Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)
fünf Koreaner samt Hund vor ihnen auftauchten.
Ich weiß nicht genau, was es ist, aber alle vier oder fünf Jahre bei den Bundestags- und Landtagswahlen erfreuen wir uns daran, erinnert zu werden, welche Staatsangehörigkeit wir haben. Nach den Wahlen gerät unsere Zugehörigkeit ein wenig in Vergessenheit, vor allem bei unseren deutschen Landsmännern. Es ist diese Ungläubigkeit, die mir entgegenschlägt, etwa wenn ich mich bei der Einreise nach Deutschland in die Reihe der EU-Bürger einordne. Doch lasse ich mich davon nicht beirren.
Auf die Frage, ob er Deutschland liebe, hat der dritte Bundespräsident Gustav Heinemann einmal gesagt: »Ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau.« Das kann ich gut verstehen.
TIERSCHUTZ, AMNESTY UND OPTISCHE TÄUSCHUNG
E s vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an diesen Informationsständen vorbeigehe, die sich für Tierschutz, Umwelt oder Menschenrechte einsetzen. Allein an der S-Bahn-Haltestelle Warschauer Straße sind mit WWF und aktion tier zwei Tierschutzorganisationen vertreten. Die Stände werden von einer Handvoll Außendienstmitarbeiter der Organisationen betreut, die mit großem Tatendrang Passanten ansprechen, um sie über ihre Arbeit aufzuklären und von einer Mitgliedschaft zu überzeugen. In Zeiten klammer Kassen und Hartz IV kämpfen auch die NGOs um jeden Euro.
Dabei sind ihnen alle Mittel recht, auch die Waffen der Frauen. Vor allem bei den Tierschutzorganisationen an der Warschauer Straße, am Mehringdamm, an der Frankfurter Allee oder am Alex fiel mir auf, dass sie äußerst attraktive Mitarbeiterinnen einsetzen, die gezielt junge und einsam aussehende Männer ansprechen. Den einsamen Männern konnte ich vom Gesicht ablesen, dass sie sich geschmeichelt fühlten, wenn sie von einer netten Dame in ein Gespräch verwickelt wurden. Wahrscheinlich passierte es den einsamen Männern zum ersten Mal, dass die Frau den ersten Schritt wagte und nicht umgekehrt. Natürlich mussten die Männer eigentlich wissen, dass nicht sie, sondern ein rein wirtschaftliches Interesse im Vordergrund stand. Ihre Augen verrieten mir etwas anderes.
Kurioserweise wurde ich in meinen Jahren in Berlin noch nie von einer hübschen Mitarbeiterin für eine Mitgliedschaft für eine Tierschutzorganisation angeworben, obwohl ich förmlich darauf brannte, alles Tierleben in Berlin zu retten. Bislang waren es ausschließlich religiöse Unternehmen, die um meine Gunst buhlten. Am Zoologischen Garten wurde ich von einer Scientologin angesprochen, die einen kostenlosen Stresstest an mir durchführen wollte. Am Alexanderplatz waren es die etwas reiferen Damen von den Zeugen Jehovas, die mir eine Lektüre zum Lesen gratis mitgeben wollten, und in Seoul sprach mich einer von Hare Krishna an. Ich meinte zu der Scientologin, falls sie einen Tanzkurs anböten, bei dem ich lernte, die Hüften so zu schwingen wie John Travolta, würden sie von mir hören.
Es hätte mir eigentlich egal sein können, dass die Tierschutzorganisationen kein sonderliches Interesse an meiner Mitgliedschaft hatten. Doch als Hobbyanthropologe, Politologe und Gelegenheitssoziologe interessierte mich das Anwerbeverfahren der Organisationen. Vor allem aber wollte ich wissen, welche Typen von Männern die Mitarbeiterinnen ansprachen. Ich hatte eine Vermutung, die bei näherem Beobachten bestätigt wurde. Die größtenteils einheimischen Mitarbeiterinnen bevorzugten nahezu immer jene Männer, die ihnen optisch glichen.
Erst vor kurzem hat auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ihre Zelte an der Warschauer Straße aufgeschlagen. Ich ging extra langsam an ihrem Stand vorbei, im festen Glauben an die Menschenrechte und dass meine Stunde der Mitgliedschaft von Amnesty gekommen sei. Mein Portemonnaie und ich waren bereit, Euros für Menschenrechte auszugeben. Doch keiner kam auf mich zu. Da alle guten Dinge drei sind, versuchte ich es erneut. Aber auch beim zweiten und dritten Anlauf gab es keine Reaktion. Die Mitarbeiterinnen in den gelben T-Shirts waren auf die Männer fixiert, die ihnen glichen. Also ging ich zum Informationsstand zurück. Ich erklärte der Amnesty-International-Mitarbeiterin, dass es die Chinesen seien, die die Menschenrechte so lax handhabten und versuchte, sie davon zu überzeugen, dass ich kein Freund des Kannibalismus sei. Das Mädchen schaute mich verdutzt an. Dann sagte es, die Annahme, dass ich ein Tourist sei, hätte eben nahegelegen, weil ich mit einem Rucksack unterwegs sei.
Ich
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