Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)
demonstrieren, dass sich der menschliche Körper durch die engsten Löcher pressen kann, wenn nur der Wille stark genug ist. Vielleicht bekommt man jetzt ein falsches Bild von mir, vor allem, wenn man etwas über die Geschichte zwischen Japan und Korea weiß. Aber ich versichere, dass ich keinerlei Rachegefühle gegenüber meinem japanischen Freund Taka hatte für die Grausamkeiten, die Japan Korea angetan hatte – wie koreanische Frauen als Sexsklaven zu nutzen, die Dokdo-Insel für sich zu beanspruchen, Geschichtsfälschung zu betreiben, die Kriegsschreine zu besuchen und Koreaner in Japan zu diskriminieren, obwohl sie zum Teil schon in der dritten Generation dort leben. Da bin ich ganz Profi, da doch solche Kleinigkeiten einer Freundschaft nicht im Wege stehen sollten. Taka und ich sind noch heute befreundet.
Jedenfalls motivierten wir Taka, sich in die Trommel einer handelsüblichen Waschmaschine zu zwängen. Auch in ein herkömmliches Waschbecken passte er hinein. Probieren geht nun mal über studieren – und wenn sich meine japanischen Freunde als Probanden zur Verfügung stellten, umso besser. Ausgerüstet mit diesem Allgemeinwissen war ich mir sicher, dass selbst Taka, allem herkulischen Willen zum Trotz, nicht durch die winzigen Fensterluken des Bundestages gepasst hätte.
Für die blühenden Phantasien der Verwaltungsdame habe ich dennoch Verständnis. Vielleicht war sie eine ehemalige Bedienstete des Staatssicherheitsdienstes? Dann musste ihr ein großes Repertoire bekannt sein, was die Flucht durch abnorme Bereiche anbelangt. Die Dame konnte sich wohl in ihren kühnsten Post-DDR-Träumen nicht vorstellen, dass ausgerechnet ein Asiate durch »ihre« heiligen Hallen der deutsch-deutschen Politik herumirren sollte, als wäre er deren rechtmäßiger Besitzer.
Als höflicher Mensch blieb ich vor der Dame stehen, die immer noch in befehlshaberischer Haltung etwas apathisch dastand, als wäre sie Gregor Gysi persönlich. Ich blickte in ihre lieblosen, ostdeutschen Äuglein und sagte in meiner niederrheinischen Art: »Wissen Sie, es ist halt schwer, mit einem Gürtel voller Bomben um den Bauch geschnallt durch den Haupteingang zu kommen!«
Ihre Miene verhärtete sich wie bei Günter Guillaume, als seine Deckung aufflog. Sie machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter, als wäre die Mauer just an diesem Tage gefallen.
Dann ging ich meines Weges, setzte jenes Lachen auf, wofür wir Asiaten weltweit Berühmtheit erlangt haben, fasste mit schnellen Bewegungen an meinen Bauch, wie ich es bei den Hamas-Mitgliedern im Fernsehen gesehen hatte, und blickte nie wieder zurück.
Diese Erfahrung machte mir wieder einmal eines deutlich: Es bringt nichts als Ärger ein, wenn man als Migrant versucht, sich auf der Einheimischen allerheiligstem Terrain zu betätigen.
MCDONALD’S IST EINFACH GUT
H err Heinen?! Ihr Name hört sich niederländisch an?«, sagte der Referatsleiter aus dem Ministerium am Telefon.
»Könnte man fast annehmen! Mein Name spricht sich allerdings Hee-yon aus und nicht Heinen, ähnlich wie die koreanische Automarke Hyundai«, entgegnete ich.
»Gut. Herr Martinsen! Merke ich mir!«, antwortete der Beamte und legte auf.
Mein exotisches Hyun ist allemal besser als das einheimische Hirtler oder Hiller, dachte ich bei mir. In einem Aufzug irgendwo im bunten Wedding hatte ich ein verunstaltetes Werbeplakat eines Juristen namens Walter Hiller entdeckt. Juristen gibt es wirklich wie Sand am Meer, da muss man sich schon einiges einfallen lassen, um hervorzustechen. Irgendjemand hatte sich einen Spaß erlaubt und aus dem ersten l im Nachnamen ein t gemacht.
Ich habe es normalerweise aufgegeben zu erklären, wie man meinen Namen richtig ausspricht oder schreibt. Heinen, Martinsen, Toyota Corolla oder Hudson, niederländisch, bayerisch, japanische Automarke oder norwegisch – welchen Unterschied macht das schon in einer globalisierten Welt? Man muss sich den Gegebenheiten anpassen, denn wie Bruce Lee einmal sagte: »Sei Wasser, mein Freund!« Als ich meinem Freund Felix davon erzählte, schlug er mir vor, ich solle mir ein Pseudonym zulegen, das bereits einen hohen Bekanntheitsgrad habe, wie etwa Jet Li oder Bruce Lee, denn schließlich gebe es nicht nur einen Jet Li oder Bruce Lee auf dieser Welt. Die Menschen hätten bei diesen Namen sofort Bilder im Kopf und könnten etwas damit anfangen, versuchte Felix, mir seine Idee schmackhaft zu machen. Wäre ich Angestellter eines Inkassounternehmens, im
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