Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
Vom Netzwerk:
dass ich die Aknecreme auf seinem Kinn sehen kann. »Du hast heute vielen Menschen Leid zugefügt, Cameron. Und jetzt wirst du dafür bezahlen müssen.«
    »Was ist, wenn das meiner Glückseligkeit Leid zufügt?«
    »Da denkst du ein bisschen zu spät dran. Mein Freund.«
    »Okay. Ich hau ab. Verstehst du? Ich werd einfach verschwinden und nie mehr zurückkommen.«
    Ruth schlägt mich noch einmal mit dem Buch, so fest, dass, ich könnte schwören, auf meiner Backe
Beowulf
gedruckt steht. »Au, hör auf damit!«
    »Nein, Cameron«, sagt Daniel und tritt zurück. »Dein völliger Mangel an Glückseligkeit bedroht unser Glück. Wie Krebs. Und du weißt, was man mit Krebs machen muss?«
    »Hoffen, dass er verschwindet?«
    Ruth kommt näher, und ich zucke zusammen, aber dieses Mal rücken mir die fünfhundert Jahre der am wenigsten spannenden Weltliteratur nicht auf den Pelz.
    »Nein. Wir müssen den Krebs herausschneiden, damitdie guten Zellen weiterwachsen können.« Daniel wendet sich an das Kommando. »Stellt ihn auf die Füße. Ihr trefft mich in der Kirche. Wir gehen bowlen.«
     
    Zehn Minuten später werde ich – je zwei KIGSNA B-Tarnanzugtypen zur Linken und zur Rechten, halb geschleppt und halb getragen – in die rammelvolle Kirche der Immerwährenden Glückseligkeit und Snack ’n’ Bowl gebracht, um mein Urteil zu empfangen. Die Kirchenband spielt eine flotte Melodie im leichten Rock-Pop-Rhythmus. Mein Kopf tut noch von Daniels Hieb mit dem Revolver weh, aber ich glaube, sie singen was über Glückseligkeit und dass sie nur den rechtschaffenen Menschen gehört.
    Daniel bahnt sich einen Weg durch die Menschenmenge, die Musik erstirbt in einem kleinen Rückkoppeleffekt und dann herrscht Stille. Er steht an Bahn Nummer sieben, direkt unter dem Großbildschirm, der sonst die tanzenden Kegel zeigt, wenn man einen Strike erzielt hat. Die Kegel sagen gewöhnlich Dinge wie:
Wow, du bist fantastisch
und
Das Universum liebt Gewinner, also muss dich das Universum wirklich lieben!
Aber heute bleibt der Bildschirm schwarz. Ich stelle mir vor, dass die Kegel alles über mich und das Bibliotheksmädchen und die angebliche Revolution gehört haben und sie mir nun mit finsterem Blick den Stinkefinger zeigen und Folterwerkzeuge zusammentragen.
    Daniel streckt die Hände wie ein Prediger aus. »Meine Freunde, ich möchte euch mitteilen, dass der Mixer repariert ist.«
    Die Kirchenwände erzittern vom Applaus, von bewundernden Pfiffen und Juhu-Rufen.
    »Ich möchte euch ebenso wissen lassen, dass, obwohl Cameron unserer Glückseligkeit Leid zugefügt hat, er seinereigenen Glückseligkeit noch bedeutend mehr geschadet hat. Das geschieht, wenn Menschen nicht das Positive umarmen. Aber werden wir zulassen, dass Cameron sich selbst enttäuscht?«
    »Nein!«, schreit die KIGSNA B-Gemeinde .
    »Richtig. Cameron ist Teil unserer Besonderheit, und wir werden beweisen, dass unser Weg der richtige Weg ist, der einzige Weg. Das Universum will, dass Cameron glücklich ist, und alles, was er für die Vergebung seiner Sünden tun muss, ist zu bowlen.«
    Daniel drückt auf den Knopf, die Ballmaschine setzt sich rumpelnd in Gang. Meine Lieblingskugel, die lilane mit dem wirklich strahlenden Glanz, rollt in meine Hand und wartet.
    »Daniel   …«, beginne ich, aber er drückt meine Hand fest um die Kugel und grinst mit eingefrorener Miene.
    »Heb sie hoch, Cameron. Kreuzritter, feuern wir unseren Not leidenden Freund ein bisschen an.«
    Die Band fängt an zu spielen. Ruth schlägt ein Tamburin. Ich möchte wirklich nicht angeben, aber mein Tamburinsolo lässt ihres uralt aussehen. Für eine halbe Sekunde ziehe ich in Betracht hierzubleiben. Vielleicht könnte ich diesen Zustand der Glückseligkeit wiedererlangen. Vielleicht könnte ich hierbleiben, die Regeln beachten und immer in Sicherheit sein. Aber so schnell dieser Gedanke in mein Hirn schießt, so schnell taucht ein anderer auf und verschlingt den ersten wie ein Haifisch. »Scheiß drauf«, rülpst er.
    »Wird schon schiefgehen.« Meine Finger schlüpfen in die Löcher dieser lilafarbenen Schönheit; ich hole aus und werfe die Kugel auf die Bahn, wo sie mitten auf den polierten Boden hinuntersegelt, wie sie es auf dem Weg zum perfekten Strike immer getan hat. Aber dann kommt die Kugelvom Kurs ab. Sie driftet auf die Rinne zu wie jedes Mal. Anstatt jedoch wieder auf die Bahn zurückzuflitzen, fällt sie mit lautem Rumpeln in die Deppenmulde und verschwindet. Kein einziger Kegel fällt.

Weitere Kostenlose Bücher