Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)
Schussfeuerwaffen, Sprengstoff oder radioaktive Substanzen und illegale Drogen wie Opium, Heroin, Kokain, Cannabis oder ähnliche Substanzen ins Land zu schmuggeln versuche. Weiter wird gefragt, ob man die Intention habe, Falschgeld in Umlauf zu bringen. Die Fragen sind jeweils mit einem simplen Ja oder Nein zu beantworten. Ich jedenfalls bewundere die anderen Fluggäste, mit was für einer Leichtigkeit und vor allem Bedenkenlosigkeit sie die Dokumente ausfüllen. Dann wiederum gibt mir zu denken, dass man sich dieses scheinbar ungerührte Verhalten auch in afghanischen Terrorcamps antrainieren kann. Nicht dass ich als Deutsch-Koreaner den Chinesen und Japanern mit Blick auf die Geschichte etwas Böses unterstellen möchte. Aber man kann nie wissen. Für mich haben die Fragen keine vorbeugende Wirkung, sondern bringen Menschen erst recht auf dumme Gedanken. Ich überlege, was wohl ein angehender Terrorist, Dealer oder Falschgeldhersteller tun würde, ganz nach dem Motto: What would Jesus do? Was würde Jesus tun? Selbstverständlich werden Verbrecher im 21. Jahrhundert, die einen großen Coup landen wollen, ihre Absichten, so wie es sich für Kosmopoliten gehört, vorab bei der Einwanderungsbehörde legal deklarieren.
Ich habe nichts Illegales anzumelden. Ich habe nicht vor, Terrorist, Dealer oder Falschgeldproduzent zu werden. Mit meinen überall mit NEIN versehenen Dokumenten reihe ich mich reinen Gewissens in die Schlange einer Handvoll verängstigter weißer Europäer, südostasiatischer Arbeitsmigranten und anderer asiatischer Touristen ein. Mit geschultem Scanner-Blick schaut die junge Beamtin in meine Papiere, meinen unglaubwürdig erscheinenden deutschen Reisepass, sieht zum Abschluss in meine landsmännisch familiär wirkenden Augen und weist mich schließlich per Stempel in das gelobte Land ein. Freundliche und gut gelaunte Beamte am Flughafen anzutreffen, egal, ob in Frankfurt oder Seoul, ist äußerst selten geworden. Anders als die Chinesen, die vor mir in der Schlange dran waren, bin ich gut davongekommen und wurde nicht von männlichen Beamten zu einem separaten Verhörraum geführt. Seit bekannt wurde, dass die Chinesen tonnenweise Kimchi , das allerheiligste koreanische Nationalgericht, mit Bakterien verdreckt importieren und an den Mann bringen, werden chinesische Staatsbürger bevorzugt schikaniert.
Ich bin wieder da, im Land, das mit dem vielversprechenden Slogan »Sparkling und Dynamic Korea« wirbt, im Land, dessen Fußballgott ein Niederländer ist.
Zum Aufladen meiner Batterien brauche ich eben nicht nur die versmogte Luft dieser pulsierenden Stadt, dieses Meer an modernen Hochhäusern, altmodischen, engen und verwinkelten neonlichtdurchfluteten Seitenstraßen, den Geruch von Mottenkugeln und Müll, den üblen Duft der Bondaegis -Schmetterlingslarven, den Dauerstau und das ständige Unter-Strom-sein, den Lärm dieses Großstadtdschungels, und selbst das Fluchen der betrunkenen Ajeoshis auf den Präsidenten, sondern vor allem auch das koreanische Essen.
Daehan Minguk – Wihayo ! Auf das Wohl Koreas!
Kaum bin ich aus dem vollklimatisierten Terminal getreten, heißt mich eine drückende Schwüle bei 30 Grad, die sämtliche Schweißdrüsen meines westlich geprägten Körpers zum Produzieren anregt, herzlich willkommen. Hier im Land ist es so heiß, dass man die Regenschirme in der Sommerzeit mit sich trägt. Ein Jahr habe ich in Korea verbracht, nachdem ich 2005 meine Laufbahn als Profisportler beendete. Meine Eishockeyausrüstung inklusive Nomadenleben tauschte ich gegen ein Seouler Leben und eine kleine überteuerte möblierte One-room-Wohnung in Daebang-dong nahe dem Regierungsviertel ein. Ein guter Deal.
Von der Finanzkrise ist in Seoul kaum etwas zu spüren. Die 10-Millionen-Metropole baut weiter riesige Apartmentkomplexe in Form von Hochhäusern. Seoul ist gigantisch. Es ist das Mekka Koreas, der Magnet, der Menschen anzieht. Keine andere koreanische Stadt bietet so krasse Gegensätze zwischen klein und riesig, westlich und fernöstlich, Past-meets-Future.
Wenn man die alte Seele Koreas sucht, dann muss man nur zu einem der vielen Märkte gehen. Das moderne Korea hingegen ist überall gegenwärtig in Form von amerikanischen Fastfood-Ketten wie Krispy Kreme oder McDonald’s. Bei Krispy Kreme bekommt man einen Donut geschenkt, sobald das rote Neon-Logo von innen leuchtet. Und obwohl es in Seoul an jeder Ecke einen McDonald’s gibt, die zum Teil 24 Stunden geöffnet haben, existiert
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