Ohne jede Spur
dass es mir nur darauf ankommen würde, mit dir zu reden, obwohl uns beiden klar war, dass ich dich einfach nackt sehen wollte. Ich bereue all die Male, dich ins Bett gelockt und dir dann gesagt zu haben, ich wollte nur dein Bestes.
Tut mir leid, dass ich dich gefickt und behauptet habe, es wäre alles deine Schuld. Du hättest es nicht anders gewollt, du hättest es gebraucht, und ich hätte es nur für dich getan.
Tut mir leid, dass ich nach wie vor und an jedem gottverdammten Tag an dich denke, daran, wie sehr ich dich immer noch will, immer noch brauche, daran, wie du es für mich getan hast.
Ich bin gerade richtig in Fahrt und formuliere den Brief in meinem Kopf, als mich Colleens Stimme aus meinen düsteren Gedanken reißt.
«He, Aidan», ruft sie. «Ist das Ihre Katze?»
12. Kapitel
Die Konferenz begann um sechs Uhr in der Früh. Auf der Tafel stand, worum es ging. Es gab eine Verdachtsperson A – Mr Jones, Ehemann der Vermissten – und eine Verdachtsperson B – Aidan Brewster, vorbestraft wegen einer Sexualstraftat und wohnhaft in derselben Straße. Unter diesen Namen hatte man Felder umrissen und mit den Überschriften «Was ist passiert?», «Mögliche Motive» und «Alibis» versehen.
Das erste Feld blieb zunächst leer, weil noch nicht feststand, ob Sandra Jones umgebracht, entführt worden war oder von sich aus das Weite gesucht hatte. Zu einem so frühen Zeitpunkt der Ermittlungen war es nicht ratsam, Mutmaßungen anzustellen.
Motive. Jones musste fürchten, im Fall einer Scheidung Millionen zu verlieren. Brewster war als Sexualstraftäter einschlägig bekannt und hatte vielleicht einem schon lange gehegten Verlangen nachgegeben.
Alibis. Jones konnte für die fragliche Zeit ein Alibi nachweisen, das jedoch zweifelhaft erschien. Brewster hatte keins. Aber wie war er mit Sandra Jones in Zusammenhang zu bringen? Bislang gab es keinerlei Hinweiseauf eine Beziehung zwischen den beiden, jedenfalls nicht in Form aufgezeichneter Telefonanrufe, E-Mails oder SMS. Für eine solche Vermutung sprach lediglich die nachbarschaftliche Nähe. Der Verdächtige und die Vermisste wohnten nur fünf Häuser voneinander entfernt. Eine Geschworenenjury wäre schnell davon zu überzeugen, dass Brewster und die Frau einander kannten. Vielleicht hatte Sandra Jones auch ihren Wagen in der Werkstatt, wo Brewster arbeitete, regelmäßig inspizieren lassen. Man nahm sich vor, dieser Frage so schnell wie möglich nachzugehen.
Was den familiären Hintergrund betraf, wurde angeführt, dass Jones, von Beruf freier Journalist, offenbar ein sehr fürsorglicher Vater war, der die sehr junge Mutter seiner nichtehelichen Tochter aus Atlanta, Georgia, nach South Boston geholt und geheiratet hatte. Er besaß ein millionenschweres Vermögen ungeklärter Herkunft. Sowohl Detective Miller als auch Sergeant Warren bezeichneten ihn als «wenig kooperativ», was nicht für seine Unschuld sprach. Auffällig war auch, dass er gesteigerten Wert auf Sicherheitsschlösser und Stahltüren legte.
Auf der anderen Seite Brewster, ein vorbestrafter Sexualstraftäter, der es mit einer Vierzehnjährigen getrieben hatte. Er ging seit zwei Jahren einer geregelten Tätigkeit nach und war unter ein und derselben Adresse zu erreichen. Seine Bewährungshelferin konnte nur Gutes über ihn sagen und rief am gestrigen Abend gegen neun in der Polizeizentrale an, um mitzuteilen, dass sie Brewster in dessen Wohnung aufgesucht und nichts bemerkt habe,was den Verdacht gegen ihn bestätigen würde. Ein Plus zugunsten des jungen Mannes.
Das Opfer selbst wurde als Person mit geringem Risikoprofil eingestuft. Sie war eine hingebungsvolle Mutter, arbeitete seit kurzem als Lehrerin und hatte nie etwas mit Drogen, Alkohol oder Prostitution zu tun gehabt. Der Rektor der Mittelschule, an der sie arbeitete, beschrieb sie als pünktlich, verlässlich und gewissenhaft. Ihr Ehemann behauptete, sie würde ihre Tochter niemals im Stich lassen, jedenfalls nicht aus freien Stücken. Andererseits war zu bedenken, dass sie als noch sehr junge Frau in einer für sie relativ fremden Stadt lebte und kaum soziale Kontakte pflegte, geschweige denn Freundschaften. Kurzum, sie war eine sehr schöne, aber gesellschaftlich isolierte Frau Anfang zwanzig, nachts allein mit ihrer kleinen Tochter.
Der Tatort: keinerlei Spuren gewaltsamen Eindringens. Kein Blut und keine Hinweise auf Gewaltanwendung. Im Schlafzimmer war eine zerbrochene Lampe sichergestellt worden, doch es deutete
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