Ohne Gewaehr
hatten, erkannte ich Daniel. Er lag nackt und
mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden, hielt sich mit beiden Händen den Bauch,
darunter sprudelte rotes Blut hervor. Der ganze Boden war bereits rot verfärbt
und noch immer strömte es unvermindert aus seinem göttlichen Körper. Ich konnte
förmlich spüren, wie die Lebensenergie unwiederbringlich aus ihm herausquoll.
Ich wollte zu ihm laufen, doch mich umgab tiefste
Finsternis, mein eigener Lichtkegel hielt mich gefangen, hielt mich davon ab,
meinen nur wenige Meter entfernt im Sterben liegenden Geliebten zu erreichen.
Daniel blickte mich an, hob mit letzter Kraft den Kopf
und hauchte mir einen Abschiedsgruß zu. »Lass los, Baby, lass mich gehen.« Dann
sank sein Kopf zurück, sein Körper entspannte sich und sein lebloses Gesicht
lag ganz ruhig auf dem Boden, die starren Augen weiter auf mich gerichtet.
Endlich fand ich meine Stimme wieder, schrie aus Leibeskräften,
rief um Hilfe, auch wenn ich wusste, dass es längst zu spät war.
Die Saalbeleuchtung ging an, vor mir saß eine bewegungslose,
graue Menschenmenge und blickte wie erstarrt an mir vorbei. Als ich mich
langsam umdrehte, um zu sehen, was ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, sah ich
ihn wieder. Die vermummte, schwarze Gestalt kam gemächlich auf mich zu, die
Waffe noch immer in der rechten Hand. Er hob den Arm, zielte. Wieder schrie
ich, doch diesmal hieß ich den Schmerz willkommen. Als ich zu Boden sank, zog
der Mann die Maske vom Gesicht.
»Baby, wach auf! Mach die Augen auf und sieh mich an!«
Daniels Stimme ertönte laut und klar neben mir. »Alles ist gut, du hast nur geträumt.«
Ich spürte, wie seine Hände vorsichtig mein Gesicht berührten.
»Du bist ganz heiß und verschwitzt. Was um Gottes Willen hast du gesehen?«,
fragte er mich besorgt, während er mir mit einem Taschentuch die feuchte Stirn
abwischte.
Benommen richtete ich mich auf, sah ihn an. Tränen der
Erleichterung traten mir in die Augen, als mir klar wurde, dass er unverletzt
war. »Baby, komm her, halt mich fest. Ich bin ja bei dir«, tröstete er mich mit
leiser Stimme und wiegte mich in seinen Armen.
Die Tür ging auf und die Nachtschwester betrat das
Zimmer. Sie schaltete das Licht ein und sah sich um. »Ist bei Ihnen alles in
Ordnung, Miss Walles? Hatten Sie wieder einen Albtraum?«
Ich nickte beschämt, war dankbar, als Daniel an meiner
Stelle antwortete. »Alles in Ordnung, ich passe schon auf sie auf.«
Die Schwester musterte uns ein letztes Mal skeptisch,
löschte dann das Licht und verließ unser Zimmer ohne ein weiteres Wort.
Wir saßen noch lange so da, ich klammerte mich an
Daniels Körper fest, wollte ihn nicht wieder gehen lassen. »Jetzt bin ich mir
ganz sicher, dass es Konstantin war!«, wiederholte ich immer wieder.
»Du hast diese Albträume seit du hier im Krankenhaus
bist. Was sind das für Träume? Immer die gleichen?«
Meine Hand zitterte schon wieder bei der Erinnerung an
meine schreckliche Vision. Wieso musste er erneut damit anfangen? »Ich möchte
nicht mehr daran denken. Können wir über etwas anderes sprechen?«
Daniel streichelte mich beruhigend, hielt mir wieder
das Wasserglas hin. »Baby, du musst darüber sprechen, sonst kommen diese
Hirngespinste immer wieder. Du wirst sehen, wenn du deine Ängste erst einmal in
Worte gefasst hast, ist alles nur noch halb so schlimm. Sag mir, was hast du gesehen?«
Ich stöhnte laut auf. Das musste er gerade sagen! Über
seine eigenen Angstträume schwieg er beharrlich, aber ich konnte die panische
Furcht in seinen Augen sehen, wenn er aufwachte. »Wenn ich dir von meinem Traum
erzähle, erzählst du mir dann von deinen?«
Sein Körper spannte sich an. Bisher war er noch nie
dazu bereit gewesen, mich an seinen Ängsten teilhaben zu lassen, und obwohl er
manchmal in unzusammenhängenden Sätzen sprach, konnte ich mir keinen Reim
darauf machen, was wirklich in ihm vorging.
Ich beschloss, den Anfang zu machen und ihm Zeit zu
geben, sich zu besinnen. »Also gut. Die Träume beginnen unterschiedlich, aber der
Schluss ist immer derselbe ...« Als ich endete, standen mir schon wieder die
Tränen in den Augen. Obwohl Daniel mich fest in seinen Armen hielt, erbebte mein
ganzer Körper bei der Erinnerung daran, wie Daniel leblos vor mir auf dem Boden
gelegen hatte.
»Schhhh, beruhige dich doch, Baby. Ich bin ja bei dir,
ich lasse dich nicht allein. Halte dich fest an mir.« Tröstend küsste er meine
Tränen fort.
»Ist es bei dir so ähnlich?«,
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