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Ohne Gnade

Ohne Gnade

Titel: Ohne Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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stand ein Doppelbett.
      Sie wandte sich ihm zu, eine große, kräftige Frau, die zu altern begann, zuviel Schminke auflegte und Ansätze eines Doppelkinns zeigte. Nur das strohblonde Haar sah noch immer aus wie damals. Er lächelte.
    Sie wurde rot und legte den Kopf zurück.
    »Klar seh' ich älter aus. War ja auch eine lange Zeit.«
    »Du hast immer noch das schönste Haar, das ich kenne.«
      Ihre Augen begannen zu glänzen, und für einen Augenblick war sie wieder das junge, schlanke Mädchen, das Sammy Rosco nach dem Krieg aus Deutschland mitgebracht hatte. Sie trat zu Garvald, schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn auf den Mund.
      »Du warst immer mehr wert als die anderen zusammengenommen.«
      Garvald hielt sie einen Augenblick fest und genoß bewußt zum erstenmal nach so langer Zeit das Gefühl, eine Frau in den Armen zu halten, dann schob er sie weg.
      »Das Geschäft geht vor, Wilma. Ist etwas zum Trinken im Haus?«
    »Den Tag wirst du nicht erleben, wo mal nichts da ist.«
      Sie ging zu einem Schrank, nahm eine Flasche Gin und zwei Gläser heraus, und Garvald setzte sich an den Tisch. Nachdem er sich prüfend umgesehen hatte, fragte er: »Immer noch im Geschäft?«
    Sie setzte sich ihm gegenüber und hob die Schultern.
    »Was bleibt mir sonst übrig?«
    »Hast du schon mal daran gedacht, wieder heimzufahren?«
    »Nach Deutschland?« Sie stand auf, ging zum Fenster, lüpfte den Teppich und zog einen weißen Umschlag heraus. Sie öffnete ihn und warf einen Paß auf den Tisch. »Ich verstecke ihn vor Sammy. Beim letztenmal, als ich ihn benützen wollte, mißhandelte er mich so, daß ich eine Woche im Krankenhaus lag.«
    »Du hast ihn nicht angezeigt?«
      »Mach keine Witze.« Sie zuckte die Achseln. »Seitdem habe ich nie mehr als fünf Pfund zusammenbekommen können. Dafür sorgt er. Er wartet in der Küche, bis die Kunden gehen, dann kassiert er sofort ab.«
    Garvald griff nach dem Paß und schlug ihn auf.
    »Er ist noch gültig, wie ich sehe.«
      »Na und? Er nützt mir genausoviel wie eine Fahrkarte zum Mond.« Sie leerte ihr Glas und füllte es noch einmal.
      »Warum bist du zurückgekommen, Ben? Hier gibt's nichts mehr für dich. Daß Bella wieder geheiratet hat, weißt du sicher.«
    »Ja. Wo ist Sammy?«
    »Im ›Grosvenor‹, das ist eine Kneipe am Ende der Straße.«
    »Erwartest du ihn zurück?«
    Sie schaute auf die Uhr und nickte.
      »Vor fünf Minuten haben sie zugemacht. Er schaut gewöhnlich vorbei, bevor er zur Arbeit geht.«
    »Und wo ist das?«
    Sie hob die Schultern.
      »Ganz verschieden. Diese Woche ist er im ›Club Eleven‹, eine Spelunke, die Fred Manton für Faulkner betreibt, vielleicht eine halbe Meile von hier.«
    »Wer führt die Geschäfte?«
    »Molly Ryan.«
    »Damen auch, wie?«
      »Du weißt ja, wie es in solchen Läden zugeht. Da kann man alles kaufen. Willst du etwas Besonderes von Sammy?«
      Garvald zündete sich eine Zigarette an und blies Rauch an die Stehlampe.
    »Als ich gestern früh herauskam, wollten mich zwei Burschen
    durch den Wolf drehen, Wilma. Sie haben einen , schweren Fehler gemacht.« Er grinste kurz. »Sammy auch.«
      Die Haustür wurde krachend aufgerissen, Schritte näherten sich durch den Korridor. Einen Augenblick später wankte Sammy Rosco ins Zimmer. Er war ein bulliger Mann mit langen, affenartigen Armen. Sein Gesicht hatte einen mürrischen Ausdruck und war vom Whisky aufgedunsen. Er stand schwankend da, ein böses Funkeln in den Augen.
    »Was geht denn hier vor?«
      »Besuch für dich, Sammy«, sagte Wilma genüßlich. »Ein alter Freund.«
      Garvald drehte den Kopf und sagte ruhig: »Na, Sammy, alter Gauner.«
      Sein Gesicht war ausdruckslos, aber die grauen Augen sagten Rosco, was er wissen wollte. Er drehte sich um und stolperte zur Tür, aber Garvald war schneller. Er packte Rosco am Kragen und gab ihm einen Stoß, der ihn durchs ganze Zimmer schleuderte.
      Rosco raffte sich vom Boden auf, aber Garvald maß kurz die Entfernung ab und ließ den Fuß hochzucken. Rosco kippte mit einem Seufzer um, fiel übers Bett und wand sich vor Schmerzen.
      Wilma schaute ohne Mitleid zu. Garvald schüttete den Rest Gin in sein Glas, setzte sich auf den Stuhl und wartete. Nach einiger Zeit drehte sich Rosco auf die Seite. Sein Gesicht war aschfahl.
    »Geht's dir besser, Sammy?«
    »Häng dich auf, Mistkerl«, stieß Rosco hervor.
      »Schon besser«, meinte Garvald. »Erheblich besser. Warum

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