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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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rot.»
    «Genau. Und im Zauberzimmer spricht man nur die Wahrheit, stimmt’s?»
    Ree nickte, doch D.   D. sah ihr deutlich an, dass sie unter Spannung stand und verunsichert war.
    «Bist du im Bett geblieben, Ree? Oder musstest du mal raus, um nach Mommy zu sehen, aufs Töpfchen zu gehen, oder war sonst irgendetwas?»
    Die Kleine schüttelte den Kopf und wich dem Blick der Psychologin aus.
    «Was macht deine Mom, wenn du im Bett bist, Ree?», fragte Marianne ruhig.
    «Arbeiten. Sie korrigiert Klassenarbeiten.» Vorsichtig hob sie den Blick. «Glaube ich.»
    «Hörst du manchmal Geräusche von unten, vielleicht den Fernseher, das Radio, Schritte oder sonst etwas?»
    «Ich habe den Teekessel gehört», flüsterte Ree.
    «Den Teekessel?»
    «Er hat gepfiffen. Auf dem Herd. Mommy trinkt gern Tee. Manchmal machen wir eine Teeparty, und dann trinken wir Apfeltee. Ich liebe Apfeltee.» Ree sprach mit veränderter Stimme. Sie klang verhalten, kleinlaut.
    D.   D. musterte Jason Jones. Er hatte sich nicht vom Fleck bewegt, wirkte aber hellwach und lauschte konzentriert. O ja, ihm schwante etwas.
    «Was hast du sonst noch gehört, Ree?»
    «Schritte.»
    «Schritte?»
    «Ja. Laute, wütende Schritte auf der Treppe. Uh-oh   …» Das Mädchen verfiel in einen Singsang. «Uh-oh, Daddy ist wütend.»
    Hinter D.   D. zuckte Jason ein zweites Mal zusammen. Er gab keinen Laut von sich, doch sie sah, wie er die Augen schloss und schluckte.
    Auch Marianne schwieg. Es blieb still im Vernehmungszimmer, bis Ree plötzlich von sich aus wieder zu sprechen begann. Sie wippte mit dem Oberkörper vor und zurück und knetete die Schlappohren ihres Hasen.
    «Da ist was gefallen. Kaputtgegangen. Ich hab’s gehört, bin aber im Bett geblieben. Ich wollte nicht aufstehen. Mr   Smith ist vom Bett gesprungen und zur Tür hin. Ich wollte nicht aufstehen. Ich hab Lil’ Bunny an mich gedrückt und ihr gesagt, sie soll still sein.»
    Das Mädchen hielt inne, schlug dann einen anderen Tonfall an und sagte mit klagender Stimme:
«Tu’s bitte nicht. Tu’s bitte nicht. Ich werde alles für mich behalten. Glaub mir. Niemand erfährt etwas. Ich liebe dich doch, ich liebe dich immer noch   …»
    Ree wandte sich der Scheibe zu. D.   D. hätte schwören können, dass das Kind seinem Vater durch das verspiegelte Glas hindurch ins Gesicht sah. «Mommy hat gesagt: ‹Ich liebe dich immer noch› und ‹Tu’s bitte nicht›. Dann hat’s Krach gemacht, ich habe nicht mehr hingehört. Ich habe Lil’ Bunny die Ohren zugehalten und auch selber nichts mehr gehört, ehrlich, und ich bin im Bett liegen geblieben. Das kannst du mir glauben. Ich bin nicht aufgestanden.»
     
    «Ist jetzt Schluss?», fragte das Kind zehn Sekunden später. Marianne hatte immer noch kein Wort gesagt. «Woist mein Daddy? Ich will nicht mehr im Zauberzimmer sein. Ich will nach Hause.»
    «Ja, jetzt ist Schluss», antwortete Marianne und legte dem Kind eine Hand auf den Arm. «Du bist ein sehr tapferes Mädchen, Ree. Danke, dass du dich mit mir unterhalten hast.»
    Ree nickte bloß. Die fünfzig Minuten hatten sie sichtlich mitgenommen. Ihre Augen wirkten glasig, und als sie aufzustehen versuchte, geriet sie ins Taumeln. Marianne stützte sie.
    Im Zimmer nebenan war Jason Jones von der Wand abgerückt. Miller öffnete die Tür in den hell erleuchteten Flur.
    «Miss Marianne?» Rees Stimme kam aus dem Vernehmungszimmer.
    «Ja, Schatz?»
    «Du hast gesagt, ich könnte dir auch eine Frage stellen.»
    «Richtig. Das habe ich gesagt. Was möchtest du wissen? Du kannst mich alles fragen.» D.   D. sah, wie die Psychologin vor dem Kind in die Hocke ging, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Sie hatte das kleine Mikro abgenommen, und der Kopfhörer lag in ihrer Hand.
    «Als du vier warst, ist da deine Mommy auch weggegangen?»
    Marianne strich dem Kind eine Locke aus dem Gesicht. Ihre Stimme klang blechern und kam von weit her. «Nein, Süße.»
    Ree nickte. «Dann hast du Glück gehabt, als du vier gewesen bist.»
    Ree verließ das Vernehmungszimmer. Als sie ihren Vater im Flur stehen sah, stürmte sie auf ihn zu.
    Sie umklammerte ihn mit ihren dünnen Ärmchen. D.   D. hörte ihn etwas flüstern und sah, wie er seinem zitternden Kind tröstend den Rücken streichelte.
    Sie glaubte zu verstehen, wie sehr Clarissa Jones ihre Eltern liebte, und fragte sich wie schon so oft, warum so vielen Eltern die bedingungslose Liebe ihrer Kinder anscheinend nicht ausreichte.
     
    Als die beiden gegangen

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