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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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augenblicklich vom frühreifen Don Juan in einen verängstigten Knaben. Dieselben Haare, dachte Jason. Nur, dass der rotblonde Pagenkopf der Mutter nicht so zerzaust war die Mähne des Jungen. Die beiden glichen sich wie ein Ei dem anderen.
    Jason rief sich wieder zurück in die magische Zone, wo ihm nichts und niemand etwas anhaben konnte.
    «Ich verstehe das nicht», sagte der Vater, als er die Bandage auf Jasons Gesicht bemerkte. «Er ist überSie hergefallen? Mein Sohn über einen erwachsenen Mann?»
    «Er hat einen vielversprechenden rechten Haken», erwiderte Jason und fügte, als er den Vater erbleichen sah, hinzu: «Keine Sorge, ich werde keine Anzeige erstatten.»
    Sergeant Warren musterte ihn mit frischem Interesse.
    «Ethan war aufgebracht», fuhr Jason fort. «Ich kann das gut verstehen. Auch mir haben die letzten Tage gehörig zu schaffen gemacht.»
    Den Vater schien diese Auskunft noch mehr zu beunruhigen, doch Jason dachte nicht daran, ihm die Sache zu erklären. Er hatte genug eigene Probleme am Hals. Wortlos stand er auf und verließ den Raum, während Rektor Stewart den aufgebrachten Eltern eines Sohnes, der doch «keiner Fliege was zuleide tun konnte», beizubringen versuchte, dass es zu einem «noch ungeklärten Vorfall» gekommen sei, der wahrscheinlich disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen werde.
    Sergeant Warren holte ihn im Foyer ein, was Jason nicht weiter verwunderte. Er war müde und fertig mit den Nerven. Klar, dass sie ihren Vorteil daraus zu schlagen versuchte.
    «Sie wollen schon gehen?», rief sie ihm nach.
    «Ich muss meine Tochter abholen.»
    «Haben Sie endlich einen Babysitter gefunden?»
    Jason blieb stehen und drehte sich um. Er war gefasst und entschlossen, sich nicht von ihr aufs Glatteis führen zu lassen. «Sie nimmt am Hauswirtschaftsunterricht teil. Wenn ich es richtig verstanden habe, backen sie dort Kekse.»
    «Sie vermisst ihre Mutter, nicht wahr?»
    Er sagte dazu nichts.
    «Muss hart für sie sein. Erst vier Jahre alt. Und sie war die Letzte, die Ihre Frau gesehen hat.»
    Er sagte immer noch nichts.
    D.   D. verschränkte die Arme vor der Brust und kam näher auf ihn zu. Ihr langbeiniger Schritt wirkte aggressiv. Eine Alpha-Frau, die ihr Opfer in Augenschein nahm. «Wie geht’s der Katze?»
    «Wie’s einer Katze so geht.»
    «Dass Mr   Smith wiederaufgetaucht ist, wird Ihre Tochter sehr gefreut haben.»
    «Genau genommen hat sie geweint, weil nicht auch ihre Mutter zurückgekommen ist.»
    «Und schon wären wir wieder auf Ihrer Verteidigungslinie, der einzigen, die Sie haben: Seht her, der gütige, liebevolle Vater könnte auch dem Lieblingstier seiner Tochter nichts Böses antun.»
    Jason schwieg.
    D.   D. rückte weitere zwei Schritte vor und nickte mit dem Kopf zurück in Richtung Sekretariat. «Was halten Sie von Ihrem Nebenbuhler? Zugegeben, Ethan Hastings ist noch ein bisschen jung, scheint aber mehr Zeit mit Ihrer Frau zu verbringen als Sie.»
    «Sie sollten sich darüber mit Mrs   Lizbet unterhalten», entgegnete Jason.
    «Ach ja? Weiß sie von der Beziehung zwischen Sandy und Ethan?»
    «Sie weiß, wie es sich wirklich zwischen den beiden verhält.»
    «Klären Sie mich auf, Jason.»
    «Dass ein Schüler für seine Lehrerin schwärmt, ist wohl nichts Ungewöhnliches.»
    «Mir scheint, es ist mehr als Schwärmerei.»
    «Für Ethan Hastings vielleicht.»
    «Sind Sie dahintergekommen, Jason, und eifersüchtig geworden? Haben Sie sich veranlasst gesehen, Sandy zur Vernunft zu bringen?»
    «Ich bin von Natur aus nicht eifersüchtig. Das können Sie mir glauben.»
    D.   D. zog skeptisch eine Braue hoch. «Jeder ist von Natur aus eifersüchtig. Der eine mehr, der andere weniger. Und der Beule auf Ihrem Kopf nach zu urteilen, ist Ethan sehr eifersüchtig.»
    «Er hat mich von hinten angefallen», verteidigte sich Jason unwillkürlich, «und mit einem Buch zugeschlagen.»
    D.   D. schmunzelte; sie war ein Bild von Freundlichkeit. «Kommen Sie, Jason. Das zwischen den beiden läuft doch schon seit langem. Sagen Sie mir, was Mittwochnacht passiert ist. Streit zwischen Eheleuten kommt in den besten Familien vor, vor allem in jungen Jahren und besonders dann, wenn beide Seiten durch Beruf und Elternschaft doppelt belastet sind. Und wenn man bedenkt, dass Sandy ausgesprochen hübsch ist und die meisten Nächte allein verbringt   … Liegt doch auf der Hand, dass Ihnen die Nerven durchgegangen sind. Vielleicht haben Sie etwas gesagt, das Sie nicht hätten

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