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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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wurde bedauerlicherweise von einem unserer Schüler attackiert.»
    Die Schwester traute offenbar ihren Ohren nicht, und Jason, in seiner Männlichkeit verletzt, fühlte sich bemüßigt hinzuzufügen: «Er hatte ein Buch mit hartem Einband.»
    Damit schien der Bann gebrochen, und die Schwester tat, wozu sie angestellt war. Sie versorgte die Wunde am Auge und gab ihm Eis für die Schwellung am Kopf. «Nehmen Sie zwei Aspirin», riet sie. «Und verordnen Sie sich acht Stunden Schlaf.»
    Er wollte lachen. Acht Stunden? Er brauchte acht Tage Schlaf. Aber dazu würde es nicht kommen, nein, dazu nicht.
    Taumelnd verließ er das Krankenzimmer und ging, von Elizabeth geführt, zurück ins Sekretariat, wo ihm klar wurde, dass das Abenteuer Schule erst begonnen hatte.
    Jason sah Phil Stewart hinter einem Schreibtisch ausmassiver Eiche sitzen, einem Möbelstück, das gebaut war, um Schüler und Eltern gleichermaßen einzuschüchtern. Auf der linken Seite der Schreibtischplatte stand ein Flachbildmonitor, daneben ein kompliziert aussehender Telefonapparat. Ansonsten befanden sich auf der Platte nur noch eine Löschwiege und Phils gefaltete Hände.
    Ethan Hastings saß auf einem Stuhl – passenderweise in der Ecke. Er blickte auf, als Jason den Raum betrat, und schien zu einem neuerlichen Angriff aufgelegt zu sein.
    Jason beschloss, stehen zu bleiben.
    «Ich habe Ethans Eltern angerufen», informierte der Rektor bündig. «Und auch die Polizei. So ein Übergriff ist eine ernste Angelegenheit. Ethan wird für die nächsten fünf Tage vom Unterricht suspendiert. In der Zwischenzeit beraten wir mit der Schulaufsicht über einen eventuellen Verweis. Sie, Mr   Jones, haben natürlich die Möglichkeit, Anzeige zu erstatten.»
    Ethan wurde bleich, ballte seine Fäuste und starrte auf den Teppich.
    «Das wird nicht nötig sein», sagte Jason.
    «Haben Sie schon einen Blick in den Spiegel geworfen?», fragte Phil trocken.
    Jason zuckte mit den Achseln. «In schwierigen Zeiten können Emotionen hochkochen. Das gilt für den Jungen wie auch für mich.»
    Falls er gehofft hatte, den Rotschopf für sich einzunehmen, lag er daneben. Ethan bedachte ihn mit vernichtendem Blick. Plötzlich ging die Tür auf. Adele steckte den Kopf herein.
    «Die Polizei ist da.»
    «Soll reinkommen.»
    Die Tür öffnete sich ganz, und Jason zuckte innerlich zusammen, als er Sergeant D.   D.   Warren und ihren Begleiter Detective Miller eintreten sah. War es in Bagatellfällen nicht üblich, dass einfache Streifenbeamte auf den Weg geschickt wurden? Möglich, dass die beiden über Funk von dem Zwischenfall in der Schule gehört und ihre Schlüsse gezogen hatten.
    Jason ahnte, dass die Schläge, die er eingesteckt hatte, nichts waren im Vergleich mit dem Schaden, der sich für ihn nun ergeben würde.
    «Sergeant Warren», stellte sich D.   D. vor und machte den Schulleiter dann auch mit Miller bekannt. Sie schüttelten ihm die Hand, nahmen von Ethan nur flüchtig Kenntnis und bedachten Jason umso ausführlicher, und zwar mit Blicken, die sich Cops im Allgemeinen für Gangmitglieder und Serientäter aufsparten.
    Trauernder Ehemann
, ermahnte er sich, obwohl ihm nach Rollenspielen heute nicht mehr zumute war.
    «Wir haben gehört, dass es hier in der Schule zu einem unschönen Vorfall gekommen ist», sagte Warren.
    «Daran ist er schuld», schnaubte der Junge und wies anklagend mit dem Finger in Richtung Jason. «Mrs   Sandra hat mich vor ihm gewarnt. Sie hat mich
gewarnt

    D.   D. musterte Jason, immer noch kühl, aber dazu nun auch leicht süffisant. «Wie ist das zu verstehen?», fragte sie den Jungen.
    «Sie hat jung geheiratet», antwortete Ethan ernst. «Sie war achtzehn, also nur unwesentlich älter, als ich es bin.»
    Die Erwachsenen schwiegen.
    «Aber dann war’s mit der Liebe vorbei», fuhr er feixend fort. Und mit gehässigem Blick auf Jason fügte er hinzu: «Sie hat gesagt, dass sie ihn nicht mehr liebt.»
    Verletzten ihn diese Worte? Jason wusste es nicht. Er hatte sich in sein Inneres zurückgezogen, und wenn er dort war, konnte ihn nichts mehr kränken. Er hatte diese Zuflucht für sich entdeckt, als er noch zu jung und zu schwach gewesen war, um gegen Schmerzen angehen zu können.
    «Ich weiß von Sandy, dass ihr zusammen an einem Projekt gearbeitet habt», sagte Jason freundlich. «Sie hält dich für einen sehr tüchtigen Schüler und arbeitet gern mit dir zusammen.»
    Ethan wurde rot und ließ wieder den Kopf hängen.
    «Seit wann bist

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