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Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)

Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)

Titel: Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hyun
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Mediennutzung junger Menschen mit Migrationshintergrund. Bei meiner Recherche stieß ich auch auf eine höchst interessante Studie zu Viertklässlern. Befragt wurden Kinder mit mindestens einem türkischstämmigen Elternteil, von wem sie die letzten drei Male zum Geburtstag eingeladen wurden. Nur 56 Prozent gaben an, von mindestens einem deutschen Kind eingeladen worden zu sein.
    Inzwischen gibt es wahrscheinlich mehr Studien über Migranten in Deutschland als über die Indianer im Amazonas. Zu Recht können die Migranten von sich behaupten, die Entdeckung des 21. Jahrhunderts zu sein. Demnächst werden sie bestimmt auch im Museum als Plastinate zu bewundern sein, die der Nachwelt zu Bildungs- und Aufklärungszwecken dienen sollen. In Deutschland gibt es bereits 9.000 Körperspender, darunter befindet sich bestimmt der ein oder andere mit Migrationshintergrund. Denn es ist kein offenes Geheimnis mehr, dass bereits jetzt jeder fünfte Einwohner einen Migrationshintergrund vorzuweisen hat, und die Neuen sollte man studieren, bevor man sie an irgendein Steuer lässt.
    In der Sinus-Studie, die die kunterbunten Lebenswelten der Migranten erforscht, werden die Forschungsobjekte acht verschiedenen Milieus zugeordnet. Es gibt ein religiös verwurzeltes Milieu, ein traditionelles Gastarbeitermilieu, ein statusorientiertes Milieu, ein entwurzeltes Milieu, ein intellektuell-kosmopolitisches Milieu, ein adaptives Integrationsmilieu, ein hedonistisch-subkulturelles Milieu und ein multikulturelles Performermilieu. Bei all diesen komplizierten Milieus kann einem schon der Kopf brummen, dass man sich fast den einfachen Begriff »Ausländer« herbeisehnt.
    Die Studie bezieht sich zwar nur auf die größten Minderheiten in Deutschland, dennoch kann ich mich in allen, außer im statusorientierten und im hedonistisch-subkulturellen Milieu, wiederfinden. Beim religiös verwurzelten Milieu fand ich Parallelen in Punkten wie dem Bewahren der kulturellen Identität, Familienehre, eiserner Selbstdisziplin, Wahrung der Ehre und Respekt gegenüber Autoritäten. Beim traditionellen Gastarbeitermilieu waren es die hohe Aufstiegsbereitschaft durch Bildung und die »klassischen proletarischen Werte« wie Hilfsbereitschaft, Mitgefühl, Bescheidenheit, keine »überstrenge Sexualmoral« und der Wunsch, aus eigener Kraft das Ziel zu erreichen. Im intellektuell-kosmopolitischen Milieu sprachen mich die Punkte engagiertes Eintreten für soziale Gerechtigkeit, Rücksichtnahme auf die Schwachen, Frieden, Menschenrechte, Selbstverwirklichung, Toleranz und Offenheit an. Beim adaptiven Integrationsmilieu waren es die gesellschaftliche Etablierung durch berufliche Leistung und kulturelle Offenheit. Im multikulturellen Performermilieu fand ich Gefallen an den Punkten Selbstverwirklichung, Höchstleistungen erbringen, Aufgeschlossenheit für Neues, Toleranz und Weltoffenheit.
    Beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration befinden sich fünf Einheimische, ein Schweizer, ein Österreicher, ein Amerikaner und eine Türkin. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), eine Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, die wegen ihrer Statistiken zum Thema Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt des Öfteren für große mediale Aufmerksamkeit sorgt, ist die personelle Konstellation nicht besser. Dort sind noch weniger Menschen mit Migrationshintergrund anzutreffen. Die Erzeuger solcher Statistiken sind selten die Migranten aus dem multikulturellen Performermilieu.
    Im Bekanntenkreis meiner Eltern häufen sich in letzter Zeit die Betrugsfälle durch dubiose Abzockerunternehmen aus der Mobilfunk-, Zeitungs-, Lotterie- und Versicherungsbranche, die die Sprachschwierigkeiten der ersten Generation gnadenlos ausnutzen und ihnen ungewollte Verträge aufschwatzen. Durch den psychischen Druck, der durch die Zahlungsaufforderungen, Mahnungen und die Versendung von Inkasso-Briefen entsteht, beugen sie sich und zahlen den geforderten Betrag.
    »Wo ist unser Günter Wallraff, wenn man ihn einmal braucht?«, schrieb mir ein Bekannter, als er mich um Rat fragte, wie man bei solchen Fällen vorgehen solle. In den zahlreichen Studien über fast alle Lebensbereiche der Migranten existieren, soweit ich weiß, keine Statistiken darüber, wie viele Migranten Opfer von Betrügereien werden.
    Bei der Stiftung Mercator gibt es dafür Projekte für junge Migranten in den Bereichen »Schreiben« und »Reden« sowie die

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