Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
Vom Netzwerk:
endlich meine Pillen schlucken, bis ich die ganzen Anschuldigungen vergesse.

M EIN DAD HATTE EINE Nachricht hinterlassen. Ich hatte schon oft Anrufe von ihm verpasst, aber das hatte er noch nie gemacht. Weil ich vor meiner Mum nichts verbergen wollte, sagte ich:
    »Er hat auf die Mailbox gesprochen.«
    »Hör es dir an, es kommt genau, wie ich es gesagt habe.«
    Ich hörte die Nachricht meines Vaters ab.
    »Daniel, ich bin’s, Dad. Ich weiß nicht, was los ist – jedenfalls kann ich nicht hierbleiben und nichts tun. Ich bin am Landvetter Airport. Mein Flug geht in einer halben Stunde, aber ich muss in Kopenhagen zwischenlanden. Heute Nachmittag gegen vier sollte ich in Heathrow sein.
    Hol mich nicht ab. Sag deiner Mutter nichts. Ich komme zu dir. Bleib einfach zu Hause. Behalte sie bei dir. Lass sie nicht gehen …
    Ich hätte dir das alles schon früher sagen sollen. Was sie in letzter Zeit erzählt – wenn man ihr lange genug zuhört, klingt es irgendwann wahr, aber das ist es nicht.
    Ruf mich an, aber nur, wenn es sie nicht aufregt. Sie darf nicht erfahren, dass ich komme. Sei vorsichtig. Es kann sein, dass sie die Kontrolle verliert. Ich weiß, es klingt unmöglich, aber sie kann gewalttätig werden.
    Wir sorgen dafür, dass sie gesund wird. Das verspreche ich. Wir suchen die besten Ärzte. Ich habe nicht schnell genug reagiert. Mit den schwedischen Ärzten konnte ich nicht richtig reden. In England wird das anders sein. Sie wird wieder gesund. Lass sie nicht aus den Augen. Bis bald.
    Ich habe dich lieb.«

I CH LIESS DAS HANDY SINKEN . Wenn das stimmte, würde meine Mum vielleicht gewalttätig werden, wenn er in die Wohnung marschierte und sie überraschte. Sie würde sich gegen uns beide stellen.
    Meine Mum fragte:
    »Wie viel Zeit haben wir noch?«
    Mein Dad hatte den Countdown ausgelöst und den ohnehin brüchigen Frieden weiter angeknackst. Ich hatte nicht vor, mich an seine Anweisungen zu halten. Um das Vertrauen meiner Mutter nicht zu verlieren, gab ich ihr das Handy. Sie nahm es an, als wäre es ein kostbares Geschenk, und hielt es in den offenen Händen. Statt es ans Ohr zu heben, sagte sie:
    »Dieser Vertrauensbeweis lässt mich hoffen. Ich weiß, dass wir uns seit vielen Jahren nicht mehr besonders nahestehen. Aber das kann sich wieder ändern.«
    Ich dachte über ihre Bemerkung nach. Wir hatten uns seltener getroffen. Seltener telefoniert. Seltener geschrieben. Ich hatte sie über mein Privatleben belogen und mich zurückgezogen, weil ich nicht zu viele Lügen erzählen wollte. Bei jedem Kontakt bestand die Gefahr aufzufliegen.
    Ich stand meiner Mum nicht mehr nahe.
    Sie hatte recht.
    Wie hatte ich es dazu kommen lassen? Nicht geplant oder absichtlich, nicht durch einen Bruch oder einen Streit, sondern achtlos nach und nach. Und als ich mich jetzt umsah und sicher war, meine Mum würde nur ein paar Schritte hinter mir stehen, war sie weit entfernt.
    Ich dachte, sie würde heftiger reagieren, als sie die Nachricht auf der Mailbox abspielte, aber meine Mutter hörte alles mit unbewegter Miene ab. Danach gab sie mir das Handy zurück, sie war von den Neuigkeiten so abgelenkt, dass sie meine Reaktion nicht bemerkte. Sie holte tief Luft, nahm das Trollmesser und schob es in ihre Hosentasche, damit sie bewaffnet war, wenn mein Dad kam.
    Ein Mann, der für seine Freiheit das Leben seiner Frau opfern würde, ist kein Mann, sondern ein Monster. Warum warnt er mich? Warum kommt er nicht heimlich her? Ich werde dir sagen, warum. Er will, dass ich die Kontrolle verliere, dass ich anfange zu toben. Deshalb hat er dir auf die Mailbox gesprochen. Vergiss, dass er gesagt hat, ich dürfte nichts erfahren. Das ist gelogen. Er wollte, dass ich das höre. Ich soll wissen, dass er kommt!

O BWOHL ES AUS HOLZ GEFERTIGT und stumpf war, gefiel es mir gar nicht, dass meine Mutter ein Messer in der Tasche hatte.
    »Mum, gib mir bitte das Messer.«
    »Du siehst ihn immer noch als deinen Vater. Aber er ist eine Bedrohung. Er hat mir wehgetan. Er wird mir wieder wehtun. Ich habe das Recht, mich zu verteidigen.«
    »Mum, ich höre dir nicht weiter zu, wenn du nicht das Messer auf den Tisch legst.«
    Langsam zog sie das Messer aus der Jeanstasche, streckte mir den Griff entgegen und sagte:
    »Du hast dich bis jetzt in ihm getäuscht.«
    Mit einem Stift aus ihrer Umhängetasche schrieb sie ein paar Zahlen hinten in ihr Tagebuch.
    Uns bleiben höchstens drei Stunden, bis er hier ist. Zumindest, wenn er einen Direktflug nimmt. Er

Weitere Kostenlose Bücher