Ohne Gewaehr
Aufgaben
gehörte neben dem Korrigieren von Falschmeldungen auch die Herausstellung
positiver Unternehmensnachrichten. Und ersteres war eine äußerst delikate
Angelegenheit, die ihm und mir mit Sicherheit noch weitaus größere
Kopfschmerzen bereiteten würde. Frohe Botschaften in aller Welt zu verbreiten
war dagegen ein Kinderspiel.
»Ich möchte mir erst einmal einen Eindruck verschaffen,
dann werde ich die Einzelheiten mit ihm durchgehen«, beruhigte ich sie.
Konzentriert las ich die Einträge im Firmennetzwerk
durch, listete die verschiedenen Projekte auf, an denen sich das Unternehmen
mit Fördergeldern und Sachleistungen beteiligte. Ich kramte stundenlang in den
Kisten mit Belegen für all die Geldspenden, Sponsorenverträge und Eintrittsgelder
für Benefitzveranstaltungen und Ausstellungen. Danach durchsuchte ich das
Internet nach Einträgen über die Stone Corporation.
In der Mittagspause unterbrach ich meine Tätigkeit und
bestellte mir einen Salat aus dem Hotelrestaurant. Sobald Martha und Phyllis
das Büro verlassen hatten, öffnete ich auf meinem Laptop das Bodyscan Programm,
das mir beim Abgleich der Fotos mit den Sexvideos aus dem Internet behilflich
sein sollte. Jetzt hatte ich eine halbe Stunde Zeit, mir in Ruhe die Fotos
vorzunehmen und einem Vergleichstest zu unterziehen.
Ich hatte im Krankenhaus auf meinem Laptop zwei der
Videos heruntergeladen und Momentaufnahmen von den aussagekräftigsten Szenen
erstellt. Alles, was ich brauchte, war ein einziges deutliches Bild, dass ich
mit den Fotos auf der Website des angeblichen Darstellers vergleichen konnte.
Nacheinander ging ich meine Screenshots und die Bilder
der Website durch, versuchte zwei Abbildungen zu finden, die in einem ähnlichen
Winkel aufgenommen waren. Unzählige Frontalaufnahmen und Bilder des nackten
Mannes aus anderen Perspektiven flackerten über meinen Bildschirm. Meine Hand,
mit der ich die Mouse bewegte, zitterte leicht und immer wieder hielt ich mit
der Arbeit inne, bereit, alles sofort zu beenden, falls jemand das Vorzimmer
vor meinem Büro betrat. Obwohl ich nichts Verbotenes tat, fühlte ich mich
unwohl.
Endlich hatte ich Glück und Bodyscan akzeptierte
zwei der Aufnahmen. Auf beiden war der Mann etwas zur linken Seite gedreht, auf
den ersten Blick sahen sich beide Darstellungen sehr ähnlich. Nun hieß es
abwarten, bis ein Vergleich abgeschlossen war, denn das Programm veranschlagte
fast zehn Minuten für die notwendigen Berechnungen.
Inzwischen machte ich mich hungrig über den Salat her
und überlegte, was ich machen sollte, falls sich der Verdacht meiner Freundin
Vanessa bestätigte und dieser Schauspieler tatsächlich in den Sexvideos
mitgespielt hatte. Damit gäbe es einen unumstößlichen Beweis, dass Daniel damit
nichts zu tun hatte, sondern jemand anderes für diesen Schund verantwortlich
war. Und dieser Jemand wollte Daniel offensichtlich Schaden zufügen, einen
anderen Sinn konnte ich in den Videos nicht erkennen. Sollte ich Daniel in die
ganze Sache einweihen oder lieber erst selbst weiterermitteln?
Ich steckte mir einen Croûton in den Mund und sah
wieder auf den Bildschirm. Noch vier Minuten. Da klingelte das Telefon.
»Miss Walles, Santoro hier. Haben Sie einen Moment
Zeit?« Die Stimme des Hauptkommissars klang unaufgeregt.
»Worum geht es denn?«, fragte ich misstrauisch, ohne
seine Frage zu beantworten.
»Wir haben Kramer am Wochenende vernommen«, begann er.
Ich schluckte den Croûton herunter, lehnte mich dann im Stuhl zurück und
schloss die Augen. Hoffentlich gab es keine unerwarteten Schwierigkeiten!
»Ihr Kollege hat den Einbruch zugegeben, auch den
Mordversuch. Aber er weigert sich, uns ein Motiv für die Tat zu nennen. Eine
Beteiligung an den anderen Vorfällen hat er strikt zurückgewiesen und bestritten,
damit irgend etwas zu tun zu haben. Inzwischen hat er einen der teuersten Anwälte
der Stadt angeheuert und nun macht er den Mund nicht mehr auf, sondern plädiert
auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. Von dem erfahren wir nichts mehr.«
Meine Gedanken überschlugen sich. »Dann haben Sie also
ein Geständnis?«, vergewisserte ich mich bei Santoro.
»Ja«, bestätigte der nur.
»Und warum rufen Sie mich dann an? Soll ich ihn
identifizieren oder so?« Ich war etwas ratlos über den Verlauf unserer
Unterhaltung, spürte aber, dass der Kommissar drauf und dran war, eine
unangenehme Botschaft loszuwerden.
»Es gibt zwei Haken an der Sache. Zum Einen kann Ihr
Freund sein Geständnis
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