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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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kehrte Maxwell den Rücken, stieg auf die Veranda hinauf und öffnete die Haustür. Ree stand mitten im Flur.Ihre Unterlippe zitterte, und die Augen waren voller Tränen.
    Er schloss hinter sich ab und breitete die Arme aus. Ree warf sich ihm an die Brust.
    «Daddy, ich hab Angst. Daddy, ich hab Angst!»
    «Schhh, schhh.» Er drückte sie fest an sich, streichelte ihr übers Haar und sog den tröstenden Duft ihres Shampoos in sich auf – Johnson’s
no more tears
.
    «Ich liebe dich», flüsterte er, erfüllt von der Angst, Max könne sie ihm wegnehmen.
     
    Jason bereitete Waffeln vor. Abends zu frühstücken war immer ein besonderes Fest, und es beruhigte ihn, die Backmischung mit Wasser zu verrühren. Er goss eine Kelle Teig in die dampfende Backform. Ree saß am Ende des Küchentresens und behielt die rote Kontrollleuchte des Waffeleisens im Auge. Wenn sie ausging, konnte gegessen werden. Sie nahm ihre Aufgabe als Zeitnehmerin sehr ernst.
    Jason holte den Sirup aus dem Schrank, füllte zwei Gläser mit Orangensaft und schlug die letzten zwei Eier aus dem Kühlschrank auf, um Rees Mahlzeit gesundheitsbewusst zu komplettieren. Ihm war fast, als hörte er Sandy sagen: «Waffeln und Ahornsirup sind zwar besser als Doughnuts, aber ehrlich, Jason: Gib ihr wenigstens noch etwas Rührei.»
    Es war eigentlich nicht ihre Art zu nörgeln. Sie selbst aß am liebsten Capellini mit rosaroter Wodkasoße. Im Urlaub in North End hatte es nichts anderes für sie gegeben als «Pinkepanke», wie Ree dazu sagte. Die beidenhatten nicht genug davon bekommen können und mit Gusto von ein und demselben Teller gegessen.
    Jasons Hand zitterte ein wenig. Er rührte die Eier so heftig, dass ein Dotter über den Schalenrand schwappte und zu Boden fiel. Fast wäre er mit dem Fuß daraufgetreten. Mr   Smith kam, um nachzuschauen, ob es sich um etwas Essbares handelte.
    «Das Licht ist aus», trällerte Ree.
    «Na schön, dann essen wir jetzt.» Er machte Jim Carrey nach, so gut er konnte, und Ree kicherte. Ihr Lachen beruhigte ihn. So niedergeschlagen er auch war, und trotz aller Angst vor dem, was kommen mochte, genoss er diesen Moment mit Ree.
    Momente zählten. Das war den meisten Menschen nicht bewusst. Ihm aber sehr wohl.
    Sie setzten sich Seite an Seite an den Tresen, aßen ihre Waffeln und tranken ihren Saft. Ree stupste mit der Gabel kleine Brocken von Rührei über den Teller und tauchte sie in Sirup, ehe sie sie in den Mund steckte.
    Jason nahm eine zweite Waffel und fragte sich, wann wohl die Polizei käme, um den Computer abzuholen. Er zerschnitt die Waffel in mundgerechte Stücke und fragte sich, wann Ethan Hastings seiner Frau den Umgang mit Computern beigebracht und warum sie ihn, Jason, nie mit ihrem Verdacht konfrontiert hatte. Er legte ein halbes Dutzend Waffelstücke auf Rees Teller mit Gänseblümchendekor und fragte sich, was wohl schlimmer wäre – wenn Ree, falls er verhaftet werden sollte, von fremden Leuten in Pflege genommen würde oder wenn sie zu Sandras Vater käme, falls dieser vor Gericht zögeund geltend machte, dass Jason Jones nicht der leibliche Vater von Clarissa Jane Jones war.
    Ree ließ die Gabel fallen. «Ich bin voll, Daddy.»
    Er warf einen Blick auf ihren Teller. «Noch vier Stückchen, eins für jedes deiner Lebensjahre.»
    «Nein.» Sie sprang vom Hocker. Er hielt sie fest und krauste die Stirn.
    «Noch vier Stücke, und dann fragst du, ob du vom Tisch aufstehen darfst.»
    «Du hast mir nichts zu sagen.»
    Jason blinzelte mit den Augen und legte die Gabel ab. «O doch, ich bin dein Vater.»
    «Ich lass mir nur was von Mommy sagen.»
    «Du gehorchst uns beiden.»
    «Nein, nur Mommy.»
    «Clarissa Jane Jones, entweder du isst jetzt noch vier kleine Happen, oder du setzt dich auf die Treppenstufe.»
    Ree reckte ihr Kind vor. «Ich will, dass Mommy zurückkommt.»
    «Vier kleine Happen.»
    «Warum hast du sie angeschrien? Warum hast du sie wütend gemacht?»
    «Zurück auf deinen Stuhl, Ree.»
    Sie stampfte mit dem Fuß auf. «Ich will, dass Mommy zurückkommt. Sie hat es mir versprochen. Sie hat gesagt, sie würde mich nicht im Stich lassen.»
    «Ree   …»
    «Mommy geht zur Arbeit und kommt nach Hause zurück. Sie geht einkaufen und kommt zurück. Mommyhat mir versprochen, immer nach Hause zurückzukommen.»
    Jason spürte, wie sich ihm die Brust zuschnürte. Ree hatte eine schwere Phase durchmachen müssen und immer jämmerlich geweint, wenn Sandy das Haus verließ. Aus diesem Grund hatte Sandy

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