Ohne Gewaehr
Daniel so sicher sein konnte, dass es keine seiner ehemaligen
Geliebten auf ihn abgesehen hatte. Oder auf mich. Er hatte zugegeben, dass er mit
zahllosen Frauen Sex gehabt hatte und auch wenn Daniel selbst Sex und Gefühle
streng voneinander trennte, hieß das noch lange nicht, dass es den Frauen
umgekehrt genauso ging. Ich jedenfalls wäre nicht bereit, ihn einfach gehen zu
lassen.
Santoro erhob die Stimme. »Wir gehen also davon aus,
dass der Täter gezielt in die Wohnung kam, um Sie oder Mr. Stone zu töten. Er
hat die Wohnung in dem Glauben betreten, entweder Sie beide oder zumindest Mr.
Stone dort vorzufinden und auf eine passende Möglichkeit gewartet, Sie umzubringen.
Damit stellt sich die Frage, wer das Ziel war.« Erwartungsvoll schaute er mich
an. »Was sagt Ihr Bauchgefühl, Miss Walles? Kam dieser Mann, um Sie zu töten
oder hatte er es auf Mr. Stone abgesehen?«
Der Anwalt hatte die ganze Zeit still dagesessen, doch
nun mischte er sich in die Befragung ein. »Woher soll Miss Walles das wissen?
Sie kann sich sowieso nur vage an den Täter erinnern, wie soll sie dessen
Absichten festgestellt haben? Durch Telepathie?«
Santoro sah leicht gekränkt aus. »Haynes, einfach
ausgedrückt, Miss Walles war dabei. Sie hat dem Täter in die Augen gesehen,
bevor er auf sie geschossen hat. Sie ist die Einzige, die einen Blick auf ihn
und damit auf seinen Geisteszustand unmittelbar vor der Tat werfen konnte. Wer,
wenn nicht Miss Walles, könnte dazu etwas sagen?«
Ich schloss die Augen und versuchte, mich zu
konzentrieren. Versuchte, mir jene Sekunden wieder ins Gedächtnis zu rufen, in
denen alles geschehen war. Ich hockte auf dem Bett, erschöpft und berauscht von
einem gerade erlebten Höhepunkt. Auf meinem verschwitzten Körper lag Daniel,
stöhnend und keuchend kam er immer wieder, ich spürte ihn in mir, fühlte, wie
er seinen Unterleib gegen mich prallen ließ, blickte in sein entrücktes
Gesicht, während er sich in mir ergoss.
Als der Maskierte ins Zimmer getreten war, hatte er
nicht im Geringsten überrascht gewirkt. Er hatte uns geradewegs angestarrt und
die Waffe gezückt. In meiner Erinnerung hatte er zunächst auf Daniel gezielt
und dessen unverhofften Ortswechsel hinter den Bettrand auch mit der Waffe
nachverfolgt. Selbst als Daniel hinter dem Bett verschwunden war, hatte er
nicht sofort auf mich gezielt, sondern weiter auf Daniel schießen wollen, gewartet,
bis sich dieser nach meiner Handtasche ausstreckte. Ich war nur deshalb
getroffen worden, weil ich mich auf dem Bett schützend vor Daniel aufgebaut
hatte. Nach dem Schuss schien der Maskierte für den Bruchteil einer Sekunde
überrascht zu sein, zögerte lange genug, um es Daniel zu ermöglichen, meine
Waffe zu entsichern und abzufeuern.
Aber was bedeutete das? Wollte der Einbrecher nur
Daniel töten oder uns beide? Wenn er nur mich töten wollte, hätte er sicher
einen weniger gefährlichen Moment abpassen können, als ausgerechnet in die
Wohnung meines Liebhabers einzudringen. Und er hätte nur ein zweites Mal auf
mich zu schießen brauchen, um sein Ziel hundertprozentig zu erreichen.
»Konstantin kam, um Daniel zu töten, nicht mich«,
erklärte ich mit fester Stimme. Ich war mir nun ganz sicher.
Hauptkommissar Santoro lächelte befriedigt. »Miss
Walles, vielen Dank für Ihre Aussage. Sie haben uns damit sehr geholfen. Wir
werden Sie über unsere weiteren Ermittlungen auf dem Laufenden halten.«
»Was passiert jetzt mit Konstantin?«, wollte ich
wissen. Nun, da ich mir sicher war, konnte ich meine Erleichterung kaum noch
verbergen.
»Wir werden unsere Untersuchung fortsetzen und ihn gegebenenfalls
zu einem Verhör auf das Polizeipräsidium bitten, um Ihre Angaben zu überprüfen.
Wenn er die Tat wirklich begangen hat, dann werden wir dafür auch Anhaltspunkte
finden«, versicherte mir Santoro.
»Fragen Sie ihn auch nach der Bombe in der Tiefgarage
und nach den Morden an Peter Wallenstein und Pathee.«
Santoro nickte. »Ja, das hatten wir vor.« Dann
schüttelte er dem Anwalt die Hand und verließ mit Taylor mein Krankenzimmer.
Ich fühlte mich befreit und unglaublich erleichtert. Es
war, als sei eine zentnerschwere Last von meinen Schultern genommen worden.
Leider befanden sich dort noch diverse andere Bürden, aber für den Augenblick
genoss ich das Gefühl der Freiheit.
Als Daniel mein Zimmer betrat, wäre ich am liebsten
aufgesprungen und hätte ihn umarmt und abgeküsst. Er blieb am Eingang stehen
und musterte mich
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