Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)
uns in alle Winde verstreuen? Werden wir zusammenhalten, was den Erhalt der Kultur anbelangt? Werden wir die Taten der ersten Generation in Ehren halten? Wer von uns kann schon in die Kristallkugel schauen und die Zukunft voraussehen? Nur die Zeit wird es zeigen.
Vor kurzem sprachen mein Vater und ich über den Tod. Ich erzählte ihm, dass ich nach meinem Tod gerne verbrannt werden möchte. Meine Asche solle irgendwo verstreut werden. Mein Vater wollte eine normale Beerdigung haben, eventuell mit Gottesdienst und einer kleinen anschließenden Trauerfeier. Ich wolle keines dergleichen, sagte ich ihm, weder einen Gottesdienst noch eine Trauerfeier. Das Leben gehe unaufhaltsam weiter, begründete ich meine Ansicht. Egal was man auf dieser Erde war, letztlich war man doch nur eine ganz kleine Nummer. Warum also sollte diese Welt für einen innehalten? Die Erde muss sich weiterdrehen! Wie heißt es so schön? Leben und sterben lassen. Zudem wäre es mir unangenehm, den Menschen ihre kostbare Zeit zu stehlen.
Mit meiner Freundin Dani habe ich einmal über Bestattungen nach muslimischem Brauch diskutiert. Nach islamischem Brauch wird der Leichnam nur in ein Leinentuch gewickelt. In vielen Bundesländern ist die islamische Bestattung bereits erlaubt. Dani meinte, dass sich viele einheimische Deutsche bedingt durch die Altersarmut keine Bestattung in einem Sarg aus Holz mehr leisten könnten. Der Sarg ist eine teure Angelegenheit. Warum sollte man nicht deshalb gleiches Recht für alle gewähren, ob man nun Muslim ist oder nicht? Eine Bestattung in einem Leinentuch ist erheblich günstiger, auch wenn Bestattungsdiscounter nach McDonald’s Vorbild bereits wie Pilze aus dem Boden sprießen. Neben Fast Food gibt es nun auch den Fast Tod. Dani wohnt in der Nähe eines solchen Bestattungsdiscounters, der zu allem Übel auch noch neben einem Flatrate-Solarium angesiedelt ist. Pietätlos, meinte sie nur. Das Gespräch mit Dani hatte mich sehr nachdenklich gestimmt.
Es gibt keine statistischen Erhebungen darüber, wie viele Koreaner der ersten Generation in Deutschland begraben werden. Die Todesanzeigen werden in der koreanischen Wochenzeitung Kyoposhinmun veröffentlicht. Aus der Berichterstattung entnehme ich, dass die meisten nach deutschem Brauch beerdigt werden. Die Trauerfeier wird jedoch oftmals nach koreanischem Ritual abgehalten. Das hat sich trotz der vielen Jahrzehnte in Deutschland erhalten. Ich bin mir sicher, dass einige den Wunsch gehabt hätten, in koreanischer Erde begraben zu werden, weil sie mit ihrer neuen Heimat Deutschland nie so wirklich warm geworden sind. Doch die finanzielle Lage lässt oft eine Rückkehr in die Heimat nicht zu. Die Überführung in einem Zinksarg ist bis zu fünfmal teurer als im lebendigen Zustand. Dass der Tod teurer ist als das Leben, ist irgendwie bizarr.
Ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal nach Hause fahren werde. Doch bin ich jetzt schon gespannt darauf, worüber mein Vater und ich wohl demnächst diskutieren werden. Allzu lang wird das Gespräch über meine einheimische Freundin Dani nicht mehr auf sich warten lassen. Das Thema Tod haben wir ja nun hinter uns. Dann kann es ja nur noch über die Liebe sein.
DAS ENDE, MEIN FREUND
M ein Freund Felix hat aus beruflichen Gründen seine Zelte in Deutschland abgebrochen und ist mit seiner Familie nach Korea gezogen. Yong-ho und ich haben beim Umzug geholfen. Ich vermisse ihn. Nachdem man lange auf eine Zukunft in Deutschland gewartet hatte, bekommen Felix und seine Frau diese Möglichkeit in Korea. Im Wettbewerb um die besten Talente möchte Korea oben mitspielen und weiß um das hohe Potenzial der Koreaner im Ausland. Nachdem man bereits Wahlrecht für Auslandskoreaner einräumte, denkt die Regierung darüber nach, eine Quote von Parlamentssitzen für die Koreaner im Ausland einzurichten. Zudem soll es Auslandskoreanern möglichst bald erlaubt sein, eine doppelte Staatsbürgerschaft zu führen. Somit würden sich die Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen für Auslandskoreaner mit einem nichtkoreanischen Pass um ein Vielfaches verbessern. Auf dem Arbeitsmarkt und in anderen wichtigen Lebensbereichen sind die Auslandskoreaner den einheimischen Koreanern somit gleichgestellt.
Als der damalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle davon sprach, qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland mit einem Begrüßungsgeld nach Deutschland zu locken, dachte ich zunächst an einen verspäteten Aprilscherz im Juli. Kennt der Wirtschaftsminister
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