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Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)

Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)

Titel: Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hyun
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solle.
    Ji-won und ich gingen in eine andere Apotheke, wo wir als Chinesen und Industriespione willkommen waren, wo die harte Währung unsere Herkunft in den Hintergrund rückte.
    Dieses Erlebnis stimmte mich nachdenklich – ich stellte mir die Frage, wie man den Menschen vermitteln kann, dass nicht überall, wo China draufsteht, auch China drin ist.

EINBÜRGERUNGSTEST
    I n Deutschland finden rund 70.000 Briefe und 2.000 Päckchen täglich ihren Adressaten nicht. Bei den Wahlberechtigungen, die kurz vor den Wahlen per Post zugeschickt werden, ist es anders, sie verschwinden komischerweise nur in den wenigsten Fällen im Nirwana. Trotz der steigenden Zahl untypischer deutscher Nachnamen, lassen sich die Postboten nicht beirren. Denn nicht der Name zählt, sondern die Adresse. Auch in unserem Briefkasten daheim fanden wir termingerecht fünf Wahlberechtigungen vor. Diese tristen Briefe in traurigem Grau machen schon den Anschein, dass dort nicht viel zu holen ist, vermutlich ist das auch einer der Gründe, weshalb alle Briefe ihren Empfänger erreichen. Seit unserer kollektiven Einbürgerung 1993 fanden die Wahlberechtigungsbriefe immer zu uns nach Hause.
    Vater nimmt seine Pflichten als deutscher Staatsbürger sehr ernst. Ein Bekenntnis zur deutschen Werteordnung von Vater bestand darin, mir auf Koreanisch zu erklären: »In Deutschland musst du deutsche Autos kaufen!« Er traute den koreanischen Autos nicht über den Weg, so wie der koreanischen Politik.
    Neuer Pass, neues Glück, muss er sich gedacht haben, nachdem er in seiner alten Heimat nur schlechte Erfahrungen mit der Politik gemacht hatte. Als Inhaber eines koreanischen Passes hatte Vater nicht viel übrig für die Politik, weil die Menschen am Ende immer enttäuscht seien.
    Mit 25 Jahren hatte ich meinen Master of Arts in International Relations von der Universität Kent at Canterbury in der Tasche. Ich war voller Hoffnung, dass mich meine zwei akademischen Grade in Politikwissenschaften aus zwei verschiedenen Ländern im Leben weiterbringen würden. Vater machte sich Sorgen, weil er mit Politikwissenschaften nur eine brotlose Zunft verband und Politiker als Taugenichtse sah, die außer ihren rhetorischen Fähigkeiten, mit denen sie die Menschen hinters Licht führten, nichts vorzuweisen hätten. Mit dem deutschen Pass und dem Neuanfang in dem schon lange zur Heimat gewordenen Land wollte Vater auch den deutschen Politikern eine neue Chance geben und fortan als treuer Wahlgänger seinen kleinen Beitrag dazu leisten. Mittlerweile hat Vater so etwas wie eine Neigung zur Politik entwickelt. Seitdem Vater mich als Politologen akzeptiert, schaut er sich regelmäßig die »Tagesthemen« an, und geschichtliche Dokumentationsfilme auf Arte und Phoenix gehören zu seinem Tagesablauf dazu.
    Ich wurde zwar nie dazu aufgefordert, aber Vater redete mir dank seines Pflichtbewusstseins als deutscher Staatsbürger ins Gewissen, und so beschloss ich, den Einbürgerungstest online nachzuholen. Mir wurde die Staatsbürgerschaft geschenkt, weil ich hier geboren wurde und lange genug hier lebte. Das erschien mir aber wie ein Trostpreis oder, schlimmer noch, wie ein Werbegeschenk. So eine einfache Anerkennung, ohne eine wirkliche Leistung erbracht zu haben, grenzte fast schon an eine Beleidigung meiner Intelligenz. Ich wollte mich der Herausforderung stellen und mir den roten Pass in B7-Format und mit Bundesadler verdienen. Beim Einbürgerungstest müssen 17 von 33 Fragen richtig beantwortet werden, um die Prüfung erfolgreich zu absolvieren. In rund zehn Minuten schaffte ich es, von den 33 Fragen 32 richtig zu beantworten, ohne einen Tropfen Schweiß zu verlieren. Nur über die Frage, ob in Deutschland jeder über gleich viel Geld verfügen sollte, stolperte ich. Mein Gefühl wurde jedoch bestätigt, dass ich durch und durch ein wahrer Deutscher bin. Und weil ich schon dabei war, wollte ich noch gleich den Einbürgerungstest für Österreich machen, nicht aus Loyalitätskonflikten, sondern aus Spaß an den Einbürgerungspuzzlespielen. Doch schnell fand ich heraus, dass ich als Österreicher nichts taugte.
    Mit der Wahlberechtigung in der Hand ging unsere Familie stets geschlossen zum Wahllokal. Wir gehörten zu den rund acht Millionen Deutschen mit Migrationshintergrund, die wahlberechtigt waren. Sogar unsere Collie-Hündin musste mit. Die Abgabe des Stimmzettels war für uns spektakulär, auch wenn die Mitarbeiter an der Wahlurne uns erstaunte Blicke zuwarfen, wenn gleich

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