarze Hose, schwarzer Rollkragenpulli, schwarze Nerd-Brille, obwohl das Arschloch sicherlich gar keine braucht. Sie haben ihn sogar in irgendeiner düsteren, windgepeitschten Heidelandschaft aufgenommen, um ihm diese gewisse Tragik zu verleihen.
    »Ihr kennt die Geschichte der
Copenhagen Interpretation
, es sei denn, ihr wart in einer Zeitschleife«, sagt Parker, als sie zum Voice-Over übergehen und ihn kommentieren lassen. »Aufgewachsen in einem Fischerdorf der Inuit und zum musikalischen Weltruhm gelangt, lebten die Mitglieder der
Copenhagen Interpretation
ihren Traum als Musiker und Botschafter des Weltfriedens. Die Veröffentlichung ihres Debütalbums,
Small World
, brachte sie ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Bald darauf folgte ihr Meisterwerk
Words for Snow
. Viele behaupten, die Schwingungen ihrer Musik erzeugten ein Wohlgefühl, ja sogar Euphorie, und ihre Konzerte beförderten harmonische Stimmungen. Wie Leadsänger Thule sagte: ›Was ist so schwer daran, freundlich zu sein?‹ CI tourte mit ihrem allgegenwärtigen Dolmetscher« – man sieht einen Typen im Hawaiihemd am Mikrofon – »durch die Welt und die Welt war nicht mehr dieselbe wie vorher.«
    Eine schnell geschnittene Bildmontage flackert über den Bildschirm, untermalt von einem Soundtrack der
Copenhagen Interpretation
: eine vernebelte Aufnahme der vier Bandmitglieder, von Kopf bis Fuß eingehüllt in schwere Mäntel und Kapuzen, wie Polarforscher; dann ein anderes Nebelbild von ihnen, in demselben Outfit, wie sie auf einem Festival spielen, und noch ein verschwommenes Foto der Musiker im Schnee.
    »Und dann, eines Tages, auf der Höhe ihres Ruhms«, Parkers Stimme fährt fort, als der Bildschirm langsam schwarzwird, »waren sie einfach   … weg. Mitten im großen Benefizkonzert für Frieden und gegen Krieg und Barbarei verschwanden sie einfach. Waren sie die Opfer eines falschen Spiels? Waren sie des Ruhmes

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