Ohne Gewaehr
erledigen.«
Ich sah mich kurz in dem kleinen Vorzimmer um. Es war modern
und hell eingerichtet, gar nicht so, wie ich mir die Praxis eines Psychologen
vorgestellt hätte. In meinem Kopf drängten sich Bilder von einschüchternden
Besprechungszimmern voller antiker Bücher, einem riesigen Kirschholzschreibtisch
und einer braunen Ledercouch, auf der jeder Patient für die Dauer der Sitzung
liegenbleiben musste. Aber diese Praxis gefiel mir auf Anhieb.
Daniel verschwand sogleich hinter einer Tür, aber nicht
ohne mir vorher einen sanften Kuss auf die Stirn gedrückt zu haben. »Bis
später, Babe«, flüsterte er, bevor er mich allein ließ.
Ich nahm die Unterlagen von der Rezeptionistin
entgegen. Vier Seiten Formulare und Fragebögen. Als ich mich zögernd nach einem
Sitzplatz umschaute, bemerkte ich ihren ungeduldigen Blick. Es war schon spät,
sicher hatte sie bald Feierabend. Also begann ich, die Formulare sorgfältig zu
lesen und auszufüllen. Alter, Gewicht, Geschlecht. Naja, so schwierig war das
ja nicht, auch wenn ich mich fragte, wozu all diese Informationen gut sein
sollten.
Dann kamen die Fragebögen. Leiden Sie unter
Depressionen?, Schlafen Sie gut?, Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein, wenn
ja, welche?, Wie häufig trinken Sie Alkohol? und so weiter. Alles
nicht schwer zu beantworten.
Die vorletzte Seite hatte es dann aber in sich. Warum
sind Sie hier?, Auf einer Skala von eins bis zehn, wie sehr beeinträchtigt ihr
derzeitiges Problem ihre Gemütsverfassung?, Was haben Sie bisher unternommen,
um Ihr Problem zu lösen?. Alles gute und richtige Fragen. Was war denn mein
Problem? Ich entschied, dass ich ja eigentlich nur auf Drängen Daniels hier war
und ihm dabei helfen wollte, seine eigenen Probleme in den Griff zu bekommen.
Daher ließ ich die Seite aus und drehte das letzte Blatt um. Die Fragen hierauf
schienen sich einzig auf Paartherapien zu beziehen und einige waren ziemlich
persönlich: Wie stabil ist Ihre Beziehung?, Wie häufig schlafen Sie mit
Ihrem Partner?, Wer ist dominanter in Ihrer Beziehung?, Wie lösen Sie
Konflikte? Und so weiter.
Ich überflog die etwa zwanzig Fragen und hob mutlos den
Kopf. Doch die Schwester beobachtete mich noch immer. Insgeheim fragte ich
mich, was Daniel wohl geschrieben hatte.
Nach einer halben Stunde war ich endlich fertig und
übergab meine zusammengefalteten Antworten an die Rezeptionistin, die daraufhin
sofort ihre Tasche nahm und mir ermutigend zuwinkte, als sie kurze Zeit später
die Praxis verließ.
Ich musste nun allein warten, dass Daniel und Dr.
Theodore ihr Gespräch beendeten und mich hinzuriefen. Im leeren Wartezimmer
blätterte ich ungeduldig in den ausliegenden Zeitschriften, ohne jedoch die
notwendige Konzentration aufzubringen, einen Artikel komplett durchzulesen. Es
dauerte eine weitere halbe Stunde, bis ich endlich ein Geräusch aus dem
Nebenraum vernahm.
Als sich die Tür zum Behandlungszimmer öffnete, sprang
ich auf. Ein älterer Mann mit freundlichem Gesicht steckte den Kopf ins Wartezimmer.
Das musste Dr. Theodore sein. Er war klein und rundlich und passte gar nicht in
dieses Büro. Der Arzt hätte vielmehr hervorragend in meine Fantasiepraxis mit
den Bücherregalen gepasst. Er war etwa fünfzig Jahre alt, seine dichten Haare
waren vollständig ergraut und er trug einen gepflegten Vollbart. Seine Augen
strahlten Güte aus, oder war das Altersweisheit?
Ich war ein wenig enttäuscht, denn ich hatte gehofft,
Daniel würde mich abholen.
»Miss Walles, wenn Sie soweit sind, können Sie sich
jetzt zu uns gesellen.« Seine Stimme klang ruhig und freundlich, als er meine
Formulare von der Empfangstheke nahm und mich dann in sein Sprechzimmer führte.
Ich folgte ihm, doch bevor ich auch nur einen Blick in
das Zimmer werfen konnte, trat er mir in den Weg. »Mr. Stone hat bereits eine
anstrengende Sitzung hinter sich. Bitte behalten Sie das im Hinterkopf.« Dann
erst wich er zur Seite und ließ mich eintreten.
Mein Blick fiel sofort auf Daniel, während ich mich
nach einem Sitzplatz umsah. Er sah mitgenommen aus. Ja, das war das richtige
Wort für seinen Zustand, er war müde, angespannt und sein sonst oft so
ausdrucksloses Gesicht zeigte deutliche Spuren von Enttäuschung.
Ich setzte mich rasch neben ihn auf einen bequemen Sessel
mit weicher Polsterung und tastete vorsichtig nach seiner Hand. Er drückte sie
dankbar und ein kurzes Lächeln umspielte seinen sinnlichen Mund.
Rasch nahm ich die neuen Eindrücke in mich auf. Dieser
Raum
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