Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
immer verloren, genau wie einige der Menschen, die sie ausgesprochen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Tilde
Die Wahrheit über den Hof
Unser Hof unterschied sich nicht von Tausenden anderer in Schweden. Er war abgelegen und malerisch. Die nächste Stadt lag zwanzig Kilometer entfernt. Als ich ein Kind war, fuhren dort so selten Autos vorbei, dass ich hinauslief, sobald ich eins hörte. Wir hatten keinen Fernseher. Wir verreisten nicht. Die Wälder, Seen und Felder waren die einzige Landschaft, die ich kannte.
Die Wahrheit über mich
Meine Mutter wäre bei meiner Geburt fast gestorben. Aufgrund von Komplikationen konnte sie keine weiteren Kinder bekommen. Deshalb habe ich weder Brüder noch Schwestern. Meine Freundinnen wohnten weit verstreut. Ich muss zugeben, dass ich manchmal einsam war.
Die Wahrheit über meine Eltern
Mein Vater war streng, aber er hat weder meine Mutter noch mich je geschlagen. Er war ein guter Mensch. Er arbeitete für die Gemeindeverwaltung. Mein Vater stammte aus der Gegend. Das Haus hatte er mit eigenen Händen gebaut, als er gerade fünfundzwanzig war. Seit damals lebte er dort. Er war Hobbyimker. Für seine Bienenstöcke hatte er Wildblumenwiesen angelegt. Aus seiner außergewöhnlichen Blumenmischung wurde ein außergewöhnlicher Honig, mit dem er viele Preise gewann. Die Wände unseres Wohnzimmers hingen voll von nationalen Auszeichnungen für Imkerei und gerahmten Zeitungsartikeln über seinen Honig. Meine Mutter half bei der Arbeit, ihr Name stand jedoch nicht auf den Etiketten. Meine Eltern waren wichtige Mitglieder der Gemeinde. Meine Mutter arbeitete viel in der Kirche mit. Kurz gesagt hatte ich eine angenehme und ganz normale Kindheit. Wir mussten nie hungern. Ich konnte mich nicht beschweren.
Damit kommen wir zum Sommer 1963.
Die Wahrheit über den Sommer 1963
Ich war fünfzehn Jahre alt. Die Schule war vorbei. Vor mir lagen die langen Sommerferien. Abgesehen von den üblichen Vergnügungen und Aufgaben hatte ich nichts geplant. Ich würde auf dem Hof helfen, mit dem Fahrrad zum See fahren, schwimmen gehen, Obst pflücken und die Gegend erkunden. An dem Tag, an dem mein Vater mir erzählte, in der Nähe sei eine neue Familie eingezogen, änderte sich alles. Sie hatten einen benachbarten Hof gekauft. Die Familie war ungewöhnlich, es gab einen Vater und eine Tochter, aber keine Mutter. Sie hatten Stockholm verlassen, um auf dem Land zu leben. Das Mädchen war in meinem Alter. Nachdem ich das gehört hatte, war ich so aufgeregt, dass ich nicht schlafen konnte, ich lag wach im Bett und dachte darüber nach, dass ich vielleicht bald eine Freundin in der Nähe haben würde. Ich war nervös, weil sie vielleicht nicht meine Freundin sein wollte.
Die Wahrheit über Freja
Um mich mit ihr anzufreunden, verbrachte ich so viel Zeit wie möglich in der Nähe ihres Hofs. Ich war zu schüchtern, um anzuklopfen, und versuchte, mich ihr vorsichtig zu nähern. Das mag einem seltsam vorkommen, aber ich hatte ein behütetes Leben geführt und war im Umgang mit Fremden unerfahren. Zwischen unseren beiden Höfen lag eine Baumgruppe, die zu klein war, um sie als richtigen Wald zu bezeichnen. Es war ein unberührtes Stückchen Land, auf dem man wegen mehrerer großer Felsen weder etwas säen noch ernten konnte. Ich ging jeden Tag dorthin. Mit dem Blick zum Hof des neuen Mädchens setzte ich mich in einen Baumwipfel. Jeden Tag wartete ich viele Stunden lang und ritzte Figuren in die Baumrinde. Nach etwa einer Woche dachte ich allmählich, dieses neue Mädchen wollte nicht mit mir befreundet sein.
Eines Tages sah ich den Vater durch die Felder gehen. Vor meinem Baum blieb er stehen und rief:
»Hallo da oben.«
Ich antwortete:
»Hallo da unten.«
Das waren unsere ersten Worte:
»Hej där uppa!«
»Hej där nerra!«
»Willst du nicht runterkommen und Freja kennenlernen?«
Zum ersten Mal hatte ich ihren Namen gehört.
Ich kletterte vom Baum und ging mit ihm zu seinem Hof. Freja wartete schon. Der Vater stellte uns vor. Er sagte, er hoffe sehr, dass wir Freundinnen werden, weil Freja neu in der Gegend war. Freja war zwar etwa so alt wie ich, aber sie war viel hübscher. Sie hatte schon große Brüste und trug eine moderne Frisur. Sie war eines dieser Mädchen, die alle Jungs bemerken. Während sie kaum noch kindlich und fast schon erwachsen war, war ich noch ganz Kind. Ich schlug vor, wir könnten im Wald ein Lager bauen, obwohl ich nicht sicher war, dass sie nicht angewidert das Gesicht
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