Ohne jede Spur
Sie lehnte sich zurück und atmete schwer, und ich wusste, dass ich sie bald so weit hatte. Klar, sie musste sich geschlagen geben, denn ich war größer, stärker und cleverer. Also fummelte ich weiter an ihr herum, bis der magische Moment gekommen war: Ich tauchte in sie ein. Vielleicht hat sie ein bisschen geheult, aber was soll’s? Auch sie hat gestöhnt und sich gewunden, und ich hab ihr’s richtig gut besorgt. Ich schwöre, das habe ich.
Im Traum spürte ich, wie die Post abging, wie sie die Schenkel um meine Hüften legte und ihre Brüste an mir rieb. Und ich war so scharf, o Gott, war ich scharf. Aber dann … Dann bin ich aufgewacht. Allein im Bett. Mit einer Mordslatte. Und stinksauer.
Ich keuchte immer noch, als ich mich ins Bad schleppte und so heiß duschte, dass es nur so dampfte. Ich holte mir einen runter, denn wenn man dreiundzwanzig Jahre alt und als Sittenstrolch vorbestraft ist, bleibt einem nichts anderes übrig.
Doch das reicht nicht. Ich kann sie im Geiste immer noch fühlen und schmecken, das Mädchen, auf das ich so scharf bin, aber nicht haben darf. Niemals.
Also wichs ich mir einen und ekle mich vor mir selbst. Rachel zu berühren war himmlisch. Aber das hier ist wirklich pervers. Mechanische Lust, nicht mehr, nicht weniger.
Ich bring’s hinter mich und trockne mich ab.
Ich ziehe mich an, ohne Licht zu machen oder in den Spiegel zu blicken, und weiß schon jetzt, dass mir ein Scheißtag bevorsteht. Mit meiner stillen kleinen Existenz ist es vorbei, fragt sich nur, wer mir den Todesstoß versetzt.
Colleen hat mir zum Schluss unseres gestrigen Gesprächs empfohlen, meine Routine fortzusetzen. Klar, die Polizei wird Fragen haben und mir einen Besuch abstatten, und natürlich habe ich das Recht, mich, wenn’s nötig sein sollte, von einem Anwalt vertreten zu lassen. Aber hey, bislang laufe es doch gut. Meine Bewährung sei eine Erfolgsstory. Ich soll die Flinte nicht ins Korn werfen. Das hat sie mir gesagt.
Gemeint hat sie: Weglaufen macht alles noch schlimmer. Besten Dank, das weiß ich selbst.
Ich gehe zur Arbeit. Halb acht. Ich trage meinen Blaumann,beuge mich über den Motor eines alten Chevy und wechsle die Zündkerzen.
Yes, Sir. Mr Durchschnitt, stets zu Diensten.
Ich schraube und schraube und achte nicht darauf, dass meine ölverschmierten Hände zittern oder dass alle Muskeln bis zum Zerreißen angespannt sind oder dass ich dermaßen geladen bin, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben den Himmel anflehe, jetzt nur ja keine Frau durch die Tür kommen zu lassen, denn ich würde nicht wissen, was ich tue. Ich bin total von der Rolle, und es ist noch nicht mal neun.
In der Werkstatt läuft ein Radio, eingestellt auf einen regionalen Sender, der Musik der Achtziger und Neunziger bringt. Jede Menge Britney Spears und Justin Timberlake. Viertel nach neun, Zeit für die Nachrichten. Ich höre, dass eine Frau aus South Boston vermisst wird. Junge Frau, beliebte Lehrerin, Mutter einer Vierjährigen, verschwunden in der Nacht auf Donnerstag. Eine Polizistin im Rang eines Sergeant trägt dick auf.
Ich bin mit dem Chevy fertig und mache mich an einen großen Suburban, der hinten neue Bremsen braucht. Die anderen Jungs unterhalten sich.
«In Southie? Unmöglich.»
«Wahrscheinlich stecken Drogen dahinter. Ist doch meist so.»
«Nee, der Ehemann. Zwölf zu eins, dass der was anderes am Laufen hat und keinen Unterhalt zahlen will, der Sausack.»
«Kann man nur hoffen, dass sie ihn schnappen. Wisst ihr noch, letztes Jahr, dieser Fall, wo ein Kerl auch seine
zweite Frau hat verschwinden lassen, was man ihm aber nicht nachweisen konnte?»
Und so weiter und so fort. Ich sage kein Wort, attackiere die Radmuttern mit dem Pressluftschrauber und wuchte Hinterräder runter. Die alte Kiste hat Trommelbremsen. Scheiße.
Plötzlich höre ich nur noch Geflüster. Ich glaube, sie zeigen mit dem Finger auf mich, und spüre, wie mein Gesicht rot anläuft. Ich will was sagen, sehe dann aber, dass sie nicht auf mich zeigen, sondern Richtung Büro, wo Vito sich mit zwei Cops unterhält.
Ich will mich in den Suburban verkriechen, in diesem Haufen aus Metall, Kunststoff und Chrom verschwinden, arbeite aber weiter und nehme auch die Vorderräder ab, um die Bremsen vorn zu inspizieren, obwohl davon auf meinem Auftragszettel nichts steht.
«Deine Bewährung ist eine Erfolgsstory», murmele ich vor mich hin, «eine verdammte Erfolgsstory.» Aber das kaufe ich mir nicht einmal selbst ab.
Ich
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