Ohne Gnade
lagen die Pärchen herum.
Ein junger Mann mit Wuschelhaar und Bart schob sich durch die Menge und füllte Gläser aus einem großen Krug. Er entdeckte Nick und kam auf ihn zu.
»Tut mir leid, Freund, das ist eine private Party.«
Nick zeigte seinen Dienstausweis. Der junge Mann erschrak.
»Was haben wir denn angestellt?«
Er öffnete die Tür, und Nick folgte ihm auf den Korridor hinaus. Er schloß die Tür hinter sich, um den Lärm zu dämpfen.
»Keine Sorge«, sagte er. »Ich versuche nur einen Mann zu finden, der oben wohnt – Chuck Lazer. Bei Ihnen ist er nicht zufällig?«
Der junge Mann grinste, zog eine Zigarette hinter dem Ohr hervor und steckte sie zwischen die Lippen.
»Chuck? Ganz bestimmt nicht. Der hat seine eigenen Interessen, der arme Kerl.«
»Nimmt er noch Rauschgift?« fragte Nick.
»Soviel ich weiß, ja, aber er ist registriert.« Der junge Mann runzelte die Stirn. »Hören Sie mal, worum geht es überhaupt?«
»Kein Grund zur Aufregung, ich will ihm nichts anhängen. Ich brauche seine Hilfe bei einer Routineermittlung, das ist alles.«
»Das sagt ihr immer.«
Nick hob die Schultern.
»Wie Sie meinen.«
Er ging zur Tür. Der junge Mann sagte hastig: »Ach, Mist. Er hat verschlafen und konnte nicht mehr zur Abendsprechstunde. Vor ungefähr einer halben Stunde besuchte ihn jemand.«
»Was für ein Jemand?«
»Großer Mann, schmutziger Regenmantel, irisch aussehend.« Der junge Mann grinste: »Die Mütze ist wirklich toll. Wo bekommt man die?«
»In jedem guten Geschäft in Hamburg. Sind die beiden gemeinsam weggegangen?«
Der junge Mann schüttelte den Kopf.
»Lazer ging vor ein paar Minuten weg. Ich amüsierte mich gerade mit einem steilen Zahn hinten im Korridor, als er herunterkam.«
»Hatte er es eilig?«
»Wie immer, wenn sie eine Ladung brauchen. Ich vermute, daß er zu seinem Arzt unterwegs war, um sich ein Rezept zu holen.«
»Und wie heißt der Arzt?«
»Dr. Das, gleich um die Ecke, am Baron's Square. Er ist so ungefähr der einzige in der Stadt, der Süchtige als Patienten annimmt. Sagen Sie mal, sind Sie wirklich bei der Kripo?«
»Gewiß.«
»Mensch!« sagte der junge Mann voll Bewunderung. »Bekomme ich auch so eine Uniform, wenn ich mich melde?«
»Ich sage es gleich morgen dem Polizeidirektor. Wir sehen uns noch.«
»Gut.«
Er öffnete die Tür und kehrte zu seiner Party zurück, während Nick wieder in den Regen hinaustrat. Nebel begann aufzusteigen, träg und ätzend. Er setzte sich ans Steuer seines Mini-Cooper und fuhr zum Baron's Square.
Dr. Das wohnte im Haus Nr. 20. Ein Messingschild verkündete, daß er nicht nur Dr. med., sondern auch Angehöriger des Königlichen Ärztekollegs war, für diese Gegend und die Umstände ziemlich verwunderlich.
Nick läutete. Nach einer Weile näherten sich Schritte. Ein großer, hagerer Inder mit hohen Backenknochen und ruhigen, braunen Augen öffnete.
»Doktor Das?«
»Ja. Was kann ich für Sie tun?«
»Kriminalsergeant Miller, Sir. Ich suche einen Ihrer Patienten, einen Mr. Lazer. Ich habe ihn in seinem Haus knapp verpaßt. Einer seiner Nachbarn meinte, er könne Sie aufgesucht haben.«
»Kommen Sie bitte herein, Sergeant.«
Nick folgte ihm durch den Korridor. Der Inder öffnete eine Tür und führte ihn in ein Zimmer. Im Kamin brannte ein Feuer, in der Ecke stand ein Schreibtisch, an den Wänden reihte sich ein Bücherregal an das andere.
Doktor Das nahm eine Zigarre aus der Kiste auf dem Kaminsims, zündete sie an und drehte sich lächelnd um.
»Sie verzeihen, wenn ich ihnen keine anbiete, Sergeant, aber sie sind schwer zu bekommen. Zigaretten finden Sie auf dem Schreibtisch.«
Nick bediente sich. Der Inder blieb mit dem Rücken zum Feuer stehen.
»Ist Mr. Lazer in Schwierigkeiten?«
Nick schüttelte den Kopf.
»Durchaus nicht. Ich versuche nur, dringend jemanden aufzuspüren, und glaube, daß mir Lazer dabei helfen könnte. Soviel ich weiß, ist er rauschgiftsüchtig und bei Ihnen als Patient registriert.«
»Das ist richtig«, erwiderte Das. »Mr. Lazer ist schon seit über zwei Jahren mein Patient. Ich interessiere mich ganz besonders für Leute in diesem bedauernswerten Zustand. Das tun leider viel zuwenig Ärzte.«
»Wie weit ist Lazer schon fortgeschritten?«
Das zuckte die Achseln.
»Täglich braucht er fünfundvierzig Milligramm Heroin und achtunddreißig Milligramm Kokain. Wenn man
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